SPÖ – eine Familienaufstellung

Vor zwei Wochen schien es noch, als sitze Christian Kern fest im Sattel – nun heißt seine Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner, er selbst tritt (wahrscheinlich? vielleicht?) bei der EU-Wahl an und die ersten Personalentscheidungen der designierten neuen Chefin provozieren offenen Widerstand. Sofort rücken aber auch diejenigen aus, die meinen, dass man (nach außen hin) zusammenhalten und die Neue um jeden Preis unterstützen müsse. Dennoch oder deswegen läßt sich breiter Unmut nur mühsam unterdrücken, auch wenn sich viele immer noch an das Motto des früheren Wiener Bürgermeisters Michael Häupl halten, dass im Wohnzimmer, nicht aber auf dem Balkon gestritten werde. Die steirische Landtagsabgeordnete Michaela Grubesa reagierte empört darauf, dass ihr Landsmann Max Lercher ohne Dank Rendi-Wagners als Bundesgeschäftsführer ersetzt wurde. Nun kann man ihren längeren Facebook-Eintrag nicht mehr lesen, indem sie Lerchers Nachfolger Thomas Drozda vorwarf, ein „Bobo“ zu sein. Sie stellte den kommunikativen und bodenständigen Lercher (in Jeans und mit Hoodie, wie sie sagt) dem Anzugträger Drozda gegenüber. Drozda ist Rendi-Wagner schon lange verbunden, ist mit ihr befreundet und seine Gattin war Trauzeugin bei der Hochzeit Rendi-Wagners mit Michael Rendi. Dieser war österreichischer Botschafter in Israel und wurde Drozdas Kabinettschef, nachdem Christian Kern im Mai 2016 Kanzler wurde.

Es mag aus Rendi-Wagners Sicht naheliegend sein, jemand lange Vertrauten in die Parteizentrale zu berufen, da ihr ja auch nachgesagt wird, als Quereinsteigerin keine Hausmacht zu haben. Der Jeans- und Anzug-Vergleich mag simpel erscheinen, weist aber auf ein Grundproblem hin, da so manch ein Anzugtyp es nicht allzu gut mit der SPÖ meinte, diese eher nur benutzt hat. Christian Kern verbrachte die letzten Tage in Kanada und in den USA, besuchte aber nach seiner Rückkehr die SPÖ Oberösterreich und fuhr mit ihr auf dem Traunsee; in Jeans übrigens, vielleicht demonstrativ. Vielfach wird Rendi-Wagner als Kern 2.0 gesehen, was so falsch nicht ist, bedenkt man, was ihr Bundesgeschäftsführer tat, nachdem Wahlkampfberater Tal Silberstein am 14. August 2017 in Israel festgenommen worden war: „Bundeskanzler Kern bestritt, von den Vorgängen gewusst zu haben. Kanzleramtsminister Thomas Drozda bemühte sich darum, dass der in Israel unter Hausarrest stehende Silberstein Interviews in österreichischen Zeitungen geben solle.“ Freilich war schon zu Jahresbeginn von Ermittlungen und einem Haftbefehl die Rede, doch Kern und Co. blendeten dies lieber aus; es gehörte nicht auf den Balkon, aber auch nicht ins Wohnzimmer.

Rendi-Wagner bei der SPÖ NIederösterreich

 

Drozdas Bemühen drehte sich darum, dass Silberstein Kern doch entlasten solle, was sicher weit über die Befugnisse eines Kanzleramtsministers hinausgeht, der nicht Wahlkampfkrisenmanager sein sollte. Als Rendi-Wagner am 25. September von den Parteigremien designiert wurde, setzte sie auch Drozda statt Lercher durch; im Klub wird sie die alleinige Leiterin sein, was den geschäftsführenden Klubobmann Andreas Schieder überflüssig macht. Am 25. September gab sie ein kurzes Statement vor der Presse, beantwortete aber keine Fragen; in der Zeit im Bild konnte zwar Drozda interviewt werden, nicht aber seine Chefin bis auf rund zwei Minuten auch wegen der SPÖ-Konflikte am 28. September. Wenn Rendi-Wagner jetzt beim Landesparteitag der SPÖ Niederösterreich redet, so hat sie die davor stattfindende Landesfrauenkonferenz ausgelassen, obwohl sie gerade auch die SPÖ-Frauen als Verbündete brauchen wird. Max Lercher, der zuvor schon sein steirisches Landtagsmandat aufgegeben hatte (nicht alles war eine Glanzleistung, siehe Debatte zum 12 Stunden-Tag), reagierte nun mit einem Aufruf zu Geschlossenheit. Mit anderen Worten ist es höchst an der Zeit, vom Balkon wieder ins Wohnzimmer zurückzukehren und dort weiterzudiskutieren oder aber: die Neue ohne Wenn und Aber zu unterstützen.

