Ibiza-U-Ausschuss: Jeder gegen jeden

Wider Erwarten wird der Ibiza-U-Ausschuss doch spannend, weil es zunehmend nach Jeder gegen Jeden aussieht. Dazu trägt auch bei, dass dem „Kurier“ der gesamte Ermittlungsakt der Soko-Tape zugespielt wurde, was viele als Versuch betrachten, die ÖVP zu schützen. Diese wiederum kritisiert vor allem die Rolle der NEOS, die immer wieder nicht Veraktetes im Ausschuss einbringen. Manche nehmen auch an, dass es einen Deal zwischen Heinz Christian Strache und Sebastian Kurz geben muss, sodass der SMS-Verkehr zwischen ihnen außen vor bleibt. Strache und Johann Gudenus gingen sich schon bisher aus dem Weg, doch es entsteht der Eindruck, als ob Gudenus zumindest geahnt haben muss, dass er an einer Falle für seinen alten Weggefährten mitwirkt. Der Anwalt des bislang nicht einvernommenen „Ibiza-Detektivs“ Julian H., Johannes Eisenberg, sorgte außerdem für Zwietracht, indem er dem U-Ausschuss das Video direkt angeboten hat; die „Welt“ erinnert daran, wie er gegen Berichterstattung vorgeht. Was Leaks betrifft, bleibt es natürlich nicht beim „Kurier“, da „Österreich“ verkündete, dass es alle Gudenus-Fotos erhalten habe, mit denen Kokainkonsum belegt werden soll. Inzwischen ist bekannt, dass die Soko Tape zwar auch andere Aufnahmen sicherstellen konnte, aber „das“ Ibiza-Video nicht vollständig hat. 

Das verstärkt bei vielen den Verdacht, dass die Soko voreingenommen ist und nicht mit der Justiz kooperiert; die Korruptionsstaatsanwaltschaft stellte wiederum Internet-Recherchen über Soko-Mitglieder an. Der „Kurier“ verweist heute auf die Drogen-Bilder und fragt, ob Gudenus erpressbar war; dieser Gedanke ist nicht so abwegig, wenn wir uns auf seine Rolle konzentrieren. Allerdings sollten wir auch berücksichtigen, dass es für ihn Gründe geben kann, dies nicht zuzugeben, je nachdem, wie gefährlich die Gegner wirklich sind. Dafür müsste Anwalt Eisenberg vollstes Verständnis haben, der ja Julian H. rät, sich auch einer Einvernahme in Österreich zu entziehen, um kein Risiko einzugehen. Wir sollten wie immer hintanstellen, ob wir Strache oder Gudenus – oder auch andere Politiker – jemals wählen würden und alles nüchtern analysieren.

Die NEOS teilen den „Kurier“-Artikel

 

Die NEOS sind sich mit SPÖ und FPÖ einig, was die Soko Tape betrifft, deren Auflösung sie fordern:  „Wenn die sogenannte ,Soko Tape’ das Hauptvideo noch immer nicht vollständig besitzt, dann ist das wirklich grotesk“, wird die Abgeordnete Stephanie Krisper in einer Stellungnahme zum „Kurier“-Bericht zitiert. Sie ist darüber empört, dass die Soko „einen wesentlichen Ermittlungsschritt weiter ausgelassen hat, nämlich den Anwalt des mutmaßlichen Machers des Videos einfach zu fragen, ob er den Ermittlern das Video zur Verfügung stellen würde. Die Justiz wurde dadurch einmal mehr von dieser Soko ohne Tape in ihren Ermittlungen behindert. Diese Blamage reiht sich nahtlos in etliche weitere Ermittlungsversäumnisse und -fehler ein, die aus Absicht oder durch Inkompetenz geschahen.“ Daher müsse man die Soko auflösen und der WKStA eine Einheit für die Ermittlungen zur Verfügung stellen, „die sie unabhängig und effizient in ihren Ermittlungen zum Korruptionsverfahren gegen ÖVP- und FPÖ-Akteure unter der Regierung Kurz I unterstützt“. Wie sich die von Krisper und anderen auch beim BVT-U-Ausschuss gelobte WKStA verhalten soll, ist auch klar: „Ich gehe davon aus, dass die WKStA im Gegensatz zum Untersuchungsausschuss-Vorsitzenden Sobotka und zur ÖVP das Angebot des Anwalts sehr wohl annehmen und auf diesem Weg das Hauptvideo erhalten wird. Wir werden uns bemühen, dass in der Folge über die Justiz unverzüglich auch der Untersuchungsausschuss in den Besitz des gesamten Videos kommt.“

Twitter-Account der FPÖ für den U-Ausschuss

Wohlgemerkt geht es um das Angebot eines Anwalts, der auch gegen Russenmafia-Vorwürfe verteidigt, sich um ehemalige RAF-Terroristen kümmert, Erich Mielke nach dem Ende der DDR vertreten und mit Hans Christian Ströbele und anderen die „taz“ gegründet hat. Anscheinend wird auch eher er als Deutscher in den U-Ausschuss geladen – wie er selbst angeboten hat -, als dass der österreichische Staatsbürger Julian H. auch nur auf der Ladungsliste erscheint. Man kann sich relativ leicht entziehen, wie es Johann Graf, Alexander Labak, Heidi Horten, Gaston Glock und Dietmar Hoscher handhabten; es wäre aber ein Signal. Alexander Merwald von Novomatic wollte letzte Woche zwar aussagen, doch seine Vertrauensperson Dietmar Böhmdorfer wurde nicht akzeptiert, weil die Möglichkeit besteht, dass er selbst vorgeladen wird; also zog Merwald unverrichteter Dinge wieder ab. Beim „Kurier“ muss man nicht nur an die ÖVP denken, sondern auch an Rene Benko und die Signa Holding, der auch Raiffeisen Kredit gibt, das am „Kurier“ beteiligt ist; außerdem auch an der Strabag wie der Oligarch Oleg Deripaska. Aufsichtsratsvorsitzender der Strabag ist Alfred Gusenbauer, sein Stellvertreter Erwin Hameseder von Raiffeisen. Hans Peter Haselsteiner ist wiederum auch an der Signa beteiligt, sodass sich der Kreis schließt. Die ÖVP wiederum schießt scharf gegen die NEOS, aber auch gegen die SPÖ: „Es vergeht kein Tag, an dem die Abgeordneten Krisper und Krainer nicht mit allen Mitteln versuchen, die ÖVP anzupatzen und dabei sogar Polizeibehörden vorwerfen, parteipolitisch zu agieren. Ich frage mich, wie lange die Polizeibeamten der SOKO Ibiza und die Mitarbeiter/innen des BMI sich das noch gefallen lassen wollen“, meint der Fraktionsvorsitzende im U.Ausschuss Wolfgang Gerstl. „Wir untersuchen hier einen lupenreinen FPÖ-Skandal und je mehr Akten eintreffen, umso deutlicher wird, welche Tragweite das blaue System der Freunderlwirtschaft und Korruption hatte.

 

https://twitter.com/kidsused/status/1273136914703552513

Pilz‘ zackzack wird geteilt

Neos und SPÖ kümmert das aber relativ wenig – sie verwenden ihre Energie und die Ressourcen des U-Ausschusses lieber, um die ÖVP mit krausen Vorwürfen anzupatzen.“ Jan Krainer, der Delegationsleiter der SPÖ, sprach von der Soko als „schwarzem Netzwerk“, das die Ermittlungen einseitig führe: „Er wiederholte damit fast wortgleich die Anschuldigungen von Ex-Abgeordnetem Pilz, der nun mit Journalistenausweis am Rande des U-Ausschusses teilnimmt. Noch vor wenigen Monaten wurde über die enge Vernetzung der SOKO mit Peter Pilz berichtet, jetzt soll sie aber plötzlich eine ÖVP-Neigungsgruppe sein?“ In der Tat landete früher immer wieder etwas bei Pilz, was auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft betrifft, die schließlich auch basierend auf Pilzschen Desinformationen gegen Unschuldige ermittelt.

