In den letzten Jahren verabschiedeten sich mehrere Spitzenpolitiker mit einem spontanen kurzen Pressestatement, nach dem keine Journalistenfragen zugelassen waren. Bei Reinhold Mitterlehner, Werner Faymann und Eva Glawischnig ging es tatsächlich um den Abgang, während Matthias Strolz und nun auch Maria Vassilakou einen Rücktritt auf Raten einleiteten. Letzten November trat Peter Pilz vorübergehend zurück wegen Vorwürfen sexueller Belästigung, sitzt jetzt aber wieder im Parlament. Vor der Wahl berief Christian Kern eilig die Medien ins Kanzleramt, um wegen der Silberstein-Affäre eben nicht zurückzutreten. Vielleicht gehört auch das legendäre „Es reicht!“ von Ex-ÖVP-Chef Wilhelm Molterer in diese Kategorie, mit dem er 2008 die Koalition mit der Gusenbauer-SPÖ aufkündigte. In jeden Fall gibt es mehr Fragen als Antworten, was Spekulationen umso mehr anheizt. Vassilakou sagte wenig zum „Warum“, nur dass sie 50 wird, wobei sie betonte, dass ihr die Arbeit als Vizebürgermeisterin Freude bereitet. Doch es ist anzunehmen, dass die Kampfansage von Klubobmann David Ellensohn (55) eine große Rolle spielte, der auch bekanntgab, dass Vassilakou nicht mehr kandidieren wird. Es gab bei Vassilakou wie bei den meisten anderen also deutliche Anzeichen; nur bei Strolz ist unklar, was ihn zum Rückzug bewogen hat, da er innerhalb der NEOS nach außen hin nicht umstritten war.
Vassilakou ging auf ihre persönliche Geschichte als gebürtige Griechin ein, die zum Studieren nach Wien kam und behauptet, dass hier niemand Angst vor Armut haben muss. Man sah sie beim „großen Bahnhof“ für „Schutzsuchende“ im Herbst 2015 am Wiener Westbahnhof helfen, was auch für andere Politikerinnen von Grünen und SPÖ galt. Zu ihrer Nachfolge hat sie keine Präferenzen, sondern will „einen fairen Wettbewerb der Ideen und Visionen. Das würde Wien insgesamt weiter bringen. Ich wünsche mir mutige Ansagen und überzeugende Konzepte“. Sie zählt auf, wo sie mit dem Planungsressort Akzente setzen konnte, und meint dann: „So leidenschaftlich gern ich Politik mache, so sehr meine ich auch, dass ich mich von der ersten Reihe in absehbarer Zeit verabschieden muss, um Zeit und Raum für Erneuerung zu geben – auch für mich selbst.“ Nicht zu Unrecht ziehen Medien aber bereits kritisch Bilanz: „Peter Pilz holte sie 1995 zu den Grünen, ab da ging es für Maria Vassilakou politisch rasant aufwärts. Bis zu einem angekündigten Rücktritt, der nie stattfand.“ Und zwar, wenn die Grünen bei der Wahl 2015 verlieren, was auch eintrat, jedoch kein Hindernis für eine Fortsetzung der Koalition mit der SPÖ war.
Vassilakou im Presseclub Concordia
„Ein politischer Vertrauensverlust, den Vassilakou nie wieder richtig kitten konnte. Vielmehr verschlimmerte sich die Stimmung, als die Grüne Parteibasis das umstrittene Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt in einer bindenden Abstimmung ablehnte – Vassilakou es aber mit der SPÖ umsetzte. Folge war nicht nur parteiinterne Empörung, die UNESCO setzte Wien auch auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes zur Aberkennung des Weltkulturerbe-Status“, erklärt „Heute“ (mehr zum Heumarkt hier). Wenn konsequent behauptet wird, dass sie 1995 zu den Grünen kam, so stieg sie doch 1994 ein, als sie sich noch für die GRAS in der ÖH engagierte; damals unterstützte sie das Unterlaufen der eigentlichen Grünen Linie bei der EU-Volksabstimmung und hatte als eine der „kommenden“ Politikerinnen auch wenig Verständnis für mich als gemobbte (Ex-) Referentin und Aktivistin. Generell wurden die meisten Mandatarinnen entweder zunächst als Referentinnen engagiert oder Männer holten sie z.B. von Global 2000 wie Glawischnig; dass Frauen selbst auf die Idee kamen, sie könnten eine politische Funktion übernehmen, war nicht sonderlich beliebt. Als Vassilakou in der Partei gepusht wurde, war ich längst weg, weil ich erkannt hatte, dass Pilz einer fremden Agenda dient.