Ist es Zufall, dass Ex-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina, der auch schon mit Silberstein wahlkämpfte, mit seiner Firma Unique Research eine Umfrage für „Heute“ machte, in der Rendi-Wagner die beliebteste Politikerin ist? Manche melden Zweifel an, etwa Thomas Mayer vom „Standard“, der in seinen Tweets Christian Kern auch in Richtung EU die Mauer machte. Aktuell befürchtet u.a. Mayer, dass ein Artikel in der „Kronen Zeitung“ Kern von Drozda ausrichten lässt, dass er besser nicht kandidieren solle. Noch hat Rendi-Wagner schon deshalb Sympathien, weil manche Reaktionen nach Mansplaining aussehen, etwa wenn Bürgermeister Michael Ludwig meint, sie halse sich zuviel auf, wenn sie Parteiobfrau und Klubchefin ist; er selbst ist zugleich (u.a.) Chef der Wiener SPÖ. Wenn Rendi-Wagner nach tagelanger auch öffentlich artikulierter Empörung jetzt „den Dialog suchen“ und sich in die Bundesländer „begeben“ will, schwingt für manche ein wenig Hochmut mit. Dennoch werden ihr aus Wien, von Ex-Bürgermeister Michael Häupl, und aus dem Burgenland, von Noch-Landeshauptmann Hans Niessl, Rosen gestreut. Es heisst, Kern habe Rendi-Wagner rasch durchgesetzt, damit ihm nicht der neue SPÖ-Burgenland-Chef Hans Peter Doskozil nachfolgt, dem jetzt der absurde Kampf gegen Airbus auf den Kopf fallen kann.

https://twitter.com/ORF_TVthek/status/1045050712902823938

Thomas Drozda in der Zeit im Bild 2

Doskozil richtet sich stets nach dem Wind und fordert deshalb ein Ende der Zurufe an die neue Chefin; mit Emanzipation hatte er es noch nie, was auch in Interviews deutlich wird: Trennen wir uns von der Mann-Frau-Unterscheidung. Es geht um die Qualität der Arbeit. Ich bin gegen Empfindlichkeiten. Wenn ich jemanden kritisiere, und er ist ein Mann, trifft ihn das genauso.“ Er selbst weicht allem aus, was ein wenig heikel ist und wo er unter Beweis stellen müsste, was er über die SPÖ Burgenland und das Bundesland behauptet: „Dort läuft es gut. Handschlagqualität und Vertrauen sind intakt.“ Er vergißt, dass er mit Peter Pilz gegen seinen Konkurrenten Landesrat Norbert Darabos konspirierte, der als Verteidigungsminister abgeschottet wurde und dem man den Eurofighter-Vergleich umgehängt hat. „Man muss es Doskozil hoch anrechnen, dass er dann das Verteidigungsministerium auf den Kopf stellte und tatsächlich in einem Schrank des ehemaligen Kabinettschefs (Stefan Kammerhofer) fünf Aktenstücke fand, unter anderem die einzige Kopie dieses Vertrags“, sagte Peter Pilz ja beim „Bürgerforum“ von oe24 im August. Gemeint ist ein Entwurf zum Vergleich mit Eurofighter, der am 24. Mai 2007 verfasst wurde und aus dem Darabos via Anzeige von Pilz ein Strick gedreht wird.  Die SPÖ als „eine große Familie“ bedeutet, dass man jemandem auf die Schulter klopft und ihm das Messer in den Rücken sticht oder dass man ihm die Hand schüttelt, aber lieber nicht wissen will, was hinter den Kulissen vorgeht.