Strache mag zackzack

Gerstl nimmt seinen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka in Schutz, der auch deswegen attackiert wird, weil er das Angebot von Anwalt Eisenberg ablehnt: „Gerstl erinnerte hinsichtlich des fragwürdigen Agierens von Krisper an den BVT-U-Ausschuss, in dem sie am 13.3.2019 einer Chefinspektorin Falschaussage vorwarf und ihr ÖVP-Nähe unterstellte. In Wirklichkeit war diese Auskunftsperson jedoch SPÖ-Gemeinderätin. Krisper war es auch, die schon mit zusammenkopierten und damit veränderten Beweismitteln um sich geworfen habe (bestätigt in der Befragung vom 20.2.2019) und sogar Auskunftspersonen auf die Befragungen im U-Ausschuss vorbereitet hätte (bestätigt in der Befragung vom 16.1.2019).“ Freilich stört so ein Verhalten die ÖVP und ihren Verfassungssprecher nur dann, wenn es sich gegen die eigene Fraktion richtet, während es bei Pilz im Eurofighter-Aussschuss kein Problem war.

Jan Krainer und Christian Hafenecker bei Fellner 

Nicht von ungefähr lobt Pilz jetzt Krisper und Medien meinen anerkennend, dass sie fast schon seine Rolle übernommen habe, was aber kein Kompliment sein darf. Gerstl winkt der mit den NEOS verbündeten SPÖ mit dem Zaunpfahl, „denn die Beweismittel zeichnen nicht nur ein desaströses Bild der FPÖ und ihrer Spitzenfunktionäre, sondern könnten auch die SPÖ in Erklärungsnot bringen“. So etwas deutet auch Christian Hafenecker von der FPÖ an, weil Johann Graf von der Novomatic auch der Ehefrau eines SPÖ-Wirtschaftsfunktionärs 1, 2 Millionen Euro geschenkt habe (siehe Video oben).Was uns der Print-„Kurier“ verrät, sei schnell in Stichworten erwähnt: Wahrscheinlich wurde das Fallenstellen Operation „Roter Platz“ genannt; die „Oligarchennichte“ nannte man seltsamer Weise Aljona Makarow, nicht Makarowa (Igor Makarow hat übrigens höchst interessante Connections). Der verwendete Pass habe einem litauischen Tormann gehört, was Johann Gudenus nicht auffiel, der auch offenbar keine Internetrecherche anstellte, ob Frau „Makarow“ irgendwo Spuren hinterlassen hat.

Richard Schmitt & Gert Schmidt

Wieder einmal wundert man sich, und so ging es auch jenen (Ex-) Politikern, die vor Weihnachten 2019 „die Finca“ auf Ibiza unter die Lupe nahmen, ehe sie dort fürs Fernsehen diskitierten. Es ist kaum zu glauben, dass eine angeblich 300 Millionen schwere junge Frau sich nichts Teureres leisten kann; seit ein paar Wochen ist bekannt, dass sie diese Summe angeblich in Österreich investieren wollte (siehe auch Fellner-Video oben). Die Soko stellte eine Aufnahme fest, die rund 95% jenes Materials erhielt, das Redakteure der „Süddeutschen Zeitung“ zu Gesicht bekamen; außerdem einige kürze Clips, auch Audioaufnahmen, weil Julian H. akribisch dokumentierte. Es gab mehrere Treffen mit Gudenus (auch unter Einziehung seiner Ehefrau Tajana), wobei er bei zwei Gelegenheiten gekokst haben soll. Die Falle für Strache hätte schon früher zuschnappen sollen; so aber wurden angebliche Investitionspläne konkretisiert. Weil Narrative geschaffen werden, um den Ausschuss zu lenken, kann jetzt auch „Österreich“ aus dem „geheimen Akt“ der dadurch erneut diskreditierten Soko zitieren. Dadurch wird einmal mehr darauf hingewiesen, dass Ibizagate nur für Strache am Morgen des 25. Juli 2017 endete, nicht aber für Gudenus: „Neu ist auch eine Dokumentation eines Treffen des Ex-FPÖ-Klubobmanns mit dem mutmaßlichen Haupttatverdächtigen H. im September 2017, also zwei Monate nach dem geheimen Video-Dreh auf Ibiza: Die Kripo fand zwei Audiodateien von diesem Meeting, 15 Minuten und 43 Minuten lang. Die Auswertung auch dieses Tonmitschnitte könnte den Ibiza-U-Ausschuss interessieren.“

