Free Julian Assange!

In vielen Städten der Welt gibt es nun regelmässige Mahnwachen für Julian Assange, so auch in Wien. Der Europarat, die Vereinten Nationen, das EU-Parlament fordern seine Freilassung, auch weil der Umgang mit ihm an Folter grenzt. Inzwischen ist bekannt, dass die schwedischen Behörden seitens der USA unter Druck standen, Assange wegen konstruierter Vergewaltigungsvorwürfe zu verfolgen. Beim in Großbritannien vorbereiteten Prozeß wird Assange erst im Mai oder Juni selbst aussagen; bis dahin haben ihn Proteste hoffentlich auch wegen seines Gesundheitszustandes schon befreit. Nachdem er jahrelang auf 20 Quadratmetern in der ecuadorianischen Botschaft in London gefangen war, leitet er nun unter der Haft und kann sich nicht mehr konzentrieren; das muss für einen Geistesmenschen die absolute Hölle sein. In Wien wird jeden Mittwoch von 17 bis 19 Uhr am Stephansplatz demonstriert; am 24. Februar 2020 wählte man ausnahmsweise den Platz vor der Karlskirche in der Nähe der australischen Botschaft.

Zu Wort kamen Barbara Waschmann von Candles4Assange, Annemarie Schlack, die Geschäftsführerin von Amnesty in Österreich, Otmar Lahodynsky, Präsident der Association of European Journalists, der Publizist Hannes Hofbauer und als Audio-Einspielung Fred Thurnheim, der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs. Auch wenn sich manche erst allmählich den Protesten anschließen bzw. Aufrufe unterstützen, geht es um weit mehr als „nur“ um Assange, denn die Presse- und Meinungsfreiheit steht auf dem Spiel. Wenn Whistleblower und Plattformen drakonisch sanktioniert werden, wird sich bald niemand mehr trauen, für die Allgemeinheit Wichtiges zu leaken. Zwar begann Wikileaks mit Dokumentationen amerikanischer Kriegsverbrechen, doch man fand später Infos zu Korruption in mehreren Weltgegenden, zu Freihandelsabkommen oder Steuervermeidung. Ein wichtiger Verbündeter Assanges ist der schwedisch sprechende UN-Berichterstatter über Folter und Menschenrechtsverletzungen Nils Melzer, der jedoch z.B. in der NZZ attackiert wird. Oder dessen  Augenzeugenbericht über Assange man schlicht ignoriert wie im NDR-Medienmagazin ZAPP, mit dem sich dieser Gastbeitrag kritisch auseinandersetzt.https://twitter.com/PEN_Deutschland/status/1231846362305699860

Aktion in Deutschland

 

NDR-Medienmagazin ZAPP: Assange-Bericht verschweigt Melzer-Fakten

von Daniela Lobmueh und Hannes Sies

Das Magazin ZAPP scheint oft kritisch, aber genau betrachtet, sparen die so einiges aus und haben ihre Tendenz zum Mainstream. Am 19.2.2020 brachte das NDR-Medienmagazin ZAPP einen Bericht über Julian Assange, der selbst eine Medienkritik erfordert. ZAPP enthüllte zwar einige derzeit diskutierte Fakten, die man bislang selten im Fernsehen erfuhr. Doch die Sendung ließ viel zu wünschen übrig und hinterlässt den faden Nachgeschmack einer Tendenz gegen den Angeklagten: Julian Assange. Das Medienmagazin widmete sich zuerst China, dann Assange und schließlich Miss Germany und Friedrich Merz. In China ging es um die Unterdrückung von Inhalten und kritischen Bürgerreportern durch die chinesische Regierung -im berechtigten Brustton der Überzeugung, die Pressefreiheit zu verteidigen, mit Empörung, Bestürzung und Mitgefühl. Einen völlig anderen Tenor hatte der folgende Bericht über Julian Assange, den nur noch drei Tage von seinem Auslieferungsprozess in die USA, wo ihm lebenslange Haft unter entsetzlichen Bedingungen und sogar die Todesstrafe drohen. Die Glaubwürdigkeit von Bekundungen, dass Letztere nicht drohe, kann man glauben oder auch nicht.

