Wenn Boeing über Leichen geht

Auch Piloten sind entsetzt darüber, dass das MCAS der Boeing 737 Max die Kontrolle über das Flugezeug übernehmen kann, was bereits zu zwei Abstürzen führte. Es war Panik wegen der Konkurrenz mit Airbus, die den größten US-Exporteur dazu verleitete, rasch eine veränderte Version ihres Verkaufsschlagers B-737 auf denn Markt zu bringen. Auch bei der B-737 Next Generation wollte man Airbus Parole bieten und agierte ungeheuer leichtsinnig, weil man für besonders sensible Bereiche einen fehlerhaft arbeitetenden Zulieferer hatte.  Als United Airlines mit dem A320 einen Fly-by-Wire-Passagierjet kaufte, sah sich Boeing herausgefordert, die 737 weiterzuentwickeln. Man stellte dabei auf die computergesteuerte millimetergenaue maschinelle Fertigung von Einzelteilen um, die traditionell in mehreren US-Bundesstaaten Jobs schuf. 2011 war es die Absicht von American Airlines, ihre Flotte mit A320neo (new engine option) zu ergänzen, die dazu führte, mit der B-737 Max mithalten zu wollen, sie überhaupt erst zu kreieren. In beiden Fällen geht es um „single aisle, narrow body“-Flugzeuge, also schmaler Rumpf, ein Kabinengang und bis zu sechs Sitze pro Reihe. Nur vor diesem Hintergrund ist verständlich, wieso Airbus seit Jahren verdeckt über gewisse österreichische Politiker und Medien attackiert wird.

2017 erstattete der damalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil mit der US-Kanzlei Skadden, heimischen Anwälten, seinen Kabinettsmitarbeitern, der Lobbyingfirma FTI Consulting Anzeige gegen Airbus und war darauf bedacht, auch für nachhaltig schlechte Presse zu sorgen und den Börsenkurs zu drücken. Vorwand war der 2002 beschlossene und im Jahr darauf unter Dach und Fach gebrachte Kauf von Eurofighter Typhoon statt sich für von der US-Regierung angebotene F-16 von Lockheed Martin zu entscheiden. Heutige Debatten darüber, dass Boeing seine Flugzeuge praktisch selbst prüft und Profit wichtiger ist als Menschenleben, kommen früheren Whisteblowern bekannt vor. Jeannine (Gigi) Prewitt und Taylor Smith waren Einkäuferinnen bei Boeing und inspizierten den Zulieferter Ducommun, wo sie fassungslos sahen, dass Teile kaum von Maschinen, sondern von Hand zurechtgeschnitten und mit Löchern für Nieten versehen wurden. Dazu kam es im Jahr 2000, als sie Klagen von Monteuren hörten, dass die von Ducommun produzierten struktruverstärkende Teile nicht passten. Gigi Prewitt sah eine Arbeiterin neue Löcher bohren und andere hämmerten Teile zurecht; Taylor Smith enthüllte, dass Ducommun falsche Angaben in Protokollen über die Fertigung machte.

Dokumentation über die B-737 NG

Bei Boeing war man anfangs an einer Untersuchung interessiert, gab den Frauen dann aber zu verstehen, dass sie geklagt werden, wenn sie weiter in die Tiefe gehen. Die obige Doku basiert auf jahrelangen Recherchen und wird so beschrieben: „But by the mid-1990s Boeing had begun to lose market share to its European rival, Airbus. To regain its pre-eminent position, Boeing decided to build an entirely new version of the 737 – the Next Generation. Earlier models were built by hand: as a result the dimensions or accuracy of each individual part would often be marginally different, resulting in the need for assembly workers to pack out gaps with ’shims‘ or fillers. These added to the overall weight of an aircraft, making it more expensive to fly. Parts for the new 737NG plane were to be designed, manufactured and built by a revolutionary new computerised process called ATA. Not only would this ensure that each individual part was identical, but that each would be precise to within 3000ths of an inch.“ Das sollte zu mehr Sicherheit und größerer Belastbarkeit der Jets führen, doch in der Realität gab es rund 200 Meldungen über Korrosion gerade bei den heiklen Teilen, und das bereits nach weniger als acht Jahren. Man weiß, dass Risse sich rasch vergrößern und dazu führen können, dass ein Flugzeug in der Luft auseinanderbricht.

Boeing und die Federal Avitation Authority

Es gab tatsächlich drei nahezu identische Unfälle, bei denen eine 737 NG über die Landebahn hinausschoß und in drei Teile zerbrach (mit Verletzten und Toten) und zwar stets an den gleichen Stellen, wo von Ducommun gefertigte Teile zurechtgehämmert werden mussten (siehe Turkish Airlines Flight 1951American Airlines Flight 331 und AIRES Flight 8250).  Als die Federal Aviation Authority schließlich die Angaben der Whisteblowerinnen untersuchte, wonach zwischen 1994 und 2002 fehlerhafte Teile eingebaut wurden, begnügte sie sich damit, die Webseite von Ducommun zu konsultieren. 2005 strengten diese ein Verfahren an, das sich lange hinzog, doch die Justiz stellte sich – wenig überraschend – auf die Seite von Boeing. Auch das US-Verteidigungsministerium hatte mehr als zwei Dutzend fehlerhafte Maschinen gekauft, verteidigte jedoch den Hersteller. Natürlich kooperiert das Pentagon (und die CIA) eng mit Boeing, Lockheed und anderen Rüstungsfirmen, etwa bei Hellfire-Drohnen. 1987 verkaufte Boeing mehr B-737 als je zuvor, doch ab 1988 wurde der A320 ausgeliefert; Boeing war ab 1991 beunruhigt über die Konkurrenz. Damals war Dick Cheney US-Verteidigungsminister;  als bei der Fertigung der 737NG gepfuscht wurde, war Bill Clinton und dann George W. Bush Präsident und William Perry, William Cohen und dann Donald Rumsfeld fungierten als Verteidigungsminister.

Flight Envelope Protection vs. MCAS

Als die SPÖ 2006 wie schon 2002 Wahlkampf gegen die Eurofighter führte („beraten“ vom Clinton-Berater Stanley Greenberg mit Tal Silberstein), war Ex-CIA-Direktor Robert Gates Verteidigungsminister, ihm folgte 2011 Leon Panetta, den Barack Obama 2009 zum  CIA- Chef ernannt hatte. Für die Inauguration von Donald Trump im Jänner 2017 ließ Boeing-CEO Denis Muilenburg eine Million Dollar springen; im März 2017 wurde Boeing-Manager Patrick Shanahan Vizeverteidigungsminister. Am 25. September 2014 hatte der A320neo seinen Erstflug und wurde ab 25. Jänner 2016 ausgeliefert (in Österreich wurde Doskozil am 22. Jänner als Minister angelobt). Der Erstflug der 737 Max fand am 29. Jänner 2016 statt und die Erstauslieferung startete am 22. Mai 2017. Inzwischen weiß man, dass selbst Testpiloten keine Ahnung vom MCAS-System hatten, das einen Strömungsabriß verhindern sollte. Weil Boeing kein komplett neues Flugzeug bauen und zertifizieren lassen wollte, veränderte man eben wieder einmal die aus den 1960ern stammende 737 und orientierte sich am A320neo – manche meinen denn auch iroinisch, dass die Max der erste Airbus von Boeing sei. Mit vergößerten Triebwerken, die nicht mehr unter die Flügel passen, hatte die Max eine veränderte Aerodynamik und neigte besonders nach dem Start dazu, durch den massiven Auftrieb bei niedriger Geschwindigkeit in einen zu hohen Anstellwinkel und damit in einen Strömungsabriß zu geraten.

Zur Entwicklung der Max

Da greift das MCAS sein, das jedoch vollständig die Kontrolle übernimmt, anders als die Flight Envelope Protection des A320, die einen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen Parameter Piloten agieren können. Außerdem ist die Zeitspanne sehr gering, in der Pilioten reagieren können, wenn sich die Maschine gerade erst im Steigflug befindet. In der australischen Serie 60 Minutes zeigt ein geschockter Pilot im Simulator, was bei den Crashes von Lion Air und Ethiopian vor sich gegangen sein muss – gerade mal fünf Sekunden bleiben, um im Handbuch zu blättern, ehe das MCAS wieder eingreift und die Maschine in einen unglaublichen Sinkflug im Winkel von 40 Grad zwingt, und das wiederholt sich bis zum Crash. Es gibt zwar schicke Videos von Testflügen, doch es wurde nie ausprobiert, was passiert, wenn der eine von zwei Anstellwinkelsensoren (Angle of attack, AOA), auf dem das MCAS basiert, versagen wollte. Es ist absolut unüblich, nur ein Meßinstrument als Basis zu verwenden, wenn wir etwa an drei Pitotrohre denken, welche die Geschwindigkeit eines Flugzeuges anzeigen. Wie AOA-Sensoren können Pitot-Rohre auch kurzfristig vereisen (siehe Air France Flug 447, ein A330) und manchen dann falsche Angaben. Würde das MCAS auf beiden AOA-Sensoren (rechts und links) basieren, müsste man Piloten im Simulator damit vertraut machen – so sparte Boeing wieder einmal Kosten.

Australische Doku (siehe auch Interview)

Bereits ein Jahr ehe im Oktober 2018 ein Lion Air-Flug abstürzte, wusste Boeing von Problemen mit dem MCAS. Als American Airlines 2011 ankündigte, 100 Jets aus der A320neo-Familie zu bestellen, wurde in Panik die Max entwickelt, da AA von Boeing einen Nachfolger der NG wollte; Whistleblower sprechen von permamentem Druck, Kosten zu reduzieren und fertig zu werden. Als man merkte, dass die Gefahr eines Strömungsabrisses besonders bei niedrigen Geschwindigkeiten besteht durch die vorgelagerten Triebwerke, wollte man dies mit dem MCAS korrigieren. Es gab für Piloten lediglich eine 60minütige Max-Einschulung auf einem iPad, das war alles; das MCAS wurde nicht erwähnt und war auch nicht in Handbüchern. Ein Pilot vergleicht es mit einem neuen Auto, das plötzlich selbständig agiert und gegen eine Mauer kracht. Der Händler erklärt dann, dass es automatisch bei Regen die nächste Garage ansteuert; von diesem Hersteller will man kein Auto mehr kaufen. Boeing wollte die Piloten „nicht mit Informationen überfrachten“ –  diese sind aber sehr gut darin, komplexe Infos zu verarbeiten. Man wusste nach dem Ethiopian-Absturz bald, dass der Jackscrew, das ist eine Gewindeschraube im Heck, die Nase der Maschine herunterdrückte, also das MCAS tatsächlich eingegriffen hat wie bei Lion Air. Oft ging es anscheinend gerade noch mal gut aus, denn Piloten meldeten inzwischen mehr als 200 Fehlfunktionen des MCAS .- was an die Anzahl der Berichte über Korrosion bei der 737NG erinnert. Doch zunächst wurde die Max-Familie zum größetn Verkaufsschlager in der Geschichte von Boeing; welche Probleme auftauchen, wenn man Flugzeuge basierend auf einer Grundkonstruktion aus den 1960er Jahren verändert (und warum man dies tut) zeigt das Video unten.

Warum die Max so gebaut wurde

Die Troubles für Boeing scheinen nicht zu enden, was auch den interimistischen Verteidigungsminster Shahanan trifft, denn er war für alle Entwicklungen der letzten Jahren mitveranwortlich. Etwa für die 787 (Dreamliner), die anscheinend zum Ladenhüter wird (siehe u.a. Emirates entfernen B-787), auch weil sie ebenfalls fehleranfällig ist. Das Urteil von Ex-Mitarbeitern über Dreamliner, die in einer erst 2009 eröffneten Fabrik in Charleston montiert werden, liest sich z.B. so:. „Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich niemals mit so einem Flugzeug fliegen würde. Das ist einfach eine Frage der Sicherheit.“ Der „Focus“ schreibt auch: „John Barnett, der mehr als drei Jahrzehnte für Boeing in der Qualitätssicherung arbeitete, bevor er sich 2017 zur Ruhe setzte, gab an, Metallsplitter gefunden zu haben, die über die Kabel der Flugzeugsteuerung hingen. Würden diese Kabel durch die Splitter durchtrennt, hätte dies ‚katastrophale‘ Folgen, so Barnett. Er habe dies mehrfach seinen Vorgesetzten gemeldet. Diese hätten ihn jedoch ignoriert und an einen anderen Teil des Flugzeugs beordert.“ Laut FAA, die bekanntermaßen Boeing-freundlich ist, wurde in Fliegern, die als „abfallfrei“ deklariert wurden, doch Abfälle gefunden, die sich entzünden hätten können. Boeing baute entgegen Warnungen der FAA (von 2007) anstelle herkömmlicher Akkus Lithium-Ionen-Batterien (jede wiegt rund 30 Kilo) zur Stromversorgung der Hilfsturbine für die Notbeleuchtung oder die Flugüberwachung ein. Diese führten zu einigen gefährlichen Zwischenfällen mit Bränden, sodass 2013 die damals erst 60 ausgelieferten 787 drei Monate Startverbot hatten (insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt bereits 600 gebaut).

Neues zur 737 Max

Die FAA reagierte am 13. Jänner 2013 auf das Grounding für Dreamliner in Japan mit einem Startverbot in den USA; auch nach dessen Aufhebung gab es jedoch Zwischenfälle. Selbst Feuer im Lagerraum von Jets gab es bereits, wenn Laptops mit vergleichsweise kleinen derartigen Batterien transportiert wurden. Traditionelle Batterien wiegen nun mal ca. 60 Kilo mehr, was eine Rolle spielt, wenn man auf Kohlefaserverbundstoffe beim Flugzeugbau setzt – doch das tun andere Hersteller eben auch. Etwa Airbus, dessen A350XWB zu 53 % aus diesem Werkstoff besteht; bei der Wartung muss man umso sorgfältiger arbeiten, da man Materialermüdung bei traditioneller Bauweise wesentlich leichter erkennt. Die 787 wurde einmal so beschieben: „Der Dreamliner ist Boeings ambitioniertestes Projekt in der Verkehrsluftfahrt-Sparte. Vor allem durch seine neuartige Bauweise aus Kohlenstofffaser und sparsame Triebwerke soll der Langstreckenjet rund 20 Prozent weniger Kerosin verbrauchen als vergleichbare Maschinen. Für die Fluglinien, deren größter Kostenfaktor der Treibstoff ist, ein hochinteressantes Produkt. Bereits vor der Erstauslieferung im Oktober 2011 hatte der Dreamliner weltweit für Spott gesorgt, nachdem der Starttermin wegen fehlerhafter Bauteile mehrmals verschoben werden musste.“ Der zentrale Fluglagencomputer “ADIRU” der 787 wurde übrigens in der Max eingebaut, weIL er bereits ein Genehmigungsverfahren durchlaufen hatte.

Ethiopian Airlines A350XWB

Was die 737 Max betrifft, mußte Boeing-CEO Muilenburg noch nicht vor dem US-Kongress aussagen; nun ermittelt aber auch das Justizministerium und Anwälte wie Mark Lindquist und Charles Herrmann vertreten Hinterbliebene; im Fall von Lion Air Flug 610 sind das auch Angehörige von indonesischen Politikern und Beamten. Bei Ducommun sah es noch ganz anders aus: „In 2000, Boeing convened an internal audit team to investigate quality control and regulatory compliance problems with parts manufactured by Ducommun. The parts in question were manufactured in the company’s Gardena, California factory, and were installed on as many as 300 Boeing 737 NG aircraft built from 1994. In the audit, Boeing alleged that Ducommun’s factories failed to produce parts using the specified processes and tolerances, and recommended that the relationship with Ducommun be re-evaluated. The audit committee also recommended that Boeing should seek financial recourse. Although the company stated that no such payment was made, Ducommun did ultimately agree to repay $1.6 million to Boeing as compensation for manufacturing problems and overbilling.“ In anderen Worten: Wenn bei Boeing Löcher gebohrt und Teile zurechtgehämmert werden müssen, geht es um Schadensersatz von Ducommun für den zusätzlichen Aufwand. Da wundert uns dann die Meldung nicht, dass Ducommun eine Ausschreibung als Zulieferer für die 737 Max gewonnen hat. Eine Notiz zur NG lautet:  „Evidence of widespread fuselage cracks and fatigue were found on a Southwest Airlines jet that made an emergency landing in Arizona with a hole in the cabin, a US safety investigator said.“

Boeing gegen Bombardier

Im Dezember 2018 taten sich Airbus und Lockheed zusammen, um gemeinsam mit dem A330 MRRT (Multi Role Tanker Transport) beim Pentagon für Betankungen (Aerial Refuelment) zu bieten. Als Ex-CIA-Chef Gates Verteidigungsminister war, versuchte man es gemeinsam mit Northrop Grumman, gewann die Ausschreibung (gegen die Boeing KC-767) auch, doch der Minister legte ein Veto ein. Deshalb wurde die KC-45 basierend auf dem A330-200 nie realisiert: „Im Sommer 2008 wurde die Bestellung wegen Verfahrensfehlern gestoppt und neu ausgeschrieben. Im März 2010 zog sich Northrop Grumman aus dem neuen Verfahren zurück, da man sich gegenüber dem Konkurrenten Boeing benachteiligt sah. EADS bot daraufhin der U.S. Air Force die KC-45 im Alleingang an, unterlag aber im Februar 2011 der Boeing KC-46.“ Wenn wir uns die Auseinandersetzung zwischen dem kanadischen Flugzeug- und Eisenbahnbauer Bombardier und Boeing ansehen, müssen wir über die Tankflugzeug-Frage Bescheid wissen wissen: „Hierzu wollte Northrop Grumman gemeinsam mit EADS Nordamerika auf dem Mobile Downtown Airport in Mobile (Alabama) ein neues Werk errichten, das auch für die Endmontage ziviler A330-Frachter genutzt werden sollte.

Boeing, Bombardier und Airbus

So war geplant, die Synergieeffekte des gemeinsamen Produktionsstandortes in Mobile zu nutzen, da die US Air Force ebenfalls eine große Frachttür und ein Palettenrollsystem, wie es die A330F mitbringt, für ihre Version des A330-Mehrzwecktankers nutzen möchte. Boeing legte gegen die Vergabeentscheidung am 11. März 2008 beim US-Rechnungshof Government Accountability Office (GAO) Protest ein, dem dieser am 18. Juni aufgrund von Vergabefehlern stattgab. Das GAO empfahl daher, das Bieterverfahren mit den beiden bisherigen Bietern neu zu starten. Die Bestellung wurde daraufhin ausgesetzt und eine neue Ausschreibung mit geänderten Anforderungen beschlossen. EADS und Northrop Grumman kritisierten diese Entscheidung als protektionistische Maßnahme und behaupteten, dass damit nur der unterlegenen Boeing-Gruppe nochmals die Gelegenheit gegeben werden soll, diesen milliardenschweren Auftrag ausschließlich im amerikanischen Binnenmarkt zu halten.“ Man muss wissen, dass Airbus den Markt für Tankflugzeuge außerhalb der USA ohnehin schon dominiert und heute mehr als 3200 Menschen in den USA direkt beschäftigt, unter anderem eben in Mobile, wo 2015 begonnen wurde, Jets der A320-Familie zusammenzubauen: „Since 1990, Airbus has spent some $200 billion dollars with hundreds of U.S. suppliers – $48 billion in the last three years alone. That spending helps support 200,000 American jobs. That business also makes Airbus the largest export company for the U.S. aerospace industry.“

Wolfgang Fellners oe24 war voreilig

Weder Boeing noch Airbus bieten Flugzeuge für regionale weniger frequentierte Verbindungen mit Platz für 100 bis 130 Passagiere an, sodass Bombardier mit seiner C-Serie diesen Markt bedienen wollte. Seitdem Transatlantikflüge auch mit zwei Triebwerken erlaubt sind, ist die Langstrecke eine weitere Option für kleinere Flugzeuge. Weil Delta Airlines, neben American und United die dritte große US-Fluglinie, 2016 bei Bombardier zu „Dumpingpreisen“ einkaufte, klagte Boeing dagegen und bekam zunächst Recht. Delta sollte 300% Strafzoll bezahlen (und weigerte sich), was natürlich ein Präzedenzfall wäre; 2018 wurde jedoch entscheiden, dass die US-Industrie dadurch nicht bedroht wird. Der Wikipedia-Eintrag zu dieser Kontroverse vermerkt auch: „Boeing was prepared for the possibility of losing military sales from the Canadian and UK reactions, but was surprised that Airbus took a majority stake in the program, which could cause EU retaliation, leading to the US possibly backing down. In its original April complaint, Boeing notes that ‚Airbus has opened a final assembly facility in Mobile, AL […] to produce Aircraft in the United States [and is] treated as a domestic Aircraft producer‘.“ 2017 einigten sich Bombardier und Airbus, dass der größere Konzern Mehrheitseigentümer der C-Serie wird, die in A220-Familie umbenannt und in Mobile montiert werden soll. Boeing reagierte, indem man dem direkten Konkurrenten Embraer (Brasilien) seine Zivilflugzeuglinie abkaufte. Übrigens verlangten die USA gerade von Kanada, Ausschreibungskriterien zu ändern, damit Lockheed mit den F-35 Erfolg haben kann. Es geht da immerhin um 88 Kampfjets; die Bezeichnungen für Militärflugzeuge werden übrigens vom Pentagon vergeben: „Typically for modern US aircraft, since the military pays the contractor for the aircraft’s development, so they are paying for it, and get to name it.“

Ist der A350 das weltbeste Passagierflugzeug?

Beim Eurofighter Typhoon ist naheliegend, dass er dem Panavia Tornado nachfolgen sollte, der auch ein europäisches Fabrikat ist, das nach schlechten Erfahrungen mit dem „Witwenmacher„, dem „Starfighter“(F-104 von Lockheed) entwickelt wurde. Was den A350 betrifft, so wurde dieser zunächst zurückgestellt, weil Airbus aus der Rivalität mit Boeing heraus zuerst den A380 auf den Markt brachte. Dessen Produktion wird nun eingestellt, auch wenn manche dies bedauern, weil sie von ihm begeistert sind. „Boeing tried to beat Airbus and instead did more damage to themselves than Airbus ever could“ kommentierte ein User treffend bei einem der 737 Max-Videos. Bedenkt man, wie fanatisch Doskozil selbst vier Tage nach dem Absturz der Ethiopian-Boeing im Eurofighter-U-Ausschuss gegen Airbus wetterte, fragt sich, ob Boeing nicht auch hinter seinem missionarischen Eifer steckt. Man kann jedenfalls einen Zusammenhang herstellen zwischen Lobbying der Podesta-Group (Lobbyisten auch für Boeing und Lockheed) für die frühere ukrainische Regierung u.a. mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, FTI Consulting und Skadden und Doskozils Kampagnen.

20.6.2017: Gusenbauer putzt sich ab

Denn Gusenbauer, Skadden und FTI sind der gemeinsame Nenner; bei Gusenbauer und Podesta muss man auch an die US-Demokraten und an fürstliche Honorare von Boeing und Lockheed für Reden von Bill Clinton denken. Dieser bezeichnete Airbus im Jahr 2000 als Gefahr für die US-Industrie; mit Gusenbauer teilte Clinton auch Berater wie Stanley Greenberg, der in SPÖ-Wahlkämpfen auch auf Tal Silberstein aus Israel setzte (einem Land, das loyaler Kunde von Boeing und Lockheed ist). Skadden sollte u.a. bei einer Klage in den USA helfen, die Airbus auf dem US-Markt schaden sollte; um diese machte Doskozil aber selbst im U-Ausschuss ein Geheimnis. Wenn man länger sucht, findet man einen Hinweis darauf, dass Reuters am 12. Februar 2018 berichtete, „Österreich“ habe im Dezember 2017 dem US-Justizministerium eine Sachverhaltsdarstellung übergeben („Austria provided the findings of the defense ministry’s investigation to international authorities“ einschließlich DOJ). Das steht dann wohl für Doskozil, der ebenfalls in seinen letzten Tagen im Ressort Amtskollegen in Schweden und den USA mitteilte,  Österreich wolle „Alternativen zum Eurofighter“ beschaffen. Doskozil-Nachfolger Mario Kunasek wurde davon nicht in Kenntnis gesetzt; Doskozil möchte auch Eurofighter- und AIrbus-Nationen von Ausschreibungen in Österreich ausschließen.

Doskozil zeigt Airbus an

Weiter oben sahen wir einen Clip von oe24, wo von Leonardo-Jets aus Italien als EF-Alternative die Rede ist; wie geht das denn damit zusammen: „The Eurofighter programme is a joint undertaking by Airbus, BAE Systems and Leonardo, meant to provide European countries with a technically advanced fighter jet. The United Kingdom has purchased 160 of the planes.“ Aus der Sicht von Airbus sind zwar Ermittlungen nichts Einzigartiges, wohl aber, dass ein Regierungsmitglied Millionen an Steuergeld investiert und auch eine Lobbyingfirma für Negativ-PR engagiert. Am 15. Februar 2017 wurde ein Bericht der Eurofighter Task Force im BMLV für den nächsten Tag angekündigt. Tatsächlich sprach Doskozil da aber (siehe Video oben) von einer soeben eingebrachten Anzeige gegen Airbus. Österreichische Medien brieften Raphael Sternfeld und Stefan Hirsch (jetzt Kommunikationschefs SPÖ Wien /Bund), internationale und Marktanalysten übernahm FTI. Es trug Früchte –  so berichteten bereits am 16.2. z.B. das Wall Street Journal, die BBC oder die Financial Times; andere Medien erwähnte ich bereits hier. Die Dow Jones News meldeten am 16.2. um 14:58 Uhr, dass Österreich „Kompensantion“ von Airbus für den Eurofighter-Deal wolle. Am 17.2. schreiben die Defense News, dass Airbus alle Anschuldigungen zurückwies, wonach man Östereich dabei betrogen habe. (etwas, woran Doskozil unbeirrt glauben will).

Airbus Eurofighter Sales to Austria

Eine scheinbar gründliche Analyse

Für Airbus sollte der kreierte mediale Spin nahezu undurchdringlich werden, indem praktisch nur gebriefte und irgendwie beeinflusste Journalisten sich damit befassten, egal ob national oder international. Man wollte die Marktkapitalisierung von Airbus treffen, so wie jetzt durch die Max-Unfälle Boeing Verluste einfährt, was auch die Shareholder wachrüttelt. Dabei könnte man Doskozil noch verstehen, hätte Airbus fehlerhafte Produkte geliefert, die Piloten Gefahren a la Starfighter aussetzen; aber warum wollte er dann die Vertrauenswürdigkeit eines europäischen Konzerns erschüttern? So fand es seinen Weg auch auf englischprachige Seiten in Asien (hier vom 24. 2. 2017) und erhielt neue Nahrung, als am 22. Mai 2017 berichtet wurde, dass Airbus-CEO Tom Enders von der Justiz befragt wurde (by the way Tag der Max-Erstauslieferung) und Doskozil im Wahlkampf Anfang Juli 2017 das Aus für den Eurofighter verkündete. Am 12. Februar 2018 erwähnte Reuters nicht nur das internationale Verbreiten von Sachverhaltsdarstellungen (z.B. USA und UK), sondern auch: „BAE Systems will provide Malaysia a UK government-backed financing deal if it decides to replace its fleet of combat jets with the Eurofighter Typhoon, senior company officials said.“ Wenn es unter dem Stichwort Compliance auch um „unsere“ Verfahren geht, so passt das zwar zur Doskozil-Wahlkampflinie (gegen Korruption siehe EF), spricht aber dem Anzeiger selbst Hohn. Denn mit Compliance hat es nichts zu tun, Millionen (allein 2016 3,4 Mio) für den undurchsichtigen Krieg gegen Airbus auszugeben.

https://www.ganintegrity.com/blog/sec-and-doj-end-fcpa-investigation/

Eine Frage der Compliance?

 Auch dass Doskozil Peter Pilz immer wieder exklusiv Material gab, damit er es medial spielt, stößt anderen Abgeordneten sauer auf. Liest man Berichte außerhalb Österreichs, so fällt auf, dass immer auf das Jahr 2003 Bezug genommen wird, als die damalige Regierung den Kaufvertrag unterzeichnete. Weit seltener kommt das Jahr 2007 vor, als Ex- Minister Norbert Darabos einen Vergleich mit Eurofighter schloss bzw. ihm dieser oktroyiert wurde. Tal Silberstein arbeitete offiziell ab Oktober 2016 (wieder) für die SPÖ; aus der ÖVP ist bekannt, dass der heutige Kanzler Sebastian Kurz im September 2016 davon sprach, dass ihn Silberstein observieren ließ. Was, wenn auch Doskozils Aktionen gegen Eurofighter damit zu tun haben, etwa wenn Mitte August 2016 der geheime Vergleich bei Pilz landete? Somit war klar, dass Darabos zum Baueropfer werden soll, auch um die Verjährungsfrist (2013) des Kaufvertrags zu umgehen. Kooperation / Konspiration mit Pilz auch gegen seinen Parteigenossen Darabos gab Doskozil sogar im U-Auschuss am 14. März 2019 zu. Als Pilz/Doskozil 2017 einen U-Ausschuss auf Schiene brachten, ging es um die Anzeige gegen Airbus, aber auch darum, Darabos loszuwerden. Sie taten so, als sollte erst herausgefunden werden, wer für den Vergleich verantwortlich zeichnet, doch „plötzlich“ kanm Pilz „zur Erkenntnis“, dass er Gusenbauer doch nicht („als Beitragstäter“) anzeigen müsse, sondern nur Darabos. Dass alles mit Gusenbauer ausgeschnapst war, zeigen nicht nur Parameter wie Silberstein; Skadden und FTI Consulting.

PPPS: Es wird seit Langem alles versucht, mich wegen Recherche abseits des Mainstream mundtot zu machen, sodass ich eure Unterstützung benötige (alexandra(at)ceiberweiber.at, auf Twitter cw_alexandra, auf Facebook und natürlich telefonisch unter 06508623555). Auch meine Texte aufgreifen, sie verbreiten, dazu Fragen stellen ist hilfreich, ebenso natürlich konkrete Hilfe, weil ich auf diese Weise u.a. meine Wohnung verloren habe. Dringend würde ich auch einen neuen Laptop benötigen. Auch finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. DAnKE!

4 Kommentare zu „Wenn Boeing über Leichen geht

    1. Allen sind Pilotenfehler lieber, aber davon kann da eben nicht die Rede sein. Das ist neu von 60 Minutes Australia

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  1. sehr lesenswerter artikel! danke.

    herauszustellen wäre dabei, dass staatliche normung in zusammenarbeit mit der industrie seit 1994 gewandelt wurde zu einem new approach:

    die hersteller und prüfstellen werden zertifiziert statt staatlich kontrolliert (mehr privat weniger staat) und kennzeichnen produkte die sie SELBST für sicher erklären und verkaufen sie.

    das ist eine der hauptaufgaben zb der eu: deregulierung

    in wirklichkeit heisst das grosse dürfen alles und kleine nichts…

    die zwei abstürze sind nur die spitze des eisberges…

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