Ein Narrativ kreiern mit Stephanie Krisper

Bereits nach der Veröffentlichung kleiner Video-Ausschnitte am 17. Mai 2019 wies die „Süddeutsche“ darauf hin, dass die Sache weiterging: „Bei einem der Nachtreffen Ende August sprechen Gudenus und der Mann darüber, dass Ibiza nicht so lief wie erhofft. ‚Sie war relativ angepisst‘, sagt der Vertraute über die angebliche Investorin, aber jetzt gehe es darum, weiterzumachen, „raus aus der Bunkermentalität“. Bei den Treffen ging es erneut um mögliche Deals zwischen den beiden Seiten. Der Mann, auch er ein mutmaßlicher Lockvogel, sagte, die Russin brauche eine ‚Geste des guten Willens‘. Gudenus und Strache sollten ihr ‚Zuversicht geben hinsichtlich dieser Strabag-Geschichte, was da auf Ibiza diskutiert wurde‘. Die vermeintliche Russin könnte noch immer, so bekräftigte ihr angeblicher Vertrauter, versuchen, ‚euch [im Wahlkampf] nach Möglichkeit auf Platz eins zu pushen, um dann halt nachher die besten Freunde zu haben, die man haben kann.'“ Mit einer für Außenstehende normalen Formulierung in einer Presseaussendung sollte die FPÖ signalisieren, dass sie darauf eingeht. Wenn aber die Strabeg Zielobvjekt ist, die zu russischen Netzwerken gehört, warum werden dann Hans Peter Haselsteiner, Alfred Gusenbauer und Erwin Hameseder nicht in den U-Ausschuss geladen?

Richard Schmitt, Ex-„Krone“, nun oe24

Die SZ präzisierte dann noch: „Bei einem kleinen Braunen – einem Espresso mit Milch – einigen die beiden sich darauf, dass der liberale Mäzen und Miteigentümer der Baufirma Strabag, Hans Peter Haselsteiner Gegenstand der Pressemitteilung sein soll. Über ihn sagt Strache ein paar Wochen zuvor in der Ibiza-Villa: ‚Den Haselsteiner will ich nicht mehr.‘ Der angeblichen Oligarchen-Nichte verspricht er, ihr alle Staatsaufträge zuzuschanzen, die bisher die Strabag bekommen habe – deren Anteilseigner Haselsteiner ist. Und Gudenus sagt zu. Am 4. September schickt Gudenus von seiner offiziellen E-Mail-Adresse bei der FPÖ tatsächlich eine E-Mail an den Vertrauten der Russin. In diese E-Mail – die SZ und Spiegel ebenfalls vorliegt – ist die versprochene Meldung über Unternehmer Haselsteiner hineinkopiert, samt Link zum OTS-Presseportal. Haselsteiner solle seine Politnetzwerke offenlegen, heißt es in der Meldung, die immer noch abrufbar ist. Bei einem zweiten mitgeschnittenen Treffen Ende August wurde sogar die Möglichkeit einer weiteren Zusammenkunft mit der Frau diskutiert. ‚In Moskau oder London oder so‘, sagte Gudenus, das sei ‚kein Problem‘. Dazu kam es letztendlich offenbar nicht.“

https://twitter.com/florianklenk/status/1272933048338853888

Ex-Novomatic und Ex-FPÖ-Klubobmann 

Dass Strache Haselsteiner ablehnt, beruht auf Gegenseitigkeit, auch weil dieser gerade die Plattform „Weil’s um was geht“ zur Wahl gestartet hatte, übrigens u.a. mit Gabriel Lansky, Brigitte Ederer und Eveline Steinberger-Kern. Es muss ihm aber klar gewesen sein, dass Strabag und Haselsteiner zu einem weit verzweigten russischen Netzwerk gehören-. Allerdings scheint er der Falle bis zum Juli 2017 eher per Zufall entgangen zu sein; heute wurde öffentlich, dass man es bereits im November 2016 versucht hat, Strache (und Gudenus) per Party mit jungen Frauen zu erwischen, bei der er jedoch nicht auftauchte; ein „weiblicherLockvogel“ war  eine TV-Moderatorin, die „als Türöffnerin für den VIP-Bereich angeheuert“ wurde. Wohlgemerkt fand dies statt, ehe es mehrere Treffen mit Gudenus gab, dem Interessen an einem Hof im Familienbesitz vorgegaukelt wurde. Wer sich einmal mit Ibiza befasst hat, denkt sofort an die Freundin des „Ibiza-Anwalts“ Ramin M.  Dass Gudenus koksen soll, brachte übrigens Peter Pilz im November 2019 unter Bezug auf die Ermittlungen auf. Natürlich muss es auch von Belang sein, wer was enthüllt, gerade wenn er wie Pilz immer eine Agenda hat und keinerlei Skrupel auch gegenüber Unschuldigen an den Tag legt. Wer sich hämisch drüber freut, weil wieder einmal jemand Fett abgekriegt hat, lässt sich in der Regel vom Wesentlichen ablenken.

