Das Parlament und die Angst vor den Russen

Die Regierungsparteien möchten im Bereich Katastrophenschutz mit Russland kooperieren, die Oppositionsfraktionen lehnen dies heftig ab. Dies kann man der Parlamentskorrespondenz entnehmen, welche die Debatte darüber zusammenfasst. dabei wird aber ausgeblendet, dass die international angesehene Austrian Forces Disaster Relief Unit AFDRU in den 28 Jahren ihres Bestehens u.a. in der Türkei, im Iran oder in Mosambik im Einsatz war. Auch nach Russland kam die  in der ABC-Abwehrschule angesiedelte AFDRU, wie eine Anfragebeantwortung zeigt, und zwar nach den Terroranschlag von Beslan. Es spielt z.B. nach einem Erdbeben keine Rolle, wie ein Land regiert wird oder woher Hilfe kommt. Aber es passt für Uninformierte eben gut in gängige Narrative von  „die Russen sind überall“. Die panische Reaktion der Opposition wertet auch ab, was das Bundesheer bisher mit der AFDRU geleistet hat, obwohl es beeindruckend ist, Berichte drueber zu hören.

Aber das ist ohnehin charakteristisch, wenn alles Erdenkliche benutzt wird, um die Regierung aus den falschen Gründen zu kritisieren. Man gewinnt ohnehin auch über Österreich hinaus den Eindruck, dass an allem Putin Schuld sei und die GRU überall ist, die vor der Skripal-Affäre kaum jemandem ein Begriff war. Nun ist nichts dagegen einzuwenden, Kritik zu üben, zu recherchieren und aufzuzeigen, doch meist fehlt der Rundumblick. Es gibt dann von Medien und  Parteien z. B. nichts zur CIA oder keinerlei Kritik an US-Präsidenten vor Trump (der ja keinen Konflikt mit Russland will, was man ihm vorwirft). „Unsere“ Presse schaffte es nicht mal, von einer einmaligen Ausnahme abgesehen, beim SPÖ-„Berater“ Silberstein das Wort M wie Mossad zu verwenden. Liest man, wie gegen das Katastrophenschutzabkommen argumentiert wird, kann man sich nur wundern: „Die Opposition – auch wenn sie derartige Abkommen prinzipiell befürwortete – sprach von falschem Zeitpunkt und falschem Signal. So wiesen Reinhold Einwallner (SPÖ), Stephanie Krisper (NEOS) und Alma Zadić (JETZT) auf die aktuelle demokratiepolitische Lage in Russland und dessen Vorgehen auf der Krim und in der Ukraine hin.

AFDRU

 

Zadić erinnerte zudem an den kürzlich gefassten russischen Spion und nannte die Reaktion Russlands unbefriedigend. Krisper zog überhaupt in Zweifel, ob man ein derartiges Abkommen mit Russland brauche, und stellte die Frage, was das Land an Hilfe bieten könne, was EU-Mitglieder nicht leisten können. Sie meinte auch, dass Österreich tatsächlich keine ernsthafte Hilfe für Russland darstellen könne, und sprach von einem ‚Hochzeitsgeschenk‘ an Putin.“ Gerne wird angenommen, das heute ja alle Rechten, sehr Rechten und extrem Rechten „russlandfreundlich“ seien. So wird auch diskreditiert, wer z.B. links steht und kriegerischer NATO-Rhetorik samt dem Auffahren von Truppen und Arsenalen nichts abgewinnen kann. Dies übrigens auch deshalb, weil es über unsere Köpfe hinweg geschieht, wir aber auf potenziellen Schlachtfeldern Zuhause sind. Übersehen wird dabei auch, was man in Medien ebenso merken kann wie im Parlament und in der linken Twitterblase, dass es auch rechte, sehr rechte, extrem rechte „Russlandfeinde“ gibt. Ohne sie gleich analog zu „Putinverstehern“ als „Hitlerversteher“ zu bezeichnen, muss man doch bedenken, dass die Nazis den 2. Weltkrieg zu zwei Drittel wegen der Roten Armee verloren haben.

Von einem erklärt linken (grünen) Bezirksrat in Wien hörte ich einmal, dass ja die US-Army Wien befreit hätte (es war die Rote Armee, die Stadt war dann bis 1955 in vier Sektoren aufgeteilt). Eine SPÖ-Bezirksvorsteherin betonte, dass ihre jüdische Großmutter von der Roten Armee gerettet wurde, biederte sich aber dann der US-Botschafterin an und ließ den russischen Botschafter bei einem Festakt mehr oder weniger links liegen. Man findet erstaunlicher Weise den im Krieg geprägten und auch danach verwendeten Begriff „Russenliebchen“ aktuell etwa auf Twitter. Er drückt die Verachtung der 1945 Besiegten für jene Frauen aus, die sich mit dem „Feind“ einließen, um nicht zu hungern, vor Gewalt geschützt zu sein oder aber vor 1945 Mitleid mit Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern hatten. Es unterstellte diesen Frauen auch, dass sie sich keine Gedanken machten über Männer, die für das Dritte Reich kämpften, weil sie dem „Feind“ gegenüber menschlich handelten. Auf der Webseite des Gedenkortes KZ Uckermark wird das Buch „Es war wie Hexenjagd … Die vergessene Verfolgung ganz normaler Frauen im Zweiten Weltkrieg“ von Gisela Schwarze empfohlen: „Nur wenige wurden rehabilitiert. Die andern beschimpfte man auch nach dem Krieg als ‚Flittchen‘, ‚Polenhure‘, ‚Russenliebchen‘. Hunderte ganz normale, meist jugendliche Frauen, von Nachbarn oder Kollegen denunziert, landeten im Konzentrationslager, weil sie einem Fremdarbeiter zugelächelt oder ihm ein Butterbrot zugesteckt hatten.

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Die Gestapo erprügelte Unterschriften für Geständnisse, in denen fast immer ein ‚unsittliches Verhältnis‘ zugegeben wurde und die die Beschuldigten nicht einmal lesen durften. Gisela Schwarze hat dem Schicksal dieser Frauen nachgespürt, es engagiert und historisch fundiert aufgearbeitet. Sie zeigt, wie tief sich Spitzelei, sexueller Neid und Unmenschlichkeit in das Alltagsleben der Deutschen fraßen, wo sie weit bis nach dem Kriege haften blieben.“ Anzunehmen, dass es sich um ganz normale deutsche und österreichische Frauen handelte, die vom Regime als „arisch“ betrachtet wurden, aber „slawische Untermenschen“ nicht als Untermenschen ansehen wollten. Doch zurück in die Gegenwart, in der sich Abgeordnete nicht damit begnügen sollten, auf einen mutmaßlichen GRU-Spion hinzuweisen, der bis 2013 im BMLV tätig war. Denn zugleich übersehen sie, dass es mehr als nur ein paar Indizien für amerikanisch-israelische Spionage genau dort gibt und hier bislang nicht ermittelt wurde. Was das Abkommen mit Russland betrifft, haben die Regierungsparteien schlicht Recht, wenn sie sagen: „Derartige Verträge stellen keine politischen Maßnahmen, sondern Maßnahmen der Solidarität dar.“ Russland  hat übrigens mit 27 europäischen, 15 asiatischen und 7 südamerikanischen Ländern sowie mit den USA ein derartiges Abkommen abgeschlossen…

PS: Weiterer Bundesheer-Konfliktstoff zwischen Regierung und Opposition betrifft die Eurofighter, wo Bundeskanzler Sebastian Kurz Gerichtsentscheide abwarten will. Diese Verfahren wurden von Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, Peter Pilz (als er noch bei den Grünen war), jüngst den NEOS und anderen angestrengt. Die SPÖ, die Doskozil 2017 ebenso gewähren ließ wie sie Ex-Minister Norbert Darabos mit der Anzeige von PiIz allein ließ, sendet nun empört aus:  „Die Angst des Kanzlers vor einer Entscheidung über Eurofighter-Nachbeschaffung gefährdet unsere Sicherheit“.  Der SPÖ-Landesverteidigungssprecher. Rudolf Plessl warnt davor, dass die „Entscheidungsschwäche von Kurz, Strache, Löger und Kunasek das Österreichische Bundesheer vor größte Probleme stellt und Österreich bald ohne Luftraumüberwachung dastehen wird“. Man beachte die Wortwahl „Eurofighter-Nachbeschaffung“ und kann dies auch als Lockheed- und damit US-Rüstungsindustrie-Opposition gegen eine Regierung betrachten, die zur europäischen Industrie mit Airbus stehen will. Und die SPÖ daran erinnern, dass nicht Darabos, sondern die Gusenbauer-Silberstein-Netzwerke alles verbockt haben.

5 Kommentare zu „Das Parlament und die Angst vor den Russen

  1. „Hunderte ganz normale, meist jugendliche Frauen, von Nachbarn oder Kollegen denunziert, landeten im Konzentrationslager, weil sie einem Fremdarbeiter zugelächelt oder ihm ein Butterbrot zugesteckt hatten.“

    neid, hass und krieg haben IMMER genau diese auswirkung auf die GANZE bevölkerung…

    … oder glaubt die damenwelt, dass sich die männer an der front, bei der überwindung von stacheldraht, beim schaufeln von stellungen, bei endlosen quälereien abschlachten lassen, wenn die kriegsgefangenen angeblichen feinde zuhause die frauen und töchter poppen?

    drum wäre es gut jegliche invasionen nach möglichkeit genderneutral abzuwickeln, wenn ihr wisst was ich meine…

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      1. der krieg hat die menschen verschleppt.

        ich weiß wovon ich rede, meine grosseltern und die meiner frau stammen aus polen, der slowakei und ungarn…

        aus vormals deutschsprachigen ortschaften…

        parallelgesellschaften gibts schon mindestens 300 jahre…

        gut ausgegangen ist es noch nie.

        und kriegsgefangene kann man ja schlecht an der front belassen, oder?

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