Bezeichnend ist, dass Vassilakou als Stadträtin immer wieder sexistischen und auch rassistischen Kommentaren ausgesetzt war und wohl ebenso, dass ihr Männer die Rute ins Fenster stellten. Das lief anders als beim Koalitionspartner SPÖ, der über Monate die geordnete Übergabe des Parteichef- und Bürgermeisteramtes gelang. Es ist kein Zufall, dass Martha Bißmann nach einem Zwischenspiel bei der Liste Pilz den Abgang grüner Frauen versteht, da Pilz ja bis vor einem Jahr in der Partei trotz allem wohlgelitten war. Auf Twitter sieht man einen Ausschnitt aus einem Interview mit „News“, in dem sie schildert, wie Peter Pilz über sie Tribunal halten wollte, mit seiner Gattin und 20 Akivisten an seiner Seite in einem Lokal. Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass offenbar jedes Wort protokolliert war, das sie je gesagt hat und sie damit konfrontiert wurde. Bei der nächsten Gemeinderatswahl könnte es sein, dass Pilz gegen die Grünen antritt, für die der 1991 kandidierte; damals bestand u.a. für mich dauernd Gefahr, einem solchen Standpilzgericht im Vorstand der Wiener Grünen ausgesetzt zu sein. Sein Verhalten stand nie wirklich zur Debatte, sodass bis heute Tabu ist, diese Zeit in den Grünen offen zu diskutieren. Jetzt ist durchaus vorstellbar, dass Pilz und der Grünen-Chef in spe Ellensohn gar keine politischen Konkurrenten sind, sondern nur so tun als ob.
Vassilakou auf Facebook
Immerhin ist bis dato keine Frau bereit, ebenfalls um Platz 1 zu kämpfen, was sich nur mehr bis 4. September ändern kann. Denn diesmal wählen die Grünen in einem mehrstufigen Prozess, der sich über mehrere Monate hinziehen soll. Die Opposition (die sie immer heftig attackiert hat) drängt natürlich auf Neuwahlen, die regulär erst im Herbst 2020 stattfinden würden. Manche meinen, es würde die Koalition zu sehr belasten, dass ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin Vassilakous Amt nach dem Rechnungsabschluß 2019 übernehmen sollen, denn das wäre nächsten Juni und damit lange vor dem nächsten Wahltermin. Gerne werden auch Begriffe wie „Fundi“ in die Diskussion geworfen, die nie grüne Wirklichkeit abbildeten, sondern eher ablenkten. Gewisse Parallelen zum Abgang Glawischnigs tun sich auf, denn die Chefin auf Bundesebene wurde über die Grüne Jugend attackiert, deren Chefin Flora Petrik sie per offenem Brief zum Rücktritt aufforderte, aber nie so genau sagen konnte, was sie an Glawischnig stört. Bei den vorgezogenen Wahlen letztes Jahr hätten sich die Grünen vielleicht trotz Pilz-Kandidatur etwas leichter getan, wären sie mit Glawischnig statt mit Ulrike Lunacek angetreten. In Wien 2018 kann sich Ellensohn hinstellen und sagen, dass er kandidiert, weil er der Beste ist, und wenige Tage später kündigt Vassilakou ihren Rücktritt an.
Jede Vassilakou-Geschichte erwähnt die Rolle von Peter Pilz bei ihrer Karriere: „Vassilakou ist 26 Jahre alt, hat ihr Sprachstudium abgeschlossen und ist allseits beliebte Generalsekretärin der Hochschülerschaft, als Peter Pilz, damals Frontmann der Wiener Grünen, sie als Mitarbeiterin ins Rathaus holt. Fast gleichzeitig heuert eine andere junge Akademikerin im grünen Klub an, Eva Glawischnig. Die beiden Frauen sind ehrgeizig, intelligent, medientauglich und Realos, so nannte man damals – im Gegensatz zu den Fundis – jene Grünen, denen Recht bekommen wichtiger war als Recht haben.“ Mit „Fundis“ sind die Menschen gemeint, die wollen, dass Grundsätze auch eingehalten werden, beispielsweise Gewaltfreiheit, statt wie Pilz und Van der Bellen US-Militärinterventionen zu bejubeln. Welch eine Ironie des Schicksals, dass Pilz nun mit den ausgesuchten Frauen seiner Liste Probleme hatte, was zur ersten wilden Abgeordneten der neuen Legislaturperiode führte. Und dass die Grünen auch ohne ihn nicht wirklich als „GrünInnen“ erscheinen, wenn sie die bisherige Spitzenkandidatin wegmobben können.
PS: Wie hier beschrieben werde ich seit Jahren wegen kritischer Berichte attackiert; nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich DRINGEND ein neues Quartier, bevorzugt in Wien oder Wien-Umgebung. So kann ich die von euch geschätzte Arbeit auch viel effizienter und mit euch gemeinsam fortsetzen, denn nachdem ich meine Wohnung in Wien verloren habe, bin ich auf dem Land gelandet. Wer etwas für mich hat oder weiss hilft mir damit sehr. Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra).
interessanter Kommentar in der presse
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Sie möchte halt so lange als möglich Vize-Bürgermeisterin und somit immun gegen Klagen bleiben.
Nächste Woche beginnt die Sichtung der so gefürchteten wie brisanten Lansky emails (500.000 E-Mails des Wiener Anwalts Gabriel Lansky die im Parlament gelandet sind. Es geht um höchst sensible Daten und Dokumente bis ins Jahr 2013, deren Löschung der SPÖ-nahe Anwalt seit Jahren erreichen wollte.) im parlamentarischen Untersuchungsausschuss und dann ist sie womöglich besser dann besser gut abgesichert zu sein …
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es würde mich auch interessieren ob die in Pension geht oder sonst wie weitergepampert wird.
Ansonsten kann man zum Abgang; falls sie denn nun wirklich endlich geht, nur sagen : HALLELUJA
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