„Österreich“ vor ein paar Tagen

Es passt daher auch ins Bild, dass EU-Infothek den Ermittlungsakt inzwischen ebenfalls erhalten hat; Macher Gert Schmidt ist seit Langem mit Johann Graf von Novomatic befreundet und hat einen guten Draht zu Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek (auch die „Presse“ hat den Akt). Die FPÖ fordert übrigens nicht nur die Auflösung der SoKo, sondern kritisiert auch, dass dem U-Ausschuss nicht vorgelegtes Material zunächst beim „Kurier“ landete. Mittlerweile wurde bestätigt, dass Julian H. per Haftbefehl gesucht wird, den Anwalt Eisenberg als Retter der österreichischen Demokratie verkauft. Die FPÖ wirft Wolfgang Sobotka siehe unten vor, dass er den Ausschuss steuern wolle; außerdem wird Pilz über den grünen Klee gelobt, der selbst ja auch immer Narrative vorangetrieben hatte. Die Blauen spekulieren über einen „tiefen Staat“, der z.B. Erpressungsvideos über Politiker anfertige; mit Informanten des Bundeskriminalamtes wie Julian H. Johann Gudenus machte nicht den Eindruck, dass er erpresst wurde, als ihn Nurten Yilmaz von der SPÖ im Ausschuss befragte; aber was, wenn er Angst hat?! Die FPÖ blendet aus, dass sie selbst einen tiefen Staat zuarbeitetel, als sie Pilz dabei unterstützte, den 2. Eurofighter-Ausschuss 2017 einzusetzen; damals ging es auch darum, den bestens vernetzten Alfred Gusenbauer zu decken.

Gespräch der FPÖ zur „mafiösen Struktur“ der ÖVP 

Freilich schließen ÖVP-Seilschaften nicht aus, dass man auch auf SPÖ-Mitglieder trifft, wie nicht nur anhand von Gusenbauer gezeigt werden kann. Unten sehen wir einen Screenshot aus dem Novomatic-Finanzbericht 2008, als man unter anderem beim Forum Alpbach zugegen war: „Unter dem Vorsitz unseres Generaldirektors diskutierten unter anderem Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter, Dr. Reinhold Mitterlehner und weitere Experten darüber, wie das Steuersystem zum Beispiel mit Hilfe einer ‚flat tax‘ vereinfacht werden kann und wie Steuern Innovation, Kreativität und unternehmerisches Handeln beeinlussen. Vor einem renommierten internationalen Publikum konnten wir im Rahmen der von Dr. Erhard Busek organisierten Veranstaltung des ‚Vienna Economic Forums‘ die Nachhaltigkeitsstrategie unseres Konzerns im Bereich der Mitarbeiteraus- und -weiterbildung präsentieren: unser Vortrag ‚Corporate Responsibility in the Field of Education‘ hat großes Interesse unter den internationalen KongressteilnehmerInnen geweckt.“

