SPÖ: Warum eine Stichwahl gefordert wird

Die Mitgliederbefragung der SPÖ endete mit einem so knappen Ergebnis, dass sofort die Forderung nach einer Stichwahl laut wurde. Hans Peter Doskozil erreichte 33,68 % der Stimmen, Andreas Babler 31,51 % und Pamela Rendi-Wagner 31,35 %. Zuvor gab es Prognosen, die Doskozil weit vorne sahen oder davon ausgingen, dass sich das Rendi Lager deutlich durchsetzt. Zugleich wurden einige belächelt, die auf für starke Mobilisierung für Babler verwiesen. Wenig überraschend erklärte sich Doskozil zum Sieger, während Babler bei seiner Wahlparty im Usus an der Neuen Donau in Wien ein Interview nach dem anderen gab und von der Notwendigkeit einer Stichwahl sprach; ihm schloss sich die Vorarlberger SPÖ-Chefin Gabi Sprickler-Falschlunger an, die Rendi unterstützte.

Es ist klar, dass Wähler:innen von Rendi-Wagner sich da kaum für Doskozil entscheiden würden, umso mehr aber für Babler. Formal kann der Parteivorsitzende nur auf einem Parteitag gewählt werden, der am 3. Juni stattfinden soll. Und es ist erforderlich, dass er von Gremien vorgeschlagen wird, was also auch notwendig wäre, wenn die Delegieren eine Wahl zwischen zwei Kandidaten treffen sollen. Eigentlich sollte es logisch sein, dass bei drei Bewerbern mit jeweils rund einem Drittel an Zustimmung (bei 72 % Beteiligung) nur eine Stichwahl klären kann, wer von zwei Kandidaten auf mehr als 50 % kommt. Ausserdem ist bedauerlich, dass nicht auch nach Bundesländern ausgewertet wurde, denn dann würde man auch Näheres über das Burgenland wissen, wo mit Druck auf beim Land oder der SPÖ Angestellte gearbeitet wurde. Sicher waren viele aus Überzeugung für Doskozil, doch in einem Umfeld ohne offene Diskussionen, die auch andere Überzeugungen ermöglichen; bezeichnend ist, dass das Babler-Team nur in einer ÖVP-regierten burgenländischen Gemeinde einen Auftritt organisieren konnte.

Bablers Wahlparty

Ein prominentes Beispiel für Druck ist Ex-Minister Norbert Darabos, der vom ORF-Report als Doskozil-Unterstützer befragt wurde. Doch Doskozil knockte ihn zuvor aus mittels eines gemeinsam mit Peter manipulierten U-Ausschusses zu Eurofighter. Natürlich hat Doskozil, wie man nicht nur in diesem Fall sieht, nicht das Geringste am Hut mit den Werten der Sozialdemokratie und kann daher eigentlich kein Kandidat sein. Dennoch mahnen seine Leute „Zusammenhalt“ ein; praktisch steht das aber für diejenigen zusammenschlagen, die Doskozil im Weg stehen. Die Vorsitzende der Wahlkommission Michaela Grubesa kommt aus dem Doskozil-Lager und ist mit dessen Kampagnenleiter Max Lercher liiert. Doskozil schickte seinen Hofanwalt Johannes Zink als Wahlzeugen, der auch bei seinem Angriff auf Airbus an Bord war und die Korruptionsstaatsanwaltschaft vertritt. Zink ist mit Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic befreundet, der Thomas Schmid geheim einvernommen hatte und mit Sabine Beinschab als Kronzeugin Sophie Karmasin anklagt. Weder bei Eurofighter und den Rollen von Doskozil, Pilz und Alfred Gusenbauer wollte die WKStA genau hinsehen noch bei der Commerzialbank Mattersburg. Zink ist überdies Aufsichtsrat der Kulturbetriebe Burgenland, zu denen Darabos abgeschoben wurde. Mit anderen Worten steht Doskozil dafür, dass alles bis zur Erstarrung miteinander verwoben ist, was ihn auch mit dem Rendi-Lager verbindet.

Hat er schon gesiegt?

Wer schon etwas länger dabei ist und sich nun von Babler Veränderung erhofft, sollte sich fragen, was er über all die Jahre hingenommen oder nicht bemerkt hat. Obwohl sie nur sehr knapp Dritte wurde, wird Rendi-Wagner am 23. Mai 2023 eine persönliche Erklärung abgeben. Ausser in seltenen Fällen, wo jemand Spannung erzeugen oder nur ohne Medienfragen zu etwas Stellung nehmen will, steht so eine Ankündigung für die Bekanntgabe eines Rücktritts. Chronologien im der Presse zum Konflikt zwischen Doskozil und Rendi Wagner beginnen 2019 oder bereits im September 2018, als Rendi von Christian Kern, der jetzt Doskozil unterstützt, zu seiner Nachfolgerin bestimmt wurde. Zuvor wurde Doskozil zum neuen Chef der SPÖ Burgenland gewählt, doch dass er zunächst Darabos mit Pilz aus dem Weg räumte, findet keine Erwähnung. Dass Doskozil Rendi scheinbar ewig nachgetragen hat, dass sie Parteichefin wurde, hat auch damit zu tun, dass er ja Darabos im Land verhindern musste und daher nicht ins Parlament wechseln konnte. Bei einem durchorchestrierten Aufstieg ist natürlich nicht Schluss im Burgenland. Es hat schon etwas von Ironie, dass Landeshauptmann Doskozil in einer Stichwahl unter Garantie vom Traiskirchner Bürgermeister Andi Babler geschlagen wird.

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3 Kommentare zu „SPÖ: Warum eine Stichwahl gefordert wird

  1. Hauptsache die Rendi ist weg. Ob aber nur ein neues Übel das Alte ablöst, wird man sehen. Die SPÖ hat völlig den Fokus ihrer Sinnhaftigkeit verloren. Dabei gäbe es angesichts der künftigen Herausforderungen genügend Aufgaben, um sich zu profilieren, anstatt sich auf Bilderbergertreffen wichtiger zu fühlen, als man ist.

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  2. Traditionelle Komplementärbildung aka. Wir sind ein tolles Team (oder doch WIR). Stellt sich die Frage, ob schon jetzt und/oder im Hinblick auf mögliche Koalitionen. Im Rahmen einer astreinen Komplementärbildung wird ein Produkt eines anderen Herstellers mit jenem des dominierenden kombiniert.

    Es fehlt bei jedem Teil ein Stück vom Glück und somit muss der Kunde bspw. zwei oder drei Produkte ergänzen um zu erreichen, was früher mit einem wurde erreicht.

    Kommen alle bspw. drei aus einer Hand (von einem Bereitsteller), dann wären wir bei der Spielart des Umsatztreibers von Microsoft im Enterprise Umfeld. Anstatt eine Katze im Sack zu kaufen, sind es gleich drei, aber aus einem.

    Die Frage, ‚Warum muss ich beim Tausch des SQL Servers gleich den Exchange Server mit upgraden und den Internet Information Server (IIS) dazu. Verpackt wurde das ganze mit dem Marketingbegrifflichkeiten, ’neu‘, besser‘ usw. Hernach wurden die Abhängigkeiten besser aufgelöst, aber zu Beginn galt ‚Neuer Server und alles neu macht der Mai‘. Die Kunden wurden daran gewöhnt, bis sie das als ’normal‘ empfanden.

    Aus IT-technischer Sicht, bspw. Umfeld von UNIX, ist solch ein Vorgehen obszön. IT Infrastruktur sollte als Trägersystem einmal aufgestellt an sich ‚prinzipiell auf ewig‘ so funktionieren.

    Die Idee hinter der Komplementärbildung wäre es Produkte über normierte Schnittstellen in ein stimmiges Bild zu setzen.

    Bspw: Unterschiedliche Virenscanner kommen unter Windows auch gemeinsam zur Verwendung oder die dazu passende (hauseigene) Firewall läuft im Kontext der vom Betriebssystem dafür vorgesehen Schnittstellen.

    Ein Schelm wer dabei denkt, dann naschen wie im Falle der in Serie geschalteten Virenscanner eben drei statt einem mit. Aber wer will an solch einem Freudentag so böse denken. Eine astreine Komplementärbildung im Umfeld der Kandidaten geht vermutlich nicht :), wohl aber hernach im Rahmen von Koalitionen.

    Allein wenn das beste aus ‚beiden‘ Welten sich verbindet, Best of Breed (Approach) im Rahmen von Komplementärbildung geht schief, tat dies schon immer und der Preis ist hoch, dann fehlt es von Beginn an hinten und vorne. Der Zickenkrieg folgt wie das Amen im Gebet.

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  3. diese mitgliederbefragung ist ein witz!
    der zwei wochen nach ende der befragung dienten wohl lediglich dazu, irrlaeufer abzuwarten, um dann im namen der nicht teilgenommen habenden mitglieder fur dosko stimmen zu fabrizieren. daher auch die weit ueberdurchschnittliche beteiligung!
    oesterreich ist nicht zuletzt wegen der sozis eine bananenrepublik!

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