Coup Teil 43: Wer erpresst wen?

Zwei Monate nach Ibizagate wirkt Heinz-Christian Strache erleichtert, Norbert Hofer eher ängstlich und Herbert Kickl scheint forsch wie eh und je – aber warum bestehen diese Unterschiede? Hat Kickl am Ende Recht, wenn er vermutet, dass es noch mehr Videos in Ibiza-Machart gibt, die gegen andere Personen eingesetzt werden? Würde eine Spur zum Verfassungsschutz die SPÖ und ihren „Berater“ Tal Silberstein aus dem Rennen nehmen oder wurden mehrere Ebenen zwecks Verschleierung dazwischengeschalten? Ziemlich schräg ist die Optik jedenfalls für die ÖVP, da ein Kanzleramtsmitarbeiter am 23. Mai unter falschem Namen Akten schreddern liess, die Rechnung nicht bezahlte, aber durch seine Handynummer identifizierbar war. Es ist nichts Außergewöhnliches, dass Unterlagen in den Reißwolf wandern, wobei man auch das bisweilen entsorgt, was im Staatsarchiv aufgehoben werden müsste. Im Eurofighter-Ausschuss spielte in der Schlußphase ein Stahlschrank wieder eine Rolle, in dem angeblich zehn Jahre lang der Vergleichsentwurf (vom 24. Mai 2007) daahindämmerte, um am 2. Juni 2017 „plötzlich“ entdeckt zu werden. Tatsächlich wurde dieser Schrank aber regelmäßig geleert, schon allein, weil der illegal operierende Kabinettschef Stefan Kammerhofer dort Unterlagen aufbewahrte, was ein medial unterdrückter SPÖ-Skandal ist. 

Es ist bezeichnend, dass Ex-Innenminister Kickl mit dem Label „Verschwörungstheorien“ zitiert wird: „Für ihn sei klar, dass das Video vor allem der ÖVP genützt habe. Auf den Einwand des ‚Presse‘-Chefredakteurs Rainer Nowak, die Ibiza-Affäre habe ja auch die ÖVP-Regierung zu Fall gebracht, wiederholt Kickl: ‚Es kann ja manchmal sein, dass eine Sprengladung etwas zu stark dimensioniert ist.‘ Jedenfalls sei nach dem Zusammenbruch der Regierung verdächtig schnell eine Expertenregierung aus dem Hut gezaubert worden, dies rieche nach einem ‚Plan B‘. Es ist nicht die einzige Verschwörungstheorie, die Kickl im halbstündigen Gespräch anklingen lässt. So vermutet der Ex-Innenminister, dass mehr als nur ein kompromittierendes Video à la Ibiza hergestellt wurde. So fragt er den Journalisten: ‚Herr Nowak, können Sie ausschließen, dass andere Leute in dieser Republik vielleicht mit ähnlichen Methoden bearbeitet wurden, erpresst wurden, unter Druck gesetzt wurden?‘ Und verweist vielsagend auf andere Polit-Rücktritte in der jüngeren Vergangenheit. ‚Es gibt Leute, die plötzlich und überfallsartig die Politik verlassen haben, die ihnen doch immer alles bedeutet hat.‘ Wer diesen Ereignissen nicht nachgehe, dem fehle die nötige Sensibilität. Auch hier erwähnt er Kurz namentlich.“ Das könnte auch erklären, warum Strache einen heiteren, ironischen Eindruck hinterlässt.

Transatlantisches Forum Alpbach zu Ibiza

Mit anderen Worten hat Strache es hinter sich – er wird das Kopfkino nicht mehr anwerfen, das ihm seine Gegner aufgezwungen haben, das „was wäre, wenn…?“ (siehe auch Teil 35). Mit einer Ausnahme allerdings, da ein V-Mann Anschlagspläne wälzte, was Strache erst vor kurzem erfahren hat, weil man es nicht der Mühe wert fand, ihn davon zu informieren (siehe auch Teil 31 und 32). Strache muss sich jedenfalls nicht mehr vorstellen, was jemand plötzlich in Medien platzieren könnte, die sich dann selbst für ihre Rolle in der Demokratie loben, sondern er weiß schon, was passieren kann. Zu Recht weist Kickl auf Rücktritte hin und darauf, dass einige Politiker widerspruchslos hinnahmen, wogegen sie doch protestieren hätten müssen, dass sie sich nicht wehrten. Andere hingegen können stets bleiben, man denke etwa an Christian Kern nach der Verhaftung von Tal Silberstein, oder an Alfred Gusenbauer (immerhin Kerns Geschäftspartner und vieles mehr). Man beachte, dass Kickl selbst zwar immer wieder zum Rücktritt aufgefordert wurde, seine Entlassung aber von Sebastian Kurz ausgehen musste (setzte man diesen vielleicht unter Druck?). Welche Videos existieren noch, die nie das Licht der Öffentlichkeit erblickten, wiel die Zielpersonen lieber gingen? Und was wird noch so alles eingesetzt? Endet die Spur schon beim BVT, wie viele meinen, oder fungiert es (illegalerweise) als Auftragnehmer fremder Dienste, die selbst andere einspannen?

Tweet von Rudi Fussis Geschäftspartner

An Bord jener Maschine, mit der Strache 2017 nach Ibiza flog, sollen auch drei Mitarbeiter des BVT gewesen sein. Man sollte sie auf jeden Fall ins Puzzle jenes Monats aufnehmen – und die BVT-Affäre zu den Faktoren hinzufügen, die beim Einsatz des Materials 2019 eine Rolle spielten. Denn das Zusammenwirken fragwürdiger Personen im BVT mit politischen Interessen wurde immer deutlicher, gerade auch wenn es – Stichwort Identitäre – direkt oder indirekt gegen die FPÖ gerichtet war. Man muss wissen, dass der Gründer des BVT Gert Polli keine Kooperation von Mitarbeitern mit fremden Diensten für deren Interessen wünschte, aber via Medien und „Aufdecker“ Peter Pilz abgeschossen wurde. Kann es sein,, dass die ÖVP das Ibiza-Video publizieren ließ, sich Kurz aber bei den erwarteten Auswirkungen verkalkulierte, wie Kickl unterstellt? Wenn sein Rücktritt das eigentliche Ziel war – weil er nicht selbst aufklären sollte -, hätte den Türkisen klar sein müssen, dass die FPÖ dann die Regierung verläßt und Kurz das Misstrauen ausspricht. In dieser Situation, mit der Aussicht auf einen erfolgreichen Misstrauensantrag gegen Kurz, ließ dann ein BKA-Mitarbeiter Akten schreddern, was kaum nur auf seinem Mist gewachsen sein wird. Man kann unten sehen, wie sehr die Justiz bei Ibizagate auf Zack war, während sie zugleich in anderen Fällen Zusammenhänge nicht begreifen will, die man jedem in fünf Minuten erklären kann.

Georg Renner (Kleine Zeitung) auf Twitter

Kickl sieht eine türkis-rote Koalition schon ausgemacht, doch die ÖVP befürchtet Silberstein-Methoden, auch weil man wieder die Werber von 2006 auswählte. Die SPÖ richte wieder einen „War-Room“ ein, wird kritisiert, doch dieser Begriff stammt von den Wahlkämpfen Stanley Greenbergs (später auch mit Silberstein) beginnend mit Bill Clinton in den USA 1992. Der Begriff verbreitete sich rasch, wie man z.B. in Michael Crichtons Roman „Airframe“ von 1996 sehen kann, wo die Krisenkommunikation des fiktiven Flugzeugherstellers Norton in einem solchen stattfindet. Manche Medien versuchen, Türkisrot herbeizuschreiben, was daran erinnert, dass die SPÖ zuletzt bei regulären Nationalratswahlen 2013 siegreich war (mit Werner Faymann und Norbert Darabos). Sowohl Kickl als auch Kurz sind im Visier von Kurier-Herausgeber Helmut Brandstätter, der für die NEOS kandidieren will (und es jetzt auch tut). Rein zufällig interviewte der Kurier gerade Hans Peter Haselsteiner, den Geschäftspartner von Alfred Gusenbauer, Christian Kern, Martin Schlaff und Rene Benko. Natürlich ohne kritische Fragen zu Erl und Gustav Kuhn oder zu den Kern–Firmen in Israel ein einem militär- und geheimdienstaffinen Bereich. Wenn NEOS-Sponsor Haselsteiner Matthias Strolz heruntermacht, aber Beate Meinl-Reisinger lobt, fragt sich, warum Strolz eigentlich auch recht spontan die Politik verlassen hat. Wenn Brandstätter von Interventionen bei Medien spricht und meint, dass „Türkisblau zu einer „autoritären Republik“ führe, vergißt er ganz seine eigene zwielichtige Rolle.

Kern schmeichelt Brandstätter

Es war die Romy-Verleihung des Kurier, bei der Jan Böhmermann per Video Ibiza-Andeutungen machte. Als der heutige (und „koalitionsbereite„) Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und der Abgeordnete Peter Pilz sich auf Darabos und Airbus einschossen, bildete der Kurier eine willige Plattform, auch für Pilz-Drohungen gegen Darabos. 2017 stellte man Doskozil auch mit Margaretha Kopeinig eine Biografin zur Verfügung, die nun als seine EU-Beauftragte wirkt. Wenn sich Brandstätter über „Interventionen“ von/für Kurz und Kickl beklagt, so vergißt er, dass mit der SPÖ 2007 autoritäre Zustände im Verteidigungsressort Einzug hielten, mit einem illegal „regierenden“ Kabinettschef und einem unter Druck gesetzten Minister. Kurier und Co. deckten nicht auf, sondern lieferten die Coverstory ganz im Sinne fremder Geheimdienste dazu: Norbert Darabos sei „nicht am Heer interessiert“, weil er 1988 Zivildiener war – so wurde verschleiert, dass Kabinettschef Stefan Kammerhofer (von Kern später zum Abteilungsleiter bei den ÖBB ernannt) den Minister abschottete. Weil ich auch von Darabos ferngehalten wurde und nach und nach trotz brutaler Schikanen die Hintergründe recherchierte, kann ich wirklich über Repressionen sprechen, die sich Brandstätter nur einbildet. Es passt ins Bild, dass Figuren wie Brandstätter Medienpreise erhalten, zuletzt den Ari Rath-Preis (was auch bezüglich seiner Agenda stimmig ist).

Autor James Patterson über Jeffrey Epstein

Nach der Verhaftung von Jeffrey Epstein ist das Interesse an Connections zu Österreich natürlich recht groß und viele fragen sich, ob Politiker mit entsprechendem Material erpresst werden. James Patterson recherchierte übrigens lange mit einem Team, um dann über Epstein zu schreiben und festzustellen, dass viele gewusst haben, aber nicht wissen wollten. Im Moon of Alabama-Blog gibt es eine interessante und nachvollziehbare Erklärung: „Epstein offered the post puberty teenyboppers he seduced and/or bribed to the rich people he knew. He invited lots of interesting people – artists, scientists, politicians, rich businessman – to his exclusive parties. There were always these young girls around. There was always a free bedroom. There were also cameras in place. When one of the rich guys messed with a girl Epstein would blackmail him. But instead of taking cash he asked them for investments in his offshore hedge fund. For someone who owns billions it is peanuts to put a few dozen millions into a fund. It is legal. The money isn’t gone. It will even bear interests. Epstein is not known for having done much currency trades or other larger Wall Street transactions. His company is small, he didn’t work a lot. It is likely he mostly re-invested the money in a simple index stock fund which follows the S&P 500. Those type of funds brought over the years quite a good profit.“

TV-Diskussion

Nun wird auch darüber diskutiert, dass Epstein bereits frühere Ermittlungen und eine lächerliche Strafe nicht in den Kreisen unmöglich machten, in denen er sich bewegte. Die Situation seiner Opfer und ihre ohnmächtige Wut sind für uns dann leicht vorstellbar, was auch für andere gilt, die dem Wirken scheinbar immuner Mächtiger ausgesetzt waren. Die These bei Moon of Alabama hat etwas für sich, solange es um Personen geht, die genug Kapital flüssig haben – was aber ist der Deal zum Beispiel mit Politikern? Wie sieht es zum Beispiel bei Ehud Barak aus (bei dem Tal Silberstein 1999 sein Wahlkampfdebut hatte), der nicht in Epstein investierte, sondern in den die von Epstein unterstützte Wexner Foundation investierte? Was ist mit Bill Clinton, dessen enge Beziehung zu Epstein schon lange bekannt ist und von dem die Gusenbauer-Häupl-SPÖ in den 2000er Jahren ihre Wahlkampfberater hatte? Und wurde Epstein bisher (nicht als Einziger) geschont, weil er „den Geheimdiensten“ gehört? Unten wird thematisiert, dass Barak Vorstandvorsitzender einer Sicherheitsfirma namens Carbyne ist, die wie eine Front von Geheimdiensten und Militär wirkt und in der Deutsche Nicole Junkermann eine der Direktoren ist, die auch mit Epstein flog. Welche Vereinbarungen treffen Politiker, die ohne sich je anzustrengen z.B. zu Aufdeckern gehypt werden – siehe Kritik von Irmgard Griss an Pilz: „Ich finde etwa, dass Peter Pilz eine Medienpräsenz hat, die seiner Bedeutung im Parlament nicht entspricht. Im BVT-U-Ausschuss haben andere Abgeordnete viel mehr aufgedeckt und gearbeitet.“ Man hört hier, wie Pilz nach wie vor von der Presse streichelweich behandelt wird.

Barak, Epstein, Junkermann, die Unit 8200 und der Mossad

Wenn verharmlosend berichtet wird, dass Christian Kern „beim Sicherheits-Netzwerk SOSA andockt“, so handelt es sich um jenen Bereich, dem wir auch Carbyne zuordnen können. Und es gibt einen indirekten Zusammenhang, denn FinTLV investiert bei Carbyne und hat mit SOSA zu tun, wo wir nun auch Kern finden: „FinTLV is a Venture Capital Fund and Open Innovation platform, focusing on Insurtech and Fintech technologies. Chosen by Celent as ‚…one of the key elements in Israeli fintech infrastructure…‘, and powered by SOSA (a leading innovation hub in Israel), FinTLV is pioneering the future of insurance technology through a unique program which fosters a mutually beneficial relationship between entrepreneurs and multinational financial corporations, bridging the gap between demand and supply of innovation.“ Nicht nur beim Trump-Dossier, sondern auch bei Epstein und verdeckter Einflussnahme auf österreichische Politik müssen wir an mehrere Geheimdienste denken. Wer nicht mit ihnen „kooperieren“ will, hat eine alles durchdringende geballte Macht gegen sich. Auch Kickl muss das bedenken, statt alles „schwarzen Netzwerken“ zuzuschreiben, womit er sich herumärgerte. Denn es iat sehr wenig mit der ÖVP zu tun, wenn der Verfassungsschutz Hinweisen auf realen Druck auf Politiker (wegen Mossad, CIA, MI6?) nicht nachgehen darf, stattdessen Fake-Stories aufgebauscht werden.

PS: Ich bin jetzt in Wien, nach wie vor in prekärer Lage und freue mich auf Treffen mit Usern und Informanten  Ihr erreicht mich unter 06508623555 Alexandra Bader

10 Kommentare zu „Coup Teil 43: Wer erpresst wen?

  1. Dazu passend Herbert Kickl in der „Presse“, es ist hinter der Bezahlschranke, er stellte das Interview aber auf Facebook:

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  2. (…) Nicht nur beim Trump-Dossier, sondern auch bei Epstein und verdeckter Einflussnahme auf österreichische Politik müssen wir an mehrere Geheimdienste denken. (…)

    22. Juni 2018

    BND-Spionage – Ausgespäht
    Warum hat der deutsche Nachrichtendienst in Österreich spioniert?
    ————————————————————————–
    Wenn die Spitze der Republik, Bundespräsident und Bundeskanzler, an einem sommerlichen Samstagnachmittag die Medienvertreter zusammentrommelt, um eine gemeinsame Erklärung zu verlesen, muss sich Außergewöhnliches zugetragen haben.

    Am vergangenen Wochenende entschlossen sich Alexander Van der Bellen und Sebastian Kurz zu diesem Schritt, der in seiner Dramatik in der jüngeren Vergangenheit kein Vorbild kennt.

    „Ein Ausspähen unter befreundeten Staaten“, befand das Staatsoberhaupt, „ist nicht nur unüblich und unerwünscht, es ist nicht akzeptabel.“

    Und Kanzler Kurz ergänzte, er erwarte sich volle Aufklärung darüber, „wer hier überwacht wurde, wann die Bewachung beendet wurde“………..

    https://www.zeit.de/2018/26/bnd-spionage-oesterreich-daten

    Zu diesem Artikel gibt es 47 Kommentare
    der Leser.

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  3. Brauche dringend eure Hilfe, liebe Leser, in Form einer sicheren Unterkunft. Jeder Tag zählt, an dem ich in Sicherheit bin (samt Katern, sie sind sehr lieb und schon älter, ganz brav)

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  4. Hallo Frau Bader,

    ich habe ihren Notruf (neue Unterkunft) in das Gelbe Forum in Deutschland gestellt.
    Es hat eine ordentliche Reichweite und sicher auch viele Leser aus Österreich.

    Ob es hilft, kann ich Ihnen nicht versprechen, aber einen Versuch ist es allemal wert.
    Alles Gute für Sie!

    mfG
    H.Müller

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  5. Da tun sich ja Tiefen auf, sapperlot!
    Unser lieber „Mr. Shorty“ scheint doch nicht so korrekt zu sein wie er vorgibt. Hauptsache er präsentiert sich als Moralapostel . Eben, ein Bluffer par excellence!

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