Seite 46 von Novomatic-Finanzbericht 2008

2013 schrieb Christian Ortner in der „Presse“: „Mit seiner Entscheidung, künftig im Sold des erfolgreichen niederösterreichischen Glücksspielkonzerns Novomatic zu stehen (als Aufsichtsrat der deutschen Tochtergesellschaft), hat Alfred Gusenbauer die Anzahl seiner Freunde in der SPÖ nicht wirklich erhöhen können. Dass der einstige Vorsitzende und Kanzler einer Partei, die dem Glücksspiel eher reserviert gegenübersteht, nun für Bares einem Glücksspielkonzern dient, finden nicht wenige Genossen etwas eigen.“ Wer Gusenbauer kritisiere, habe „die Kunst der Dialektik“ nicht verstanden, in der sich auch Gerhard Schröder und Tony Blair üben, was auch für den roten Steuerberater Christoph Matznetter giöt, der heute Mitglied des U-Ausschusses ist. Übrigens machte Matznetter als interimistischer SPÖ-Bundesgeschäftsführer in der Silberstein-Affäre der ÖVP und ihren Ministerien ähnliche Vorwürfe, wie sie heute am Tapet sind. 2015 ermittelte die WKStA schon mal wegen Novomatic und Zuwendungen an die Politik, es gab „intensive Zeugeneinvernahmen durch das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK)“ für die Staatsanwaltschaft. „Davon betroffen sind auch zahlreiche aktive und ehemalige Regierungsvertreter und Nationalratsabgeordnete, von denen einige bereits einvernommen wurden – so etwa ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter und der ehemalige ÖVP-Abgeordnete Ferry Maier. Auch ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner soll demnächst aussagen, wie sein Büro auf profil-Anfrage bestätigte.“

Sobotka bei Fellner

Es würde jetzt zu weit führen, ein paar Details zu den Netzwerken der erwähnten Herren anzuführen. Uns werden auch andere Namen bekannt vorkommen: „Laut einer profil vorliegenden Anordnung der WKSTA vom September vergangenen Jahres sollen insgesamt bis zu 49 Zeugen zu den Vorgängen in Zusammenhang mit einer 2006 gescheiterten Gesetzesinitiative des Finanzministeriums zur Lockerung des Glücksspielmonopols befragt werden. Unter ihnen die früheren Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Alfred Gusenbauer (SPÖ, die früheren Vizekanzler Hubert Gorbach(BZÖ) und Wilhelm Molterer (ÖVP), EU-Kommissar Johannes Hahn, SPÖ-Nationalratspräsidentin Doris Bures, ÖVP-Nationalratspräsident a. D. Andreas Khol, der ehemalige FPÖ-Verteidigungsminister und BZÖ-Klubobmann Herbert Scheibner sowie weiterer eine Reihe aktiver und ehemaliger Parlamentarier wie Josef Cap (SPÖ), Günter Stummvoll (ÖVP), Peter Westenthaler (BZÖ) oder die Grünen Werner Kogler und Alexander van der Bellen.“ Novomatic zahlt alle, oder wie war das? Bei Scheibner sei auf ein kleines Detail hingewiesen: er erhielt Zuwendungen von der Alpine Bau wohl wegen der Eurofighter, als Gusenbauer dort dem Aufsichtsrat angehörte.

Markus Tschank im U-Ausschuss (oe24)

Dass sorgfältig ein Narrativ geschaffen wird, sieht man daran, dass der Bericht der Soko fast zeitgleich bei mehreren Medien landete, er gibt genug Stoff her, aus dem man zitieren kann. Zu beachten ist aber, dass sich die Soko mit Julian H., Ramin M. und ihren Handlangern befasste, ohne zu fragen, ob H. und M. nicht selbst für andere arbeiten. Man kann jetzt aber „plausibel“ darstellen, dass alles rein finanzielle Motive ohne jeden politischen Hintergrund hatte und verhindern, dass sich der U-Ausschuss mit russischen Netzwerken befasst. Dabei ist sehr hilfreich, dass Bilder kreiert werden, die sofort emotionale Reaktionen bewirken, etwa von Koksern und Lockvögeln. Vielfach wird in Reaktionen auch ausgedrückt ist, dass man froh ist, nicht selbst auf diese Weise im Visier zu stehen, lächerlich gemacht oder als peinlich entlarvt zu werden.

PS: Es passt sehr gut ins Bild, dass EU-Infothek Sascha Wandl strapaziert, den Medien vor einem Jahr sofort als „Erfinder der Ibiza-Methode“ bezeichneten.

10 Kommentare zu „Ibiza-U-Ausschuss: Jeder gegen jeden

    1. Nicht unbedingt der Mossad. auch wenn das z.B. Oberrabiner Moishe Friedman annimmt…

      Es gibt natürlich auch Verbindungen zur Kultusgemeinde, man denke an Gabriel Lansky oder Zoltan Aczel.