Als Christian Kern im Mai 2016 Werner Faymann nachfolgte, blieb Doskozil Minister (er hatte Kammerhofer bei Kern bei den ÖBB als Abteilungsleiter untergebracht), aber (Darabos-Nachfolger) Gerhard Schmid musste als Bundesgeschäftsführer Georg NIedermühlbichler weichen. Dies stellte kein Problem dar, da Schmid ein Wiener Landtagsmandat hatte und im Herbst das Einzelunternehmen GS-Consulting gründete, das dann von Doskozil den Auftrag erhielt, um 114.000 Euro ein Konzept für das Gedenkjahr 2018 zu erstellen. Vorher wurde Doskozil von Schmid bei der SPÖ Hietzing herzlich empfangen, deren Vorsitzender Schmid ist, ironischer Weise am Internationalen Frauentag, wo gerade Doskozil Frauen als Männeranhängsel betrachtet. Albert Steinhauser von den Grünen schrieb auf seiner Webseite: „Bei genauerem Hinsehen hat sich herausgestellt, dass die Firma eigens vom Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Schmid dafür gegründet wurde, der knapp davor in seiner Parteifunktion abgelöst wurde. Ausschreibung hat es keine gegeben, wie der Standard recherchiert hat. Das ist umso unverständlicher, als es zahlreiche HistorikerInnen und PolitikwissenschafterInnen gibt, die so einen Auftrag auch machen könnten. Warum hat Schmid diesen Vertrag von Doskozil freihändig bekommen? Die SPÖ verteidigt sich damit, dass Schmid ein Spezialist auf diesem Gebiet wäre und es niemanden anderen gibt, der so einen Auftrag erfüllen könnte. Das ist falsch.“

Die „Kronen Zeitung“ auf Twitter

Sicher sind das finanziell gesehen Peanuts verglichen mit dem Schaden durch die Klage gegen Airbus, doch es weist auch auf Familienmachenschaften hin, denn Gerhard Schmid ist wie viele andere Rote zeitweise im Aufsichtsrat der Merkur Unternehmensbeteiligung, Vermögensverwaltung und Finanzierungsvermittlung Gesellschaft m.b.H., im Moment als Aufsichtsratsvorsitzender. Auch Nachfolger Niedermühlbichler findet man dort im Aufsichtsrat, der bekanntlich gehen musste, weil Silbersteins verdeckte Facebook-Gruppen aufgeflogen sind. Er hatte auch eine Funktion bei der A.W.H. Beteiligungsgesellschaft m.b.H., was auf Angehörige des Faymann-Lagers wie Martina Ludwig-Faymann oder Christian Deutsch ebenfalls zutrifft. Bezeichnend ist, dass nicht Rendi-Wagner für das Ö1-Mittagsjournal am 29. September interviewt wurde (sondern abgesagt wurde), sondern Doskozil, der die Familienlinie mit Dichthalten nach außen vertrat. Am Ende wird er noch nach dem unabhängigen Gutachten gefragt, das seine Behauptungen, Airbus habe Österreich getäuscht und betrogen, in der Luft zerreißt. Wie zu erwarten beharrt Doskozil auf seinem Standpunkt (d.h. dem der US-Rüstungsindustrie) und versucht, sich an den Leiter der Finanzprokuratur zu klammern, der aber rechtswidrig im Namen Kammerhofers das Bunkermuseum am Wurzenpass klagte, das der rote Offizier Andreas Scherer betreibt. 

Im Radio gibt es Ausschnitte aus der Rede Rendi-Wagners in Niederösterreich, wobei der Parteitag im Multiversum in Schwechat stattfand, das im Zentrum von Ermittlungen wegen Sportförderungen 2012 steht, für die man Darabos verantwortlich macht. Rendi-Wagners Fan Josef Kalina, der so stolz ist auf die Umfrage für „Heute“, betreibt übrigens die PR für Hans Peter Haselsteiners Festspiele Erl in Tirol, die wegen Lohndumping, Übergriffen und Mobbing ins Gerede gekommen sind. Wie mit allen Mitteln gearbeitet wird, um die Zustände zu vertuschen, zeigt der vielfach von Haselsteiner geklagte Blogger Markus Wilhelm unermüdlich auf. In einem vom ORF dann selbst beanstandeten Seitenblicke-Beitrag attackierte auch Haselsteiner-Freund Alfred Gusenbauer (der in diversen Aufsichtsräten sitzt) Wilhelm: „Ja, es ist ein schreckliche Zeit, weil es kein Anstandsgefühl mehr gibt. jeder glaubt er kann über jeden alles behaupten und das wird noch meiner Meinung nach noch ganz schlimm enden, weil wir uns von einer Demokratie in Richtung einer Verleumdungsgesellschaft entwicklen.“ Markus Wilhelm hat viel Sympathie auch in der Tiroler SPÖ als David gegen Goliath, doch zugleich blendet man in der „großen Familie“ immer noch die Rolle Gusenbauers lieber aus.

Gusenbauer in den Seitenblicken 

Kehren wir zum Silberstein-Eintrag bei Wikipedia zurück: „Die Gründung eines GCS-Büros in Wien durch Stan GreenbergJames Carville und Bob Shrums mit Silberstein als Leiter wurde auf Grund der Niederlage der SPÖ bei der Nationalratswahl in Österreich 2002 nicht weiter verfolgt.“ Damals war Alfred Gusenbauer SPÖ-Chef und Klubobmann (mit dem geschäftsführenden Klubiobmann Josef Cap an seiner Seite) und man stellte im Silberstein-Wahlkampf Abfangjäger Sozialausgaben gegenüber. Die schwarzblaue Regierung hatte sich entschieden, keine Gripen von Saab oder F-16 von Lockheed zu kaufen, sondern Eurofighter Typhoon von EADS. 2006 hieß es dann, „Sozialfighter statt Eurofighter“ und 2017 „Die teuren Eurofighter sind Geschichte“, stets mit Silberstein als „Berater“. Nach dem Wahlkampf 2006, der Gusenbauer knapp über Bundeskanzler Wolfgang Schüssel triumphieren ließ, übernahm Tal Silberstein die Firma GCS von Stanley Greenberg und anderen. Wikipedia schreibt: „Auf frühen Versionen der Homepage von GCS Issue Management Ltd. wird Silberstein als vom israelischen Präsidenten ausgezeichnetes Mitglied der Special Forces genannt.“ Der deutsche Journalist Daniel Neun schrieb zur Silberstein-Affäre, zu der auch die Beschattung von Medienleuten durch die Mossad-nahe Firma Black Cube gehörte: „Silberstein, der im Zuge seiner internationaler Aktivitäten 2014 in Botswana in örtlichen Medien als Agent des Mossad benannt wurde, hatte bereits 1999 den Wahlkampf von Ehud Barak und der sogenannten ‚Arbeitspartei‘ in Israel geleitet und war seit 2001 in Österreich mehr als nur Berater der Wahlkämpfe der sogenannten ‚Sozialdemokratischen Partei Österreichs‘. Er gilt dort als der Mann, der mit seinen Methoden den ‚S.P.Ö‘-Kandidaten Alfred Gusenbauer 2007 ins Kanzleramt brachte.“

„Schon 1999 gehörte Tal Silberstein zum Wahlkampf-Stab Ehud Baraks, bald als Stabschef. Barak wurde Premiergegen Benjamin Netanjahu“ schrieb der „Kurier“ nach Silbersteins Verhaftung im August 2017. Immerhin wurde Silberstein wegen seiner Geschäfte festgenommen und dann unter Hausarrest gestellt, was auch auf Beny Steinmetz zutraf, einen weiteren Gusenbauer-Geschäftspartner. Trotz üppigem Salär von mehr als einer halben Million Euro fragt sich, ob er es denn noch notwendig hatte, die SPÖ zu „beraten“ oder ob es um etwas ganz anderes geht. Immerhin war er gerade mal 30, als er Barak 1999 half, Premierminister zu werden – einem Armeegeneral, der zuvor erster Kommandant der Mossad-Einheit Caesarea war, die später in Kidon umbenannt wurde und ihr Personal aus Special Forces-Leuten rekrutiert. Man muss bedenken, dass auch in Österreich 1999 gewählt wurde und dann ÖVP und FPÖ erstmals eine Regierung bildeten; Aussagen von Barak, wonach Haider eine Gefahr darstellt, findet man problemlos im Netz. Im Jahr 2000 wurde im Burgenland gewählt, wo sich zeigte, dass Norbert Darabos, der fünf Jahre älter ist als Tal Silberstein, ein hervorragender Stratege ist. Nach der Wahlniederlage 2002 – als Silberstein eben kein GCS-Büro in Wien gründete – holte Gusenbauer im März 2003 Darabos als Bundesgeschäftsführer nach Wien („eines der größten politischen Talente“ der SPÖ).

Bericht über Rendi-Wagner

Im Wahlkampf 2006 verließ er sich aber nicht darauf, dass der Stratege auch auf Bundesebene reüssiert, sondern zog erneut Silberstein bei, den bereits 2002 manche in der SPÖ dem Mossad zuordneten. Spätestens Berichte über den Wahlkampf 2017 sollten klarmachen, dass diese Einschätzung plausibel ist, denn mit Manipulation, Spaltung, Gruppenbildung, aberwitzigen Ideen und dem Hereinholen Parteifremder ins Team stellte er seine Zugehörigkeit unter Beweis. Damit war nicht nur Kern – und Gusenbauer – verbunden, sondern auch Drodza und Rendi-Wagner; weil ihr Mann bei Drozda arbeitete und weil sie zu Silberstein-Zeiten Ministerin wurde. Natürlich war immer auch im roten Wohnzimmer tabu, offen über die wahren Fehler Kerns und Gusenbauers zu sprechen; auch Faymann wurde von teils berechtigten, teils aber in Unkenntnis unfairen Einschätzungen getroffen. Da der Ex-Kanzler 2016 praktisch weggeputscht wurde, sind Ressentiments bei seinen Anhängern verständlich, die bei der Kür Rendi-Wagners ein zweites Mal das Nachsehen haben. Die wichtigste Folge des Wahlkampfes 2006 war, dass die SPÖ auf Außen-, Innen-, Finanzministerium verzichtete, aber unbedingt das Verteidigungsressort haben musste, Schließlich versprach Gusenbauer mit Silberstein ja, den Kauf der Eurofighter rückgängig zu machen, ohne den Vertrag zu kennen.

Der Abgeordnete Darabos gehörte zwar dem Landesverteidigungsausschuss an, äußerte sich aber vor dem 24. Oktober 2006 kaum und wenn dann sehr banal zu den Eurofightern; weit weniger als andere, die z.B. dem Rechnungshofausschuss angehörten. Doch dann war er als Chefverhandler der SPÖ in den Medien, dem Verteidigungsminister Günther Platter auf ÖVP-Seite gegenübersaß. Als er Minister wurde, achtete man vielleicht weniger auf Merkwürdigkeiten, weil Gusenbauers Team erst in letzter Sekunde stand. Er bekam Klubsekretär Stefan Kammerhofer als Aufpasser (formal Kabinettschef) mit, den er sofort zum Leiter einer Eurofighter-Task Force machen musste (wie der Leiter der 2. Task Force Hans Hamberger kam er in den Aufsichtsrat der Bundesheer-Immobiliengesellschaft SIVBEG). Gusenbauers Freund und nunmehr Geschäftspartner Leo Specht (auch Anwalt Silbersteins) empfahl den Zivilrechtler Helmut Koziol zunächst für ein Gutachten zu einem Vertragsausstieg; schließlich leitete er anstelle von Peschorn die Verhandlungen mit Eurofighter. Bei Gusenbauers Befragung im 2. U-Ausschuss 2017 wurde deutlich, dass er nicht sagen konnte, welch andere Experten ihm Specht nahelegt hatte bzw. in welcher Kanzlei Koziol praktisch gearbeitet hatte. Doch vor allem putzte sich Gusenbauer ab, der die Grundlage für seine Lobbying- und Geschäftstätigkeit in der Kanzlerzeit gelegt hatte, und schob Bauernopfer Darabos den schwarzen Peter zu.

https://twitter.com/anna_thalhammer/status/1044579696946683906

Anna Thalhammer auf Twitter

Diese skandalösen Vorgänge werden in der Parteifamilie nach wie vor unter der Tuchent gehalten, was offenbar auch für die „Neue“ gilt. Dies, obwohl die Silberstein-Affäre vor Gericht kommt, Gusenbauer in den USA wegen nicht gemeldetem Ukraine-Lobbying angeklagt werden kann und Doskozils Airbus-Anzeige zum Desaster wird – ganz zu schweigen davon, was passiert, wenn die Justiz Druck auf Darabos untersucht. Wie alles zusammenhängt, zeigt der Tweet von Anna Thalhammer von der „Presse“, denn Rendi-Wagners allererster Schritt war es, sich zur Klubobfrau zu küren und Drozda in der Parteizentrale durchzusetzen. Thalhammer wurde wie Kollegen vom „profil“ von der Firma Black Cube in der Wahlkampf-Schlußphase beschattet, als Silbersteins verdeckte Facebook-Gruppen geoutet wurden. Es waren dann diese Medien, die der SPÖ-Bannstrahl bei Pressekonferenzen zur vermeintlichen Aufarbeitung der Silberstein-Affäre traf. Damit wurde Christoph Matznetter betraut, der auch einmal mit einer Firma namens Merkur verbunden war; der Merkur Treuhand, bei der er 2005 ausschied. Bei der Merkur Unternehmensbeteiligung, Vermögensverwaltung und Finanzierungsvermittlung Gesellschaft m.b.H findet man auch Matznetter, und diese wiederum hat Connections zum Renner Institut und hatte sie zum von der SPÖ verkauften Gartenhotel Altmannsdorf. Als  Adresse der Merkur wurde  jene des Gartenhotels in Wien-Meidling, als Gesellschafter die SPÖ zu 99,98 % und das Renner Institut zu 0,02 % genannt.

Das Gartenhotel spielte eine Rolle bei den Eurofightern, weil sich hier Gusenbauers  Chefverhandler Koziol, Darabos und seitens Eurofighter Aloysius Rauen und Rechtsberater Meinhard Lukas am 24. Mai 2007 trafen, um einen Vergleichsentwurf zu besprechen, den Koziol dann auf Hotelbriefpapier handschriftlich festhielt. Gusenbauer erfuhr davon angeblich erst durch den U-Ausschuss 2017, als am 2. Juni über die Befragung von Lukas berichtet wurde. In gewisser Weise war er aber 2007 abwesender Hausherr, da er bis Herbst 2017 als Präsident des Renner Instituts fungierte (er empfing am 24. Mai 2007 Bill Clinton in Wien, um dessen Kommen er sich sehr bemüht hat; Clintons rechte Hand John Podesta gründete mit Bruder Tony die Podesta Group, die für Lockheed lobbyierte). Gusenbauer wollte 2007 das Außenministerium nicht für die SPÖ, damit er sich als Kanzler international profilieren konnte ohne Konkurrenz aus den eigenen Reihen; bekanntlich wurde das auch internationale Verteidigungsressort ja kaltgestellt. So lud er Serbien schon damals in die EU ein und lobbyierte ab Sommer 2013 auch dafür; dem war z.B. eine Veranstaltung mit Präsident Ivica Dacic im Renner-Institut vorangegangen. Der geschäftsführende Präsident des RI Josef Cap (das gleiche Modell wie vorher im Klub) unterstützte dieses nicht gemeldete Lobbying publizistisch.

Der SPÖ-Disput auf Twitter

Auch für die Ukraine setzte Gusenbauer das Renner-Institut ein, wie wegen der Ermittlungen in den USA gegen Paul Manafort und die Podesta Group aufgezeigt wurde. Gusenbauer gradete Privatflug mit den vielen Kanzler in internationaler Mission-Bonusmeilen up, er telefonierte dann auf Parteikosten als Kasachstan-Lobbyist und er könnte mit seiner Haselsteiner-Connection auch mit der Aufnahme von NEOS-Leuten ins SPÖ-Wahlkampfteam 2017 zu tun haben. Hinsichtlich Abgehobenheit und SPÖ-Ferne kann es Drozda durchaus mit ihm aufnehmen, denn ihm wurde vorgeworfen, Burgtheater-Ressourcen privat für Handwerker- und Elektrikerarbeiten, Chauffeur- und Botendienste genutzt zu haben. Dann aber empfahl der „Weisenrat“ der Korruptionsstaatsanwaltschaft, nicht weiter zu ermitteln; dies allerdings auch, weil sich der Hinweisgeber nicht mehr gemeldet hat. 2017 geriet er wegen seiner Diplomarbeit unter Plagiatsverdacht, weil Passagen nicht als Zitat gekennzeichnet waren. In jenem Jahr schloß sich auch der Kreis, was die Festspiele Erl betrifft; „In Erl haben Sie gestern die Urkunde zur Umwandlung der Festspiele in eine Gemeinnützige Privatstiftung unterzeichnet. Ist die Tatsache, dass der Bund als Stifter mit an Bord ist, mehr symbolischer Akt oder auch als Signal dafür zu werten, dass es künftig auch mehr Geld vom Bund geben könnte?“ – fragte ihn die „Tiroler Tageszeitung„, die Markus Wilhelm nie beim Namen nennt,

„Ich habe in meinen früheren Funktionen immer wieder Opernproduktionen hier gesehen und ich finde es gut und richtig, dass die Republik da ein klares Commitment abgibt. Wir haben ein Festspielgesetz für Salzburg, eine Stiftung für Bregenz und jetzt haben wir auch eine Stiftung in Erl. Das ist schon ein klares Bekenntnis und auch eine Verantwortung, die man übernimmt“, meinte Drozda, dem offenbar entgangen ist, dass es nach wie vor Haselsteiner-Festspiele sind und dass einiges im Argen liegt. Auch als Wilhelm immer mehr öffentlich machte, reagierte er nicht wenigstens als Oppositionspolitiker und SPÖ-Kultursprecher darauf. Die TT fragte damals auch: „Ist eine Erhöhung der Bundessubvention — derzeit ist es eine halbe Million Euro — ein Thema?“ Und der „Bobo“ und „rote Dandy“ meinte: „Natürlich diskutieren wir im Rahmen der Budgetverhandlungen auch über eine Aufstockung des Budgets, denn es ist schon außergewöhnlich, was hier dank dieser Kunstleidenschaft von Gustav Kuhn und des Engagements von Hans Peter Haselsteiner entstanden ist.“ Kuhn ist jener von Gusenbauer und Haselsteiner (mit Hilfe auch von Josef Kalina) verteidigte „Maestro“, der respektlos mit männlichen wie weiblichen Mitwirkenden umgeht. Und Drozda, der „politisch in der seinerzeit von Alfred Gusenbauer geführten Sozialistischen Jugend sozialisiert“ wurde, kooperierte auch sonst mit Haselsteiner: „Dank der Generosität von Hans Peter Haselsteiner gibt es die Möglichkeit, mit der Infrastruktur der Albertina diese Sammlung zu zeigen. Ich finde, da steht es der Republik gut an, ihren Beitrag zu leisten. Das zumal in einer Zeit, in der ich die Budgets der freien Gruppen um drei Millionen erhöht habe, die Ateliers ausgebaut habe und auch Stipendien deutlich erhöht habe.“

PS: Drozda war natürlich – wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen und andere – 2017 bei der Festspiel-Eröffnung in Erl; als er Abgeordneter war und immer mehr über die Zustände bekannt wurde, überließ er es der Tiroler Abgeordneten Selma Yildirim, sich darüber zu empören und die vergangene SPÖ-Kulturpolitik „am heftigsten“ zu attackieren.

 

11 Kommentare zu „SPÖ – eine Familienaufstellung

  1. Ist es Zufall, dass Ex-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina, der auch schon mit Silberstein wahlkämpfte, mit seiner Firma Unique Research eine Umfrage für „Heute“ machte, in der Rendi-Wagner die beliebteste Politikerin ist?

    Wenn das durch solch eine Umfrage an den Tag gespült worden ist, dass Joy Rendi-Wahner angeblich die beliebteste Politikerin Österreich sein soll, [Was sonst?! :-D] so ist beruhigend anzunehmen, dass, wie vor dem 15.Okt. 2017 beim Vorgänger Kern, eher genau das Gegenteil zutrifft. Denn auch da stellte sich am Wahltag heraus, dass der beliebteste Politiker Österreichs schlussendlich der designierte Bundeskanzler Sebastian Kurz heißt.

    Die Hiobsbotschaft der „Umfrage“ kommt wahrscheinlich aus der selben diabolischen Verblödungswerkstatt, wie ein Wahlspruch aus dem Jahrzehnt zuvor, wo es Vertrauen erschleichend hieß: Wohlstand müsse gerecht verteilt werden. Na klar doch, Gerecht !

    Bloß wurde den anno ddazumal noch blindlings in Scharen die SPÖ wählendem Stimmvieh aus gutem Grunde verschwiegen, dass Wohlstand leider unteilbar ist, da mann / frau mit dem Begriff „Wohlstand“, mMn nur einen individuell erlebbaren Seins_Zustand über Individuen aus der Bevölkerung zu beschreiben versucht, ähnlich wie beim Begriff „Glücklichkeit“, was zwar individuell erlebbar sein kann, aber dennoch unteilbar bleibt.

    Aber wie heißt es so treffend: Die Hoffnung STIRBT zum Schluss !!!

    Wie auch immer

    MfG

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  2. Dies stellte kein Problem dar, da Schmid ein Wiener Landtagsmandat hatte und im Herbst das Einzelunternehmen GS-Consulting gründete, das dann von Doskozil den Auftrag erhielt, um 114.000 Euro ein Konzept für das Gedenkjahr 2018 zu erstellen.

    Molto Interessante per tutte gente, weil geradezu ein Markenzeichen(T) der SPÖsen und zwar vom Anfang an, also genau seit 100 Jahren: Such dir als Schutzschild einen unverdächtig klingenden Vorwand zB [„Nationalen Gedenkstätte für die Opfer der politischen Justiz 1938–1945“] und verschiebe hinter diesem Vorwand nach Belieben viel Geld, aber stets nach dem Motto: Je mehr [Geld] desto besser 😦

    Würde es nämlich der SPÖ bei Auftragsvergabe in der Tat ums Gedenken der Opfer von politischer Justiz gegangen sein, so hätten sich für die SPÖsen gegenwärtig / bis dato bereits genug Gelegenheiten dargeboten, den ungezählten Opfern (zB Westenthaler) einer offenkundig politisch agitierenden Justiz, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, tatkräftig helfend beizustehen. So schaut’s aus !!!

    Wie auch immer

    MfG

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  3. Was mich von SPÖ-Kreisen u.auch manchen Journalisten besonders und immer wieder aufs Neue ärgert ist, wenn sie sich als „Die Sozialdemokratie“ bezeichnen.

    Nein, die SPÖ ist nicht DIE Sozialdemokratie! Sie ist eine politische Partei wie jede andere und damit hat es sich. Es zeigt ein anmaßendes, präpotentes, eitles, unsympathisches Verhalten, das symptomatisch für den Allgemeinzustand der Partei sein dürfte.

    Mich wundert, dass dies die anderen Parteien einfach so hinnehmen od. es womöglich selbst so verwenden. Tut mir leid, aber für mich ist das keine Kleinigkeit.

    Danke, dass ich mir Luft machen durfte.

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    1. Korrekt erkannt. Sie SPÖsen mögen sich zwar selbst als die Sozialdemokraten sehen – wer dran glaubt, bitte !

      die Sozialdemokratie, wenn mann / frau so will, steht jedoch auf einem ganz anderen Blatt, schlicht, weil es auch ganz was Anderes ist, namentlich: eine Staatsform !!!

      Wie auch immer

      MfG

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      1. Das waren die EinlulSprüche der Sozialdemokraten schon bereits vor hundert Jahren; nur die Videotechnik war damals noch nicht erfunden

        Der Dampf plaudernde Mann im hellblauen Hemd [min. 02:43] schaut zum verwechseln dem 114.000 Euro teuren Professor Dr. Gerhard Schmid erschleichend ähnlich. Sollen wir das alles dem von mir als sehr … geschätzten Mag. H.P. Doskozil zu verdanken haben ? Scheint Doskozil zu gerne und wie selbstverständlich immer und überall stets nur seine Freunderl wirtschaften zu lassen ? Fragen über Fragen und Eine dringlicher als die Andere lol

        Wie auch immer

        MfG

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      2. Danke für den Link. Der Umstand, dass ich diese Utopie dahinter nicht (mehr) zu sehen vermochte, zeigt das ganze Dilemma auf. Offenbar verkörpert keiner in der „Sozialdemokratie“ mehr eine erstrebenswerte Utopie, sondern vielmehr die der Globalisten und daher fühle ich mich auf das Unangenehmste vereinnahmt dadurch.

        Sry, will eigentlich nicht so ich-bezogen auftreten; ev. empfinden es auch andere so.
        Wenn man selbst sozial eigestellt ist und ein leidenschaftlicher Demokrat, so grenzt diese absolutistische Vereinnahmung an Nestbeschmutzung.

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  4. Verständlich machen des 2. Absatzes des Kommentars vom 30. September 2018 um 13:49

    So wars gemeint:

    Würde es nämlich der SPÖ bei Auftragsvergabe in der Tat, wenigstens eine Sekunde lang, ums Gedenken der Opfer von politischer Justiz gegangen sein, so hätten sich für die SPÖsen gegenwärtig / bis dato bereits genug Gelegenheiten dargeboten, mit allen zur Verfügung stehenden demokratisch erlaubten Mitteln, den ungezählten Opfern [zB Peter Westenthaler] tatkräftig helfend beizustehen, anstatt für eine offenkundig politisch motivierte Justiz, konsequent, wie seit eh und je, die Mauer des Schweigens zu stützen.

    wie auch immer

    MfG

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  5. „Es gab deshalb keine Ausschreibung, weil Prof. Dr. Gerhard Schmid aufgrund seiner Fachexpertise, seines Netzwerks und seiner beruflichen Erfahrung der einzig bekannte Vertragspartner mit der erforderlichen Expertise im Bildungs- und Wissenschaftsbereich ist

    Da kommen wir der Wahrheit schon ein ganzes Stück näher: Es ist, meiner Meinung nach begründet ausdrücklich von „einem einzig bekannten Vertragspartner“ die Rede, so, als wolle man in bekannter „Dog-Whisteling“ Manier andeuten, dass Mann oder Frau, Herrn Schmid bereits bei seiner Ablöse, also a priori, verbindlich die Vergabe des bereits von langer Hand geplant gewesenen 114.000 Euro einbringenden Auftrags „vertraglich“, (daher die Bezeichnung Vertragspartner), zugesichert habe – als Abfertigung / Entschädigung, you name it;

    All dies zu einem Zeitpunkt, wo längst klar war, die Stelle als SPÖ-Geschäftsführer durch Georg Niedermühlbichler neu zu besetzen.

    „Es ist höchst aufklärungsbedürftig, dass Schmid eine Firma gründet und in der Folge sofort einen Auftrag für eine nicht ausgeschriebene Großstudie von Doskozil bekommt. –

    Ja, das stimmt !!!

    Wie auch immer

    MfG

    P.S.: Schon wieder spielt dieser Doskozil ein unrühmlich großes Rollo

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