Die SPÖ-Spitze und das Ibiza-Video

Ibizagate ist mitnichten ein rein blauer, geschweige denn ein rein türkisblauer Skandal. Vielmehr werden auch im U-Ausschuss Netzwerke und Verflechtungen sichtbar, die mit russischem Einfluss auf Österreich und damit zu tun haben, dass Österreich auch als Brückenkopf verwendet wird. Selbst wenn im Ausschuss oft nur zahm gefragt wird und wichtige Personen gar nicht erst geladen werden, sind diverse Details dann doch vielsagend, wenn man schon einige Puzzleteile zusammengetragen hat. Wir sehen unten eine Grafik, die der Fraktionsführer der ÖVP im U-A Wolfgang Gerstl auf Twitter gepostet hat; statt darüber ernsthaft zu diskutieren, bashen ihn die meisten, weil Ibiza ja gar nichts mit der SPÖ zu tun habe. Ach nein, tatsächlich nicht? Immerhin finden wir im Umfeld der bislang bekannten Haupt-Handlanger Sozialdemokraten und man weiss mittlerweile, dass die heimlichen Aufnahmen der Partei 2018 angeboten wurden. Gerstl lässt uns Rätselraten, denn einen Teil der Namen kürzte er ab, obwohl man ja durchaus von öffentlichem Interesse sprechen kann. So oder so lassen sich fehlende Namen leicht ergänzen, etwa wenn wir unter „SPÖ-Pressesprechern“ (L. und K.) ehemalige Kommunikationschefs verstehen und an die Zeit denken, als Viktor Klima und danach Alfred Gusenbauer Parteichefs waren.

Der ehemalige Abgeordnete „Z.“ in der Darstellung wiederum erklärt unter anderem, warum Stephanie Krisper von den NEOS sich überhaupt nicht an der Befragung von Ex-Minister Thomas Drozda am 25. November beteiligte.  Manche sind eher zurückhaltend in der Beschreibung von Drozdas Auftritt; im „Kurier“ wird aber verraten, wen Gerstl in seiner Darstellung mit P meint. Im Fokus stand am 25. November vor allem die Schilderung von Ex-SPÖ-Minister Thomas Drozda und wie ihm das Ibiza-Video angeboten wurde: „Das lief doch anders, als es einige Medien berichteten: Begonnen hat alles Ende März 2018. Da war die ÖVP/FPÖ-Regierung schon einige Wochen im Amt. Der SPÖ-nahe Netzwerker Nikolaus P. kam damals auf Ex-Kanzler Christian Kern zu. Nikolaus P. sei in Kontakt ‚mit einem Anwalt, der belastendes Material gegen Strache habe‘, führte Drozda aus. Interesse war bei den Roten durchaus vorhanden. Denn am 12. April 2018 traf sich dann Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Drozda im Auftrag von Kern mit dem Ibiza-Video-Zwischenhändler Anwalt M. ‚Ich suchte ihn in seiner Kanzlei auf. Das Gespräch dauerte 30 Minuten.'“ Rein zufällig ist Nikolaus P. geschäftlich mit Eveline Steinberger-Kern verbunden, was wohl nichts damit zu tun hat, dass letztlich Christian Kern über einen allfälligen Ankauf des Materials entscheiden sollte. Wer übrigens wissen will, wer sich hinter Z. verbirgt, braucht nur Haselsteiner und Gusenbauer zu googeln und den Zeitraum 2006 bis 2008 zu suchen, oder auf der Webseite des Parlaments Mandatare mit diesem Anfangsbuchstaben zu checken.

Wolfgang Gerstl auf Twitter

 

Was Anwalt S. betrifft, kann man seinen Namen – Richard Soyer – ruhig nennen, weil er auch als Verteidiger von Ramin M. an die Öffentlichkeit getreten ist; er hat wie Gabriel Lansky Kasachstan vertreten und lehrt an der Linzer Kepler-Universität Strafrecht. Offenkundig weiss Gerstl nicht, welcher „SPÖ-Anwalt“ eingeschalten wurde; man muss vielleicht alle ausschliessen, die zwar Anwälte sind, damals aber Abgeordnete waren. Ohne etwas zu vermuten, trat Michael Pilz immer wieder als „SPÖ-Anwalt“ in Erscheinung, was auch ins Bild passen würde. Denn 2017, als die Ibiza-Falle für FPÖ-Chef Heinz Christian Strache zuschnappte, half die FPÖ dem damals noch grünen (nicht verwandten) Peter Pilz dabei (wie dieser mit Alfred Gusenbauer und Hans Peter Doskotzil vereinbart hatte), einen 2. Eurofighter-U-Ausschuss auf Schiene zu bringen. Das Puzzle fügt sich zusammen, wenn wir berücksichtigen, dass vor Johannes Vetter (der eigentlich von den NEOS kommt) Stefan Sengl SPÖ-Wahlkampfleiter war, dessen Geschäftspartner Michael Pilz ist, der wiederum auch beruflich mit Steinberger-Kern verbandelt war. Pilz fungierte im Eurofighter-U-Ausschuss als „Vertrauensperson“ – bewusst unter Anführungszeichen – „von“ Ex-Minister Norbert Darabos; als eine Art „Belastungszeuge“, um Gusenbauer zu decken, wirkte hingegen der Rektor der Kepler-Uni Meinhard Lukas. Wie es der Zufall will, hat die JKU dann einen Innovation Hub gemeinsam mit der Blue Minds Group der Kerns eingerichtet, an der sich auch Haselsteiner und Gusenbauer beteiligten.

Tweet der NEOS

Wie dieses Posting der NEOS zeigt, verhalten sich aber alle so, als wüssten sie nicht, dass man im Glashaus nicht mit Steinen wirft; die staatliche Beteiligungsgesellschaft ÖBAG hätte beinahe wie ihr Vorläufer ÖIAG Siegfried Wolf an die Spitze bekommen, der Aufsichtsratsvorsitzender bei Oleg Deripaskas Russian Machines und bei der Sberbank Europe ist. Mit dem Stichwort Deripaska sind wir nicht nur bei der Strabag mit Haselsteiner und Gusenbauer, sondern auch bei Magna, wo Wolf bis 2010 CEO war; außerdem müssen wir an die Umstände denken, unter denen Doskozil Landeshauptmann Hans Niessl nachfolgte. Eine Funktion bei der ÖBAG hat auch der Präsident der Wiener Industriellenvereinigung Christian Pochtler, dessen Gattin Antonella Mei-Pochtler am „Projekt Ballhausplatz“ mitarbeitete, das Kurz ins Bundeskanzleramt brachte. Und sie scheint auch auf den Great Reset hinzusteuern, der auf eine Zerstörung von Nationalstaaten abzielt. Wie Thomas Schmid, früher Kabinettschef im Finanzministerium, an die Spitze der ÖBAG gelangte, ist natürlich interessant; wir bekommen aber auch Einblicke in die Vorbereitung der Machtübernahme der Kurz-Förderer in der ÖVP. Beim „Projekt Ballhausplatz“ war übrigens auch „Sigi Wolf, Russian Machines“ (sic!) von Mei-Pochtler als Sponsor vorgesehen worden, deren Ansichten von Demokratie gut nach China passen.

Tweet von Puls 24

Detail am Rande: Puls 24 gehört zu Prosieben Sat 1, wo wir seit April Mei-Pochtler im Aufsichtsrat finden; sowas aber auch. So erklärt sich vielleicht auch, warum der ÖVP-nahe Berater von Oligarch Dmytro Firtash, Daniel Kapp, zu einer der ewigen Corona-Diskussionen geladen wurde. Wenn wir zur SPÖ zurückkehren, so wurde diese recht genau darüber informiert, welches Material es gegen Strache gibt; offenbar schreckte der Preis von sechs Millionen Euro ab, den Anwalt Ramin M. verlangte, der übrigens wie Soyer und Pilz einmal Konzipient bei Lansky war. „‚Seine Klienten müssen sich vor Geheimdiensten schützen und ein neues Leben aufbauen‘, erklärte der Anwalt“, fasst der „Kurier“ zusammen (dessen Aufsichtsratsvorsitzender Erwin Hameseder von Raiffeisen ist, Gusenbauers Stellvertreter im Strabag-AR; auch Benko ist am „Kurier“ beteiligt). Die SPÖ brauchte einige Zeit, bis sie sich darüber im Klaren war, das Angebot abzulehnen; Kern erstattete aber nicht Anzeige, sondern man riet Anwalt M. nur, das Material (das über das Video hinausging) der Staatsanwaltschaft zu überlassen. Nun will die ÖVP Kern laden, SPÖ und NEOS hingegen Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner; als er im Mai 2017 zurücktrat, wurden ja schon die Weichen zu Neuwahlen gestellt, die die SPÖ das Kanzleramt kosteten. Kern wird dann wohl dazu Stellung nehmen müssen, ob er wirklich nichts vom Video gewusst hatte; er sagte nämlich, dass er dann nicht im Herbst 2018 als Parteichef zurückgetreten wäre. Man müsste eigentlich den Eindruck haben, dass es um vielerlei strafbare Handlungen geht; einerseits natürlich, wie das Video hergestellt wurde, andererseits, was z.B. Spesenabrechnungen über Strachen besagen sollten.

Tweet von Zackzack

Nicht von ungefähr tut auch das Medium von Peter Pilz jede Kritik an der SPÖ als Verschwörungstherie ab. Dabei sollte wir an die zumindest indirekte Verbindung von Pilz zu Anwalt Johannes Eisenberg in Berlin denken, der den „Ibiza-Detektiv“ Julian H. vertritt, der von den Ermittlungsbehörden immer noch mit Samthandschuhen angefasst wird. Absurder Weise wurde Pilz im Herbst 2017 gerade aus jener Ecke attackiert, die über die Sektion ohne Namen der Wiener SPÖ auch Bezug zu Ibizagate hat. Ob aber Christian Kern tatsächlich noch SPÖ-Chef wäre, wenn es anders gelaufen wurde? Im Herbst 2018 schmiß er nicht nur zugunsten von Pamela Rendi-Wagner hin, die mit ihm gemeinsam mit Doskozil im Wahlkampf 2017 plakatiert wurde. Denn in der SPÖ Burgenland folgte Doskozil auf Hans Niessl, den er dann im Februar 2019 auch als Landeshauptmann ablöste. Damit hatte auch ein Pakt zu tun, den Doskozil 2016 mit Pilz einging; selbstverständlich hatte Kern, Drozda, Rendi-Wagner und Co. nichts dagegen einzuwenden, dass Pilz für Doskozil und Gusenbauer Darabos den schwarzen Peter beim Eurofighter-Vergleich zuschob. Bei Ibizagate fällt auch auf, dass die Anwaltskammer Ramin M. deckt, was aber kein Wunder ist, wenn der Präsident der Wiener Kammer Michael Enzinger Geschäftspartner von Heidi Glück ist, die PR macht für Mitterlehner und Gusenbauer, aber auch für Wolfgang Schüssel. Außerdem gehört Enzinger dem Aufsichtsrat des ÖBB-Zulieferers Plasser & Theurer an, der Bezug zu Beteiligten an der Ibiza-Falle hatte.

Bei Strache sichergestelltes Diagramm

Auf Bundesebene vertritt wiederum Rupert Wolff die Anwaltschaft, dessen Nichte bei Lansky arbeitete; Wolff weiss ganz genau, wo er wegzuschauen hat, obwohl Anwälte an die Verfassung und die Gesetze Österreichs gebunden sind. Was wäre, wenn das Ibizamaterial früher eingesetzt worden wäre – dies ist reine Spekulation, doch im Rückblick spricht viel für einen Zeitpunkt, wo es letztlich den Grünen zugute kam- Diese hatten Greta-Rückenwind bei der EU-Wahl 2019, der dann auch als Schwung bei der wieder einmal vorverlegten Nationalratswahl von Nutzen war. Es mag bei einem SPÖ-Umfeld von Ibizagate paradox erscheinen, dass die Sozialdemokraten es wie bei der Wahl 2017 nicht mehr in die Regierung schafften. Denn man können die Agenda der Testpandemie ganz bestimmt auch mit einer Partei durchziehen, an deren Spitze eine sich gefügig gebende Ärztin steht. Nach Ibizagate durch die Veröffentlichung von Ausschnitten aus dem Video am 17. Mai 2019 gab es eine Übergangsregierung, an deren Spitze mit Brigitte Bierlein eine Funktionärin der Austrian Chinese Business Association stand; in der ACBA finden wir auch Christian Kern und den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, auch Alfred Gusenbauer ist ihr sehr verbunden; ebenso Anwalt Georg Zanger, bei dem Michael Pilz auch einmal Konzipient war. Man kann immer wieder sehen, wie alles zusammenhängt; etwa dann, wenn herauskommt, dass Julian H. ein Konto ausgerechnet bei Wirecard hat.

PS: Das Video wurde auch dem Freund von Tal Silberstein (der in den SPÖ-Wahlkampf u.a. 2017 involviert war) Zoltan Aczel bei der Strabag angeboten; dieser war einst mit Z. beim Liberalen Forum. Auch Daniel Kapp sollte das Video kennen, wie unter anderem der SPÖ-Abgeordnete Christoph Matznetter meinte, der bis vor einigen Wochen auch Vizepräsident der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft war. Matznetter ist sowohl mit Lansky (ebenfalls in der ORFG)  als auch mit Gusenbauer verbandelt; außerdem ist er Aufsichtsrat der Firma ATB in Spielfeld, die der chinesischen Wolong-Gruppe gehört. Wenn es im U-Ausschuss um Einflussnahme z.B. aus Russland (aber nicht nur?) auf die österreichische Politik geht, sollte man noch einige Zeugen laden, statt sich in den Details bestimmter Bestellungen zu verzetteln. Deshalb sollte man auch Alfred Gusenbauer, Gabriel Lansky, Martin Schlaff, Siegfried Wolf, Walentin Jumaschew vorladen….

4 Kommentare zu „Die SPÖ-Spitze und das Ibiza-Video

  1. Ja und „weil’s um was geht“ darf jetzt alles, was von der FPÖ kommt nix außer pfui sein. Das würde nämlich grad jetzt echt stören. Und überhaupt sind die an Allem schuld.
    Daß der Nehammer nix kann ist der Kickl schuld.
    Daß der Superrudi nix kann ist die Hartinger Klein schuld.
    Und die Leute fressen das. Auch, daß der VdB so super ist. Auch, daß der Bub mit seinen Spielkameraden so super ist.
    Und das ist das wirklich erschütternde.
    Aufstand wird es keinen geben. Weil die, die es jetzt zu spüren bekommen schon so zermürbt sind daß sie eher zum stillen Suizid schreiten.
    Und wieder lacht sich einer ins Fäustchen.

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    1. Ich sah vor ein paar Tagen eine linke Mini-Kundgebung gegen Gewalt gegen Frauen; da waren die Teulnehmerinnen brav mit Masken; sollen sie, wenn sie es wollen. Sie gaben auch die Erfahrungen einer Lehrerin zum Besten, das war sehr interessant. Aber es war unmöglichkeit, ihnen zu erklären, dass jetzt jeder Verbündene wichtig ist; sie glauben, dass die FPÖ die Leute eh immer nur benutze. Wird sie aber nicht weniger oder mehr tun, als es auch andere machen..

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  2. PS: Der involvierte SPÖ-Parteianwalt ist tatsächlich Michael Pilz, der wie Gabriel Lansky, Hannes Jarolim, Hans Peter Haselsteiner und viele andere Freimaurer ist

    https://www.andreas-unterberger.at/2020/12/wer-sich-da-aller-bei-den-freimaurern-herumtreibt/

    Unterberger verlinkt auf diese Seite; man muss zum Eintrag vom 26.11. scrollen:

    https://www.facebook.com/FREIMAURERMITGLIEDER/

    Bei den Eurofightern denke man auch an Helmut Brandstätter von den NEOS, der auch beim Kurier das gewollte Narrativ unterstützte.

    Jemand, der als Parteianwalt der SPÖ gilt, begleitet also Darabos in den Eurofighter-U-Ausschuss und ist nicht auf seiner Seite, sondern gegen ihn… tja… und in Pilz‘ Kanzlei sind mehr Freimaurer….

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