      Aber Ibizagate würde ich nicht unbedingt den Israelis zuordnen…

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  1. Alexandra, Sie kennen alle Namen von Promis und dergleichen Insiderwissen.
    Im Akt der Soko gibts einen Freund des sog. Detektivs Julian Hessenthaler, und zwar einen Philip S., der soll einen „ORF hohen“ Vater haben, wie heisst dessen voller Name, wissen Sie das zufällig?
    danke 🙂

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    1. Ich habe mal den ganzen Namen gelesen, aber mir sagte seine Mutter nichts, von wegen „ORF-Star“ – was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich schon lange nicht mehr fernsehe….

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  2. Der Titel dieses Artikels…

    “ Ibiza-U-Ausschuss:

    Jeder gegen jeden “

    Oder……. alle gegen einen…. in den USA

    Eine merkwürdige Allianz –
    Radikale US-Falken und Demokraten

    Hand in Hand gegen Donald Trump
    =============================
    Das Buch des ehemaligen US-Sicherheitsberaters
    ▶ John Bolton zeigt, dass angebliche politische
    Erzfeinde in Wahrheit Hand in Hand arbeiten.

    Man reibt sich verwundert die Augen, wenn man
    die aktuellen Geschehnisse in den USA verfolgt.

    Eigentlich (oder besser gesagt, offiziell) bis auf´s
    Blut verfeindete Gruppen tun sich plötzlich
    zusammen, wenn es gegen Donald Trump geht.

    Früher standen sich der äußerst rechte Flügel der Republikaner, zu denen auch die radikalen Falken
    in Washington gehören, und die Demokratische
    Partei in unversöhnlicher Feindschaft gegenüber.

    Wie sehr diese angebliche Feindschaft immer
    nur Teil einer politischen Show war, wird in diesen Tagen besonders deutlich…..

    Die Rassenunruhen beschäftigen nun nicht nur die Medien, sondern betreffen auch ganz direkt die Menschen in den USA und die Demokraten hoffen, dass die Wähler dies Trump anlasten, damit er die Wahl verliert….

    Und nun wiederholt sich das gleiche Spiel:

    ▶Bolton stellt in seinem Buch Behauptungen auf,
    die Medien stürzen sich darauf,

    ▶aber unter Eid war er nicht bereit, diese Aussagen
    zu machen.

    Und die „Qualitätsmedien“ haben keine Fragen dazu, sondern plappern Boltons Behauptungen nach……

    Hier weiter über die verkorksten Puppenspieler

    https://www.anti-spiegel.ru/2020/eine-merkwuerdige-allianz-radikale-us-falken-und-demokraten-hand-in-hand-gegen-donald-trump/amp/

    Gestern Abend beim Dinner unter Freunden,
    hat einer begeistert über das Bolton-Buch
    berichtet.

    Natürlich hatte er seine Infos von den deutschen
    Staatsmedien, die unermüdlich für Joe Biden
    die Trommeln schlagen.

    Viele deutsche Medien hatten sich regelrecht
    die Finger wund geschrieben und Hillary Clinton
    als Nachfolgerin von B. H. Obama gesehen.

    Die Bevölkerung in den USA hatte aber anders entschieden….. was für ein Pech für die
    Kriegs-Lobbyisten.

    Jetzt versuchen sie es ein zweites Mal…. was
    ist bitte an Joe Biden so genial, dass schon
    wieder eine verlogene Story herhalten muss. ???

    Ist Herr Biden etwa für die
    “ Nie-endenden-Bomben-Kriege“ ???

    Herr D. Trump bekommt jetzt auch mächtig
    – im Inland und Ausland – ein‘ s auf sein Haupt,
    weil er die US-Truppen in einigen/vielen Ländern reduzieren möchte.

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    1. Ich will aber mal nicht so sein, hier ein wenig Rudi Dutschke:

      – vergleicht man unweigerlich mit denen, die jetzt auf die Strasse gehen

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      1. „Gesellschaft ist eine Konstruktion, eine Anhäufung von Individuen….“
        Ui, ist das nicht etwas, was Margret Thatcher geglaubt hat und darauf ihre neoliberale Politik und den Raubtierkapitalismus – jeder gegen jeden – gegründet hat?

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