Feindbild Herbert Kickl

In seiner früheren Rolle war Herbert Kickl FPÖ-Generalsekretär und galt als Parteistratege; dabei äußerte er sich wie seine Pendants in den anderen Parteien oft polemisch. Man kann dies nicht in ein Regierungsamt mitnehmen, sondern muß sich mäßigen, was ihm sichtlich schwerfällt. Doch ist dies schon ausreichend, ihn zum Feindbild zu stilisieren, wie es die Medien vor Beginn des BVT-U-Ausschusses tun? Da zugleich wieder ein U-Ausschuss zu den Eