Quo vadis, SPÖ?

Die Wahl der oder des neuen Vorsitzenden der SPÖ wird in Windeseile zur Farce. Es kann jede und jeder kandidieren, die oder der bis heute Mitternacht Mitglied ist. Ebenso kann jede und jeder an der Mitgliederbefragung teilnehmen, die oder der bis heute Mitternacht beitritt; die Befragung beginnt am 24. April und endet am 10. Mai. Ausserdem können sich Mitglieder ungeachtet des Ergebnisses der Befragung auf dem Bundesparteitag Anfang Juni zur Wahl stellen. Wer also halbwegs intelligent und einigermaßen bekannt ist, lehnt sich zurück, sieht zu, wie sich andere gegenseitig zerfleischen und kandidiert erst beim Parteitag und wird dann auch Spitzenkandidat. Man möchte sich ungläubig die Augen reiben, wenn Pamela Rendi-Wagner mit der Abgeordneten und Juristin Selma Yildirim dieses Procedere vor Journalisten verkündet.

Wir sehen es im Video unten, das vom 22. März 2023 stammt; inzwischen hat alles an Fahrt zugenommen und es ist von 12 Kandidaten die Rede, 11 Männern und einer Frau. Dass Eitelkeit und sehr oft Selbstüberschätzung bei Männern eine Rolle spielen, ist ein häufig zutreffendes Klischee. Zugleich ist es in diesem Fall recht vernünftig, dass sich Frauen eher zu wenig als zuviel zutrauen. Es stimmt jedoch auch, dass sich Rendi-Wagner jetzt erst recht in eine schwierige Lage manövriert hat. Andererseits wirkt Hans-Peter Doskozil, auf dessen ständige Querschüsse ja mit Befragung und Parteitag reagiert wird, höchst unzufrieden. Bei den Alternativkandidaten fällt auf, dass Niko Kowall von der Sektion Acht der SPÖ Alsergrund mit grosser Geste über seine Ambitionen sprach.

Rendi-Wagner und Yildirim


Jetzt ist alles wieder anders, weil Andi Babler Parteichef werden will, der zu den Zeugen Coronas gehört und jüngst von Doskozils Komplizen Peter Pilz öffentlich befragt wurde; Kowall verzichtet für ihn auf eine Kandidatur. Hätten sich die Genossen je angesehen, mit welchen Methoden Doskozil und Pilz Norbert Darabos ausgeknockt haben, wäre nicht nur ihnen eine Menge erspart geblieben. Übrigens wurde Autobuspolitik, mit der bisherige Nichtmitglieder plötzlich über Kandidaten entscheiden können, bei den Grünen erfolgreich angewendet; sehr zum Vorteil von Pilz und Co. Immerhin aber wird es siehe Pressekonferenz-Video oben etwas wie Hearings mit den Bewerbern geben; je nach Art der Durchführung kann man wohl auch kritische Fragen stellen. Diese gibt es bei Doskozil weit über seine Person hinausgehend zuhauf; ich habe sie hier in 15 Themenbereichen zusammengefasst. Es geht dabei auch um die Rolle von Christian Kern, der jetzt als Berater Doskozils fungiert und aus der Mottenkiste hervorgeholt wird. Bei Fellner rückt denn auch wieder sein Sohn Niko aus, auf dessen Agieren ich hier eingehe.

Comeback von Kern?

Die Parteibasis soll wie bei anderen Gelegenheiten (Corona, Teuerung, Einwanderung, überall Rechtsextreme…) nicht wissen, wie ihr geschieht und alles mittragen, vielleicht ein bisschen über Scheinalternativen diskutieren. Doch man sieht, wenn man die Hintergründe kennt, ein Drehbuch, nach dem vorgegangen wird. Der Burgenländer mit dem dünnen Stimmchen und der grossen kriminellen Energie liess seine Beliebtheit einmal von Unique Research abfragen; das Institut von Siegfried Wolfs PR-Mann Josef Kalina und Peter Hajek wird auch von „Heute“ konsultiert (Oleg Deripaska ist Wolfs Geschäftspartner). „Umfrage: So steht es im Duell um die SPÖ! Mit Doskozil bei Nationalratswahlen derzeit auf Platz 1“. Von Journalismus kann bei „Heute“ und Co. natürlich nicht die Rede sein; man geht dort nicht z.B. der Frage nach, ob der von Doskozil/Pilz gegen Darabos eingesetzte Entwurf zum Eurofighter-Vergleich eine Fälschung ist. Oder ob unter anderem damit Alfred Gusenbauer gedeckt wird, der zum Netzwerk des Kreml gehört, über das Kern russischer Aufsichtsrat wurde und das offenbar auf Doskozil setzt.

Kern und Petzner neu

Was wirklich gespielt wird, mag wie ein ungeheurer Abgrund erscheinen. Man muss es aber wissen, um nicht manipuliert zu werden und mit seinem Verhalten dazu beizutragen, dass es so weitergeht wie bisher. Man kann sich damit auf sarkastische Weise befassen siehe die satirischen auf Tatsachen beruhenden „streng geheimen Gusenbauer-Pilz-Chats„. Oder man recherchiert selbst weiter zu Fakten, wie ich sie in den „vielen extrem heiklen Fragen“ an Doskozil zusammenfasse und bringt diese mit eigenen Erfahrungen in Einklang. Was die Mitgliederbefragung nämlich sicher nicht bewirken soll, ist echte Mitsprache einer informieren und aktiven Parteibasis, die dann auch noch einer tatsächlich geeigneten Person an der Spitze den Weg bereitet. Denn wenn Bewerber und Medien jetzt von Werten, rechts oder links, Inhalten etc. sprechen, ist das bloss Ablenkung, ohne dass dies auch allen bewusst ist.

Jeder finanzielle Beitrag zu meinen aufwändigen Recherchen ist herzlich willkommen:
Alexandra Bader, Erste Bank, AT 592011100032875894 BIC GIBAATWWXXX

5 Kommentare zu „Quo vadis, SPÖ?

    1. Doch ja, ist aber genauso Schwachsinn wie bei Grosz. Wenn alle, die darüber berichten, ein einziges Mal kritisch über Doskozil und Kern recherchierten, wäre schon viel gewonnen.

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  1. Eine Partei, die eine Befragung der Mitglieder braucht um zu wissen, wer den Vorsitz übernehmen soll, liegt im Koma und wenn ich mir die 73 Kandidaten so anschaue, dann ist sicher einer dabei, der den Schalter umlegen wird und die Maschinen abstellt. ODER:

    Man macht aus den 3-5 Strömungen in der Partei fünf neue Parteien von extrem Links zu den Grünen, bis Mitte Links, dann hat jeder Flügel bei Wahlen so 3-5% und ist damit vorerst „Bedeutungslos“. Dann hätte man jedoch Zeit, einen wirklichen Kandidaten nicht aus dem „Parteiensumpf“ heran zu ziehen.

    Einen charismatischen Führer, der schon mehr getan hat als nur die Koffer eines Ministers getragen zu haben. Einen Hannes Androsch um 40 Jahre jünger???

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    1. Es ist nicht so schlimm – die SPD machte es ähnlich. Tatsächlichen Wahlkampf (den es in der SPD gab) macht Andi Babler, der heute in einem Lokal der SPÖ in Wien war. Er hielt zuerst drinnen eine Rede und dann draussen nochmal, weil zuwenig Platz war. Er hatte Wahlhelfer mit, die Leute fragten, ob sie ein paar Stunden erübrigen können. Ob auch Rendi in Wien auftreten wird, konnte mir niemand sagen; irgendwann bestimmt.

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