Was heute geschah

Der ZAPP-Bericht beginnt so: „Kennen Sie ihn noch? Julian Assange. Hier ein etwas älteres Bild, kurz nachdem er WikiLeaks gegründet hatte… Hier ein Rückblick… (zappt durch Meldungen) die US-Regierung reagierte empört… verärgert, verärgert… Gründer Julian Assange will nichts Geringeres als die Welt verändern… der Durchbruch kam für WikiLeaks 2010 mit dem berüchtigten Collateral Murder-Video, es zeigt wie US-Soldaten im Irak aus der Luft auf Zivilisten schießen. Plötzlich steht auch er im Rampenlicht: Assange, der Aufklärer… kaum ein Jahr später geht Domscheit-Berg, auch wegen Assanges Führungsstil: Assange, der Rücksichtslose. 2016 gerät die Plattform erneut in Verruf: WikiLeaks veröffentlicht Tausende persönliche mails des Wahlkampfmanagers von Hillary Clinton in der entscheidenden Phase des US-Wahlkampf (Bilder von Clinton, dann Donald Trump).“ NDR-ZAPP 19.2.2020 Schon der Auftakt zum 11-Minutenbeitrag erscheint nicht wirklich neutral, sondern gegen Assange eingenommen. Der berühmte Kriegsreporter Robert Fisk sagte einmal, die Presse könne nie neutral sein, so eine lobenswerte Arte-Dokumentation, aber Fisk ergänzte: Sie solle immer Stellung beziehen für die Seite derer, die Unrecht erleiden, für die Opfer.

Medien für Assange

Sieht ZAPP hier vordringlich die USA als Opfer, Hillary Clinton? Positiv ist zu vermerken, dass ZAPP das Collateral Murder-Video richtig kommentiert, wobei die Kennzeichnung als „berüchtigt“ etwas doppeldeutig bleibt. Die ARD-Tagesschau hatte die Bilder jüngst gesendet, ohne zu sagen, wessen Soldaten da auf Zivilisten schießen. Gut, ZAPP hätte noch erwähnen können, dass unter den Zivilisten auch Kriegsberichterstatter waren, dass der Kampfhubschrauber heimtückisch über den Opfern kreiste und auf eine Familie mit zwei Kindern feuerte, die den Verletzten zu Hilfe eilte. Aber man kann nicht über alles berichten. ZAPP weiter: „Kritiker unterstellen WikiLeaks eine politische Agenda. Doch während Donald Trump noch schwärmt (Einblendung Trump: „WikiLeaks, I love WikiLeaks!“), verkündet der damalige CIA-Chef Mike Pompeo, was die US-Regierung wirklich über WikiLeaks denkt, Pompeo: „…ein feindlicher Geheimdienst!“ Und er? (Bilder von Assange, am Ende mit dunkler Sonnenbrille) Ein Staatsfeind? Ein Aufklärer? Oder am Ende nur ein Hacker? … ZAPP-Moderator: „Staatsfeind oder Held? Egal was man nun über die Person Assange denkt, fest steht, die sieben Jahre in der Botschaft haben den Menschen gezeichnet: Assange ist zu einem (weist auf ein Großbild wo der junge Assange zum heutigen mit weißem Vollbart und langen Haaren überblendet wird) alten Mann geworden. Wie hoch wird der Preis für ihn? …weil Assange sich zum Feindbild der USA gemacht hat, vermuten nun einige, dass an ihm ein Exempel statuiert werden soll, um weitere Leaks in Zukunft zu verhindern.““

Proteste vor Ort

Sicher, „einige“ vermuten das, doch sie bleiben hier anonym und ZAPP macht durch die Distanzierung klar: Wir gehören nicht zu diesen „einigen“ (wenigen?), die das vermuten. Warum diese Anonymisierung? Den kompetentesten Experten, der ausdrücklich diese Exempel-statuieren-Wertung vertritt, zitiert ZAPP später herbei: Prof.Nils Melzer. Doch ZAPP pickt sich aus Melzers Aussagen gezielt heraus, was die eigene Darstellung stützt, anderes wird verschwiegen. Diese Tendenz setzt sich immer stärker fort. Auch das Bild, das ZAPP von Assange inszeniert, wirkt nicht empört über das ihm angetane Unrecht, nicht bestürzt über die Folgen, nicht mitfühlend -alles Einstellungen, die im vorherigen Bericht zur Presseunterdrückung in China deutlich spürbar waren. „Vergewaltigungsverdacht“? Oder Bezichtigung mit gefälschten Beweisen?  ZAPP setzt fort mit Bildern der Verhaftung, Kommentar dazu: „Julian Assange wird im April 2019 aus der ecuadorianischen Botschaft gezerrt. Der Bart, die Haare lang, so hat man ihn zum letzten Mal gesehen: Das Bild des ungepflegten Einsiedlers geht um die Welt… Assange wird verfolgt… in Schweden genießt er Heldenstatus… Mit zwei Frauen hat Assange in diesen Tagen Sex, mit und ohne Kondom. So steht es in den Vernehmungsprotokollen der schwedischen Polizei. Hierhin wenden sich die Frauen, sie wollen, dass Assange einen HIV-Test macht. Von einer Vergewaltigung sprechen sie nicht, doch das schwedische Strafrecht ist streng: So lange nicht klar ist, ob alle sexuellen Handlungen einvernehmlich waren, muss die Polizei ermitteln.

Reporter Ohne Grenzen für Assange

Nur wenig später heißt es in den Medien: „Vergewaltigung“. Assange streitet die Vorwürfe ab, doch die öffentliche Meinung wendet sich gegen ihn.“ ZAPP 19.2.2020 „So steht es in den Vernehmungsprotokollen“? Fakenews billig reproduziert. Prof.Nils Melzer hat dargelegt, dass die in Schweden protokollierten Aussagen der Zeuginnen (anonymisiert als A.A. und S.W.) manipuliert, die Beweise damit gefälscht wurden. Prof.Melzer hat genau und klar dargelegt, wie die schwedische Polizei und Justiz dabei vorgingen, wie die Briten Einfluss nahmen und dies mit Beweisen untermauert. Sollte der ZAPP-Redaktion dies entgangen sein? Prof. Melzer weiter: „Die bewusste Böswilligkeit der Behörden wurde aber spätestens dann offensichtlich, als sie die sofortige Verbreitung des Vergewaltigungs­verdachts über die Tabloid­presse forcierten, und zwar ohne Befragung von A. A. und im Widerspruch zu den Aussagen von S. W.; und auch im Widerspruch zum klaren Verbot im schwedischen Gesetz, die Namen von mutmasslichen Opfern oder Verdächtigen in einem Sexual­strafverfahren zu veröffentlichen. Jetzt wird die vorgesetzte Haupt­staatsanwältin auf den Fall aufmerksam und schliesst die Vergewaltigungs­untersuchung einige Tage später mit der Feststellung, die Aussagen von S. W. seien zwar glaubwürdig, doch gäben sie keinerlei Hinweise auf ein Delikt. (…) Nun schreibt der Vorgesetzte der einvernehmenden Polizistin eine Mail: Sie solle die Aussage von S. W. Umschreiben.“ Prof.Melzer, Republik-Interview 31.1.2020

Das ist richtig….

Prof.Melzer bzw. Republik.ch legt dazu das Faksimilie schwedischer Dokumente vor, die seine Aussagen bestätigen. Ebenso für seine Aussage, dass die Briten in die Strafverfolgung von Julian Assange intervenierten: „Als die Schweden den Engländern mitteilen, dass sie das Verfahren möglicherweise einstellen müssten, schrieben die Briten besorgt zurück: «Don’t you dare get cold feet!!» Kriegt jetzt bloss keine kalten Füsse.“ Prof.Melzer, Republik-Interview 31.1.2020 Donald Boström: „Über Nacht wurde er vom Rockstar zum Arschloch. Und das für alle in Schweden. Die Meinung war, niemand sollte sich so gegenüber Frauen verhalten.“ …Boström glaubt nicht an eine Verschwörung, aber das es für die USA eine Gelegenheit war, den Staatsfeind zu kriegen… Boström: „Ich glaube nicht, dass es eine Sexfalle der CIA war, aber als es passierte, ergriffen sie die Gelegenheit.“ Hier verdreht ZAPP die Aussage ihres Zeugen Boström: Er sagt, es gab keine Sexfalle. ZAPP macht daraus: Er glaube nicht an eine „Verschwörung“. Boström sagt aber, dass die CIA „die Gelegenheit“ ergriffen habe -wieso soll das keine Verschwörung sein? Es kann doch nur heißen, dass die CIA in den sich auf Basis zufälliger sexueller Beziehungen ergebenden Strafprozess eingegriffen habe. Das wäre ebenso eine Verschwörung zur Manipulation der Justiz. ZAPP weiter: Assange erhielt die Erlaubnis, Schweden zu verlassen und reiste nach London. Boström: „Ich habe überall gelesen, dass er davon lief wie ein Feigling, aber das war nicht der Fall, er blieb noch fünf Wochen…“ ZAPP: In London arbeitet er an seinem nächsten Scoop, nach Schweden will er nicht zurück. Aus Angst vor einer Auslieferung an die USA. Assange flüchtet in die ecuadorianische Botschaft.“

Kundgebung in Barcelona

Hier hätte ZAPP die Dokumentation von Prof.Melzer erwähnen können, die eindeutig aufzeigt wie man Assange erst vorsätzlich unmotiviert hinhielt, seine Ausreise nach Wochen genehmigte und dann praktisch über Nacht, nachdem er das Land verlassen hatte Hafbefehl gegen ihn erließ. Ein Haftbefehl ist, das sei angemerkt, durchaus als Teil einer Rufmord-Kampagne zu bewerten. Zumal wenn er, wie hier laut Prof.Melzer, so unmotiviert ist 1. durch die Fakten der Beweislage wie 2. auch der Geringfügigkeit des behaupteten Delikts, für das sich 3.weder damals noch später Beweise finden ließen, die 4.darüber hinaus durch manipulierte Aussageprotokolle erst gefälscht wurden. Für diese Beweisfälschung hat Prof.Melzer heute Beweise vorgelegt. Hat ZAPP das nicht verstanden? Konnte man das nicht im Web mit wenigen Klicks recherchieren? Oder wollte man gezielt ein falsches Bild von Assange aufrecht erhalten? Statt diese Hintergründe zu berichten bringt ZAPP anschließend jene durch unethische Bespitzelung zustande gekommenen Videos von Julian Assange, mit denen der WikiLeaks-Gründer seit Jahren öffentlich gedemütigt wird: Assange tigert barfus im engen Gang auf und ab, kratzt sich. ZAPP dazu: „Interne Berichte der Botschaft zeigen, wie die Haftbedingungen Assange zu schaffen machen. 2013 zertrümmert er einen Schrank (Fotos vom kaputten Schrank), die Ecuadorianer vermerken: Der Gast ist aufbrausend, wirkt sehr gestresst. 2016: Der Gast ist ängstlich. 2017: Dem Gast geht es nicht gut. Ein Psychologe kommt, um ihn zu untersuchen. 2018: Der Gast ist nervöser als sonst.“

Manche Medien sind immer noch gegen Assange

ZAPP zeigt Bilder von Assange in Unterwäsche, bei Yoga-Übungen, von seinem nur halbbedecktem Hinterteil. ZAPP dazu: „Der UN-Sonderberichterstatter spricht von gezieltem Rufmord.“ Dazu eine Frage an ZAPP: War es hier wirklich nötig, die rufmörderisch demütigenden Bilder von Assange erneut zu senden, um den Rufmord zu dokumentieren? Oder wird hier nicht eigentlich die Grenze überschritten, sich mit dem Bericht eigentlich wieder an der Rufmord-Kampagne zu beteiligen? Aber „Rufmord“ war ja nicht die eigene Bewertung von ZAPP, sondern wurde nur von Prof.Melzer zitiert, über dessen vollumfängliche Reputation und Kompetenz ZAPP die Zuschauer in Unkenntnis lässt. ZAPP weiter: „Das Vergewaltigungsverfahren geht in all dieser Zeit nur schleppend voran. Botschaftsdokumente zeigen: Weder ist die schwedische Staatsanwaltschaft bereit, nach London zu kommen, noch will sie Assange garantieren, ihn nicht an die USA auszuliefern, falls er für eine Aussage nach Schweden kommt.“ Wenn man das so einfach stehen lässt, scheint es nicht weiter dramatisch: Die Schweden wollten eben nicht. Pech gehabt. Doch Prof.Nils Melzer, Experte für internationales Recht und erfahren im Umgang mit Auslieferungsverfahren und Zeugenvernehmungen über Grenzen hinweg, stellt den Vorgang ganz anders dar: Als außergewöhnliche Benachteiligung von Julian Assange:

Medienkritik und Aufruf für Wien

„Die Anwälte sagen, sie hätten den schwedischen Behörden während der fast sieben Jahre, in denen Assange in der ecuadorianischen Botschaft lebte, über dreissig Mal angeboten, dass Assange nach Schweden komme – im Gegenzug für eine Zusicherung der Nicht­auslieferung an die USA. Die Schweden weigerten sich mit dem Argument, es gebe ja gar kein Auslieferungs­gesuch der USA. (…) Solche diplomatischen Zusicherungen sind in der internationalen Praxis alltäglich. Man lässt sich zusichern, dass jemand nicht an ein Land weiter­ausgeliefert wird, wo die Gefahr schwerer Menschen­rechts­verletzungen besteht, und zwar völlig unabhängig davon, ob bereits ein Auslieferungs­gesuch des betreffenden Landes vorliegt oder nicht. Das ist ein politischer, kein rechtlicher Prozess.“ Prof.Melzer, Republik-Interview 31.1.2020 Melzer zeigt, ganz anders als ZAPP, den Vorgang als Teil der juristischen Drangsalierung eines zu Unrecht Angeklagten und folgert: „Es ist Schweden nie um die Interessen der beiden Frauen gegangen. Assange wollte ja auch nach der Verweigerung einer sogenannten Nicht­auslieferungs­zusicherung immer noch aussagen. Er sagte: Wenn ihr nicht garantieren könnt, dass ich nicht ausgeliefert werde, stehe ich euch in London oder über Videolink für Befragungen zur Verfügung… Es gibt genau für solche Justizfragen ein Kooperations­abkommen zwischen Gross­britannien und Schweden, welches vorsieht, dass für die Einvernahme von Personen schwedische Beamte nach England reisen oder umgekehrt. Oder dass man eine Vernehmung per Video macht. Das wurde in jenem Zeitraum zwischen Schweden und England in 44 anderen Verfahren so gemacht. Nur bei Julian Assange hat Schweden darauf bestanden, es sei essenziell, dass er persönlich erscheine.“ Prof.Melzer, Republik-Interview 31.1.2020

Auch der Spiegel profitierte von Wikileaks

Die Darstellung von ZAPP scheint dagegen einseitig zu Lasten von Julian Assange Fakten wegzulassen, Hintergründe nicht aufzuklären. Dabei hätten sie mit Prof.Melzer alle nötigen Fakten und Erklärungen zur Hand gehabt, einen Klick im Netz entfernt. „Man kann nicht über alles berichten“ wirkt als Rechtfertigung immer unglaubwürdiger. Anschließend lässt ZAPP wieder Boström zu Wort kommen: „Die Staatsanwaltschaft zeigte wenig Initiative, den Fall voranzutreiben… Warum das so war, kann ich nicht sagen, aber es ist merkwürdig.“ ZAPP: „Nach neun Jahren wird das Verfahren in Schweden im vergangenen Herbst eingestellt. Die oberste Staatsanwältin lehnt jede Äußerung zum Fall Assange ab.“ Warum zitiert ZAPP an dieser Stelle wieder nur Boström? Prof.Melzer hat wiederum viel deutlicher und stichhaltiger dazu Stellung genommen: „Nach Wieder­aufnahme der Vergewaltigungs­vorwürfe lässt Assange wiederholt durch seinen Anwalt ausrichten, dass er dazu Stellung nehmen will. Die zuständige Staats­anwältin wiegelt ab. Mal passt es der Staats­anwältin nicht, mal ist der zuständige Polizist krank. Bis sein Anwalt drei Wochen später schreibt: Assange müsse nun wirklich zu einer Konferenz nach Berlin. Ob er das Land verlassen dürfe? Die Staats­anwaltschaft willigt schriftlich ein. Er dürfe Schweden für kurzfristige Abwesenheiten verlassen… Der Punkt ist: An dem Tag, an dem Julian Assange Schweden verlässt, wo noch gar nicht klar ist, ob er kurzfristig geht oder langfristig, wird gegen ihn ein Haftbefehl erlassen. Er fliegt mit Scandinavian Airlines von Stockholm nach Berlin. Dabei verschwinden seine Laptops aus seinem eingecheckten Gepäck.“ Prof.Melzer, Republik-Interview 31.1.2020

Schweizer  Politiker wollen Assange Asyl geben

ZAPP: „Inzwischen haben die USA seine Auslieferung beantragt. Auch deshalb sitzt er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Sein Gesundheitszustand offenbar dramatisch.“ Warum eigentlich nur „offenbar“ dramatisch? Danach folgt eine Aussage von Prof.Melzer, dass der Inhaftierte alle Anzeichen jahrelanger psychologischer Folter zeige. Ist der seit Jahrzehnten bei der Aufklärung von Folter im Dienste der UNO erfahrene Jura-Professor Melzer für ZAPP nicht glaubwürdig genug, um die Relativierung „offenbar“ hier wegzulassen? Über diese von Melzers Glaubwürdigkeit zeugende Attribute informiert ZAPP seine Zuschauern wohlweislich nicht. Unser Fazit: ZAPP bietet seinem speziellen, medienkritischen Zuschauerkreis etwas mehr Details aus den Melzer-Publikationen. Aber die brisantesten Fakten werden weiterhin verschwiegen: Dass Aussagen manipuliert und damit Beweise gefälscht wurden, um Assange das Stigma des „Vergewaltigungsverdacht“ anhängen zu können. Dass dahinter sehr wohl eine Verschwörung steckt -Polizisten wurden von oben angewiesen, die Protokolle zu manipulieren. Dass man den Interpol-Haftbefehl inszenierte. Dass man rechtswidrig wiederholt und über Nacht die Presse informierte, so dass Julian Assange von der Vergewaltigungsbezichtigung erst aus der Zeitung erfuhr. Kurzum: Dass es sich offensichtlich um eine Rufmord-Kampagne handelte, was ZAPP aber als Schlussfolgerung nicht selber zieht, sondern nur von Prof.Melzer zitiert. Das ist nicht das, was wir von einem „Medienmagazin“ erwarten, das uns eigentlich über Fakenews mit maximaler Recherchegenauigkeit informieren sollte.

Herzlichen Dank. liebe Daniela, lieber Hannes, für diesen Text!

PS: Zur jetzt in Österreich wieder hochgekochten Eurofighter-Affäre gehören auch vom Mainstream ignorierte Recherchen von mir, die mich politischer Verfolgung ebenfalls mit dem Mittel der Justiz aussetzen. Dies bezeichnender Weise, weil ich ein Bauernopfer in der Eurofighter-Affäre entlasten kann, das nicht nur als Minister massivem Druck ausgesetzt war, was natürlich auf entsprechende Kräfte verweist, die zu so etwas imstande sind. Ich bat Lahodynsky um Hilfe, der jedoch  nur meinte, ich solle mich an seine „Profil“-Kollegen wenden, die  sich ebenfalls mit den Eurofightern befassen. Das tat ich schon x-mal vergeblich, wandte ich ein; sein Kollege Michael Nikbakash ist zwar jetzt beim Organized Crime and Corruption Reporting Project, reagiert jedoch auf nichts. Natürlich hake ich auch bei Lahodynsky nach; konkretes Engagement versprach immerhin Annemarie Schlack von Amnesty. An den ÖCJ wandte ich mich ebenso wie an Reporter Ohne Grenzen (wo allerdings Gabriel Lansky eine Funktion hat…) mehrfach vergebens. Da auch der SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda anwesend war, wandte ich mich auch wieder einmal an ihn – da es ja auch die Abgründe der SPÖ betrifft. Meine Recherchen haben auch indirekt Bezug zu Wikileaks, weil mir Cablegate erstmals die Dimension der Auseinandersetzung zwischen Airbus und Boeing deutlich machte, die ein Teil der Eurofighter-Wahrheit ist.

PPS: Ich bin für jede Form der Unterstützung sehr dankbar, auch für Informationen, einen ruhigen Platz zum Arbeiten usw. Bitte meldet euch unter 06508623555 oder alexandra(at)ceiberweiber.at

Danke! Alexandra Bader

10 Kommentare zu „Free Julian Assange!

  1. Auch in Wien gibt es nun Mahnwachen für Julian Assange. Der Europarat, die Vereinten Nationen, das EU-Parlament fordern seine Freilassung.
    „Unser“ Lügenkanzler Kurz fordert das nicht, obwohl der Inhaftierte Julian Assange alle Anzeichen jahrelanger psychologischer Folter zeigt.
    Wo kämen wir hin, wenn er plötzlich der Wahrheit die Ehre gegeben würde.

    Gefällt 1 Person

    1. Warum verstehen Sie das nicht? Herr Kurz hat Wichtigeres zu tun: mit Merkel zu plaudern, mit Soros zu diskutieren, Menschenströme mit gutem Zureden fernzuhalten,…….. Assange könnte seiner Karriere nicht dienlich sein?

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      1. Es geht auch um MEIN LEBEN: denn ich werde von der Justiz TOTGEHETZT!!! ich bin völlig erschöpft!

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      2. LiebeFrau Bader, Sie nehmen doch hoffentlich nicht an, dass mein Kommentar ernst gemeint war. Ich finde es höchst zynisch, dass niemand aus der Politik Ihnen Unterstützung anbietet. Man hat Ihnen alles genommen, Ihre Ehrlichkeit und Korrektheit als Einzelfall interessiert einen Politiker nicht. Sie haben es längst durchschaut, hilft Ihnen aber nicht. Als Einzelkämpferin haben Sie keine Unterstützung, keine Lobby.
        Ich hoffe aber trotzdem, dass Sie ein wenig existenzielle Sicherheit gewinnen. Die sogenannte politische Frauensolidarität hat sich ja auch unsichtbar gemacht. Wo bleiben die „Kämpferinnen für Frauen“ wie Rauch-Kallat?

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    2. Wenn die die Vereinten Nationen und das EU-Parlament die Freilassung forden, dann sollte das zu denken geben….

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  2. auch weil der Umgang mit ihm an Folter grenzt.

    Es grenzt nicht nur „bloß“ an Folter, liebe Frau Bader, sondern ES IST Folter; im Übrigen eine Lieblingsbetätigung diverser Regierungen, und das besonders innerhalb der westlichen „Wertegemeinschaft“ !!!

    Mutmaßlich auch in Österreich, oder als was, wenn nicht als Folter, sollte, zum Beispiel, die organisierte Entrechtung geistig Gesunder Personen mittels Sachwalterschaft sonst bezeichnet werden ?

    Wie auch immer

    MfG

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  3. «Don’t you dare get cold feet!!» Kriegt jetzt bloss keine kalten Füsse.

    „Don’t you dare get cold feed“ = „‚Wage nicht, Untersteh Dich‚ bzw ‚Unterstehen Sie sich‘, einen Rückzieher zu machen„. Muss leider eindeutig, was die Wortwahl betrifft, als Nachdruck verleihende Drohung begriffen werden 😦

    Don’t you dare to contradict me ! 😀

    Wie auch immer

    MfG

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  4. Via IPad, da unterwegs: eine Beobachtung gestern abend Kreisky-Forum Diskussion mit Clemens Jabloner u Isolde Charim. Beide merkwürdig verzaubert von Uebergangsregierung, sehen diese als nahezu Josephinisch. Viel Hirnw***** Jenseits der Justizrealitaet. Jabloner sehr unangenehm, dass ich Eurofighter-Vergleich etc anspreche, er eilt dann auch sofort weg,,,

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    1. vielen dank fürs verbreiten, das hilft auch mir, denn je mehr auf meine seite aufmerksam werden, desto mehr druck entsteht, damit ich endlich geschützt bin!

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