BVT: Neonazi-Skandal und Sicherheitsüberprüfungen

Der BVT-Ausschuss bringt mit sich, dass Begriffe in der Öffentlichkeit bekannt werden,  über die sich die meisten bislang nicht den Kopf zerbrochen haben. Jetzt ist das Thema Sicherheitsüberprüfung an der Reihe, weil bei der privaten Securityfirma, die das Parlament beauftragte, ein Neonazi tätig war. Diesen Skandal will der im Vergleich zu früher ins Hintertreffen geratene Abgeordnete Peter Pilz nutzen, indem er Innenminister Herbert Kickl eine Dringliche Anfrage stellte, die dieser pointiert beantwortete.  Dabei interessieren ihn Überprüfungen für Personenin diversen Kabinetten, wobei er aber eine Aufzählung des Standard vom Jänner 2018 als Grundlage verwendete, die nicht mehr aktuell ist. Pilz habe einfach gegoogelt, wirft ihm Kickl vor, und da kann man alles finden, was man gegen andere braucht (der Wahrheitsgehalt sollte dann immer auch überprüft werden). Für Pilz (und andere) ist Burschenschafter gleich rechtsextrem, was jedoch Berichte des Verfassungsschutes auch vor Kickls Zeit einfach nicht hergeben. Denn da wurden Burschenschaften nur „als Ziel linksextremer Gewalt“ erwähnt; im Übrigen will der Minister anders als Pilz „keine totale Überwachung der Bevölkerung“ a la Stasi.

Dass Kickl süffisant anmerkt, Pilz verwende einen alten „Standard“-Artikel als Quelle, erinnert uns daran, dass der vermeintliche Aufdecker früher selbst Material erhielt. Inzwischen aber gibt es bei jedem Versuch, Vertrauliches öffentlich zu machen, einen Aufschrei, egal wer diesen unternimmt. Apropos „Standard“: hier wird zu Spekulationen angeregt, wer denn nun als Vater des Securitymannes so gute Beziehungen zum Bundesheer hat: „Das Verteidigungsministerium gab auf Anfrage des STANDARD bekannt, dass man die rechtsextreme Szene ’ständig beobachte‘, aber ‚keinen Zusammenhang‘ zwischen der Personalie und der beobachteten Gruppierung sieht. ‚Es handelt sich um zwei unterschiedliche Gruppen, wobei man nicht ausschließen kann, dass sich die Personen kennen‘, sagte Ministeriumssprecher Michael Bauer. Der Vater von K. ist mit der Heeresspitze gut vernetzt. Zum STANDARD sagt er, die politische Überzeugung seines Sohnes  ‚keinesfalls zu teilen‘. Auch mit dessen Tätigkeit beim Heer hat er nichts zu tun. Auch das Heer selbst dementiert Interventionen.“ Man beachte, dass der Artikel nicht vom Milizangehörigen und daher „Auskenner“ Conrad Seidl verfasst wurde, sondern von Fabian Schmid und Colette M. Schmidt.

 

Kickl antwortet Pilz

Letztere ist schon lange vernetzt mit Karl Öllingers „Stoppt die Rechten„, Uwe Sailer und anderen und scheint wie auf Zuruf Menschen ins Visier zu nehmen. Häufig durchaus zu Recht, aber auch vollkommen Unschuldige, denen diese Nachrede dann nachhängt. Dieser selbstgerechten Szene sagt Kickl offenbar den Kampf an, da sie meint, der Zweck heilige die Mittel. Für Selbstjustiz und Diffamierungen wird man von Medien gefeiert, die selbst Teil dessen sind. Und anders als sich manche nach außen darstellen, sind sie keineswegs mutig, sondern scheuen das persönliche Gespräch oder verstecken sich hinter Anonymität. Bereits 2014 wurde Security C., der 2016 beim Bundesheer dank Recherchen des Abwehramtes einen Sperrvermerk erhielt, von einem Antifa-Recherchenetzwerk mit vollem Namen als Person aus dem Umfeld von Gottfried Küssel geoutet. Daraus ergibt sich die Frage, ob (wie) er mit dem Präsidenten der Offiziersgesellschaft Erich Cibulka verwandt ist, dessen Stellvertreter Rudolf Striedinger seit 1.April 2016 Chef des Abwehramtes ist.  Der Sperrvermerk samt „Entorderung“ erfolgte vorher, als Ewald Iby das Amt interimistisch leitete; Verteidigungsminister war Hans Peter Doskozil.

Für das Bundesheer war dies eine Routineangelegenheit, da immer mal wieder auf den ersten Blick Vertrauenswürdige weit rechts anstreifen. Dass es wahrscheinlich keine Linksextremisten beim Heer geben wird, versteht sich von selbst, denn diese begeistern sich nicht fürs Militär. Manche sehen in C. ein Opfer, doch das Abwehramt wird sich gründlich mit seiner Person befasst haben, was über Antifa-Gruppen und Google-Funde weit hinausgeht. Man weiss nun, dass C. auch bei Gericht eingesetzt wurde, jedoch nur zur Zugangskontrolle, auch im Parlament hatte er nichts mit Akten zu tun. Es gilt ohnehin die Devise, dass Kickl für alles verantwortlich zu sein hat: sei es das Justizministerium, sei es die Staatsanwaltschaft oder jetzt eben auch für Bundesheer und Parlament. Wenn der Nationalrat aber eine private Sicherheitsfirma beauftragt, deren internationaler Ruf ein Kapitel für sich ist, wird keine BVT-Sicherheitsüberprüfung durchgeführt. Es erscheint paradox auch angesichts des BVT-U-Ausschusses, hat aber nur eine Prüfung des Leumundes nach der Gewerbeordnung zur Folge. C. versicherte, dass er sich korrekt verhalten habe, was aber dadurch zweifelhaft wirkt, dass andere Küssel-Vertraute im Netz prahlten, als sei er von ihnen eingeschleust worden.

„profil“ auf Twitter

 In der Vorstellungswelt vieler ist durch den inflationären Gebrauch von Nazi-Bezügen längst alles eines, egal ob FPÖ, Burschenschafter oder eben Neonazis. Darin übertrifft sich auch die Opposition gerne selbst immer wieder, etwa wenn sie das Stimmverhalten der Regierungsparteien mit dem Durchputschen des Ermächtigungsgesetzes von 1933 vergleicht. Es gibt aufrechte und couragierte Antifaschisten, aber mehr noch jene, denen es um Selbsterhöhung und Immunisieren des eigenen Handels geht. Ein typisches Beispiel ist Uwe Sailer, der jetzt der FPÖ die Umsetzung eines Textes der berüchtigten Neonazi-Seite Alpen-Donau-Info unterstellt, was fast so wirkt, als hätte er ihn selbst verfasst. 2007 wurde en passant enthüllt, dass das Abwehramt an entscheidender Stelle keine Sicherheitsüberprüfung durchführte und auch keinen Verdacht schöpfte. Dies war ausgerechnet Peter Pilz sehr unangenehm, deckte er doch den damaligen Kabinettschef im Verteidigungsministerium Stefan Kammerhofer, der Minister Norbert Darabos vollkommen abschottete.

Maria Fekter, zu dieser Zeit Abgeordnete und später Ministerin, bereitete sich ein halbes Jahr gründlich auf den Eurofighter-U-Ausschuss vor, da die ÖVP wegen der Entscheidung für europäische Jets attackiert wurde. ihr fiel auf, dass Darabos Kammerhofer als „Vertrauensperson“ mit hatte, dieser ihm auf Schritt und Tritt folgte und ihm jede Antwort vorsagte. Deshalb fragte sie dann Abwehramtschef Erich Deutsch nach ihm und hatte Einwände gegen die Vertrauensperson, als Darabos zum zweiten Mal geladen war, was Pilz überhaupt nicht passte. Statt Kammerhofer anzuzeigen, drehte es Pilz zehn Jahre später aber so, als sei der abgeschottete Minister für den Eurofighter-Vergleich verantwortlich, sodass jetzt die Justiz gegen Darabos ermittelt. Während aber Angriffe auf Kickl erwünscht sind, kümmert niemanden, was im Verteidigungsressort möglich war und dramatische Auswirkungen bis heute hat (es interessiert auch die Offiziersgesellschaft nur mäßig).Ich bin übrigens im Visier von Sailer und anderen, weil ich diese verfassungswidrigen Zustände themaisierte, Bemerkung am Rande.

Fekter befragt Deutsch (13.6.2007)

Verläßlichkeit spielt dann eine große Rolle, wenn Personen Zugang zu vertraulichem Material haben, sodass Kickl auch gegenüber Pilz betonte, dass solche Mitarbeier in seinem Kabinett sicherheitsüberprüft wurden. Das Abwehramt konnte nun übrigens ein paar Gutpunkte sammeln, nachdem es kürzlich in die Kritik geriet, weil ihm ein mutmaßlicher Spion der russischen GRU entgangen ist, der durch einen Tipp aus dem Ausland enttarnt wurde. Doch auch hier wird sich herausstellen, dass ein eher unauffälliger, freundlicher Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums gar nicht mal besonders aktiv sein musste, aber so immer noch genug aufschnappte. Andererseits erregte er auch keinen Verdacht, was man wiederum bei Kammerhofer nicht sagen kann, der ja den Zugang zu Darabos verhinderte und so tat, als sei er der Minister. Da von massivem Druck auf Darabos auszugehen ist,  muss man an fremde Dienste denken und sich vorstellen, dass bis zu einem gewissen Grad der Schein nach aussen gewahrt wurde, sich der Minister aber nicht frei bewegen konnte. Für Spion W. war bestimmt ebenfalls Endstation bei Kammerhofer, der daher für die GRU sicher auch interessant war, auch wenn seine „handler“ eher in den USA und in Israel sitzen.

Fekter befragt Deutsch (13.6.2007)

Sicherheitsüberprüfungen sollen also auch verhindern, dass Spionage betrieben und verdeckt operiert wird. Doch davon abgesehen spielt auf dieser Ebene die Gesinnung eine Rolle, die bei der Beschäftigung in Sicherheitsfirmen irrelevant ist. Als Pointe am Rande wurde im Zuge der Hausdurchsuchung beim BVT bzw. in Wohnungen auch Material nach dem Verbotsgesetz sichergestellt, das ein Betroffener auf seinem Handy gespeichert hatte.  Wenn aber Anzeigen angeführt werden (die zurückgegangen sind), muss man daran denken, dass Sailer, Mühlböck und Co. als Agents Provocateurs wirken, die ihre Opfer dazu bringen sollen, sich in einen Wirbel zu reden oder zu posten; manche beginnen dann auch, das Verbotsgesetz in Frage zu stellen. Sie finden da nur schwer wieder heraus, weil sie denen gegenüber Recht haben wollen, deren Aufgabe es ist, Verwirrung zu stiften. Es ist auch angesichts von Kriegslügen der jüngeren Zeit hirnverbrannt, etwa den Holocaust ebenfalls unter Fake News abtun zu wollen, und ungeheuer grausam gegenüber den Überlebenden und ihren Nachkommen. Man bringt die FPÖ natürlich gerne mit dieser Szene in Verbindung, und das trifft manchmal nach wie vor zu, auch wenn die Verteidigung jüdischer Mitbürger Parteilinie ist, dabei aber vor allem an den Islam gedacht wird. 

Die Koalition wurde durch den U-Ausschuss bislang kaum belastet, auch wenn der FPÖ ein Aufräumen im vorher schwarzen Innenministerium vorgeworfen wird. Doch nun gab der ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss Werner Amon ein Interview, in dem er den Minister kritisiert: „Die Auseinandersetzung zwischen ÖVP und FPÖ rund um die BVT-Affäre spitzt sich weiter zu. Werner Amon, schwarzer Fraktionschef im U-Ausschuss, wirft in einem Interview im Österreich-Teil der deutschen Wochenzeitung Die Zeit dem FPÖ-geführten Innenministerium eine ‚brachiale Vorgangsweise‘ vor. Sein Eindruck sei: ‚Es sollte Chaos erzeugt werden, das als Vorwand dient, um *aufzuräumen*.‘ Zur Frage, ob die Affäre um den Verfassungsschutz das Vertrauen zwischen den Koalitionspartnern nachhaltig beschädigen könnte, meinte Amon, dass es eine Belastung für die gemeinsame Arbeit sei, wenn Spitzenpersonen aus einem Ressort so agierten wie hier. ‚Ich habe nicht die Absicht, zu provozieren oder die Koalition zu gefährden, aber man muss Grenzen ziehen‘, sagte er.“ Auch hier muss man aber die ÖVP fragen, warum sie jahrelang nichts zu den Zuständen im Verteidigungsministerium sagte, als sie noch mit der SPÖ eine Regierung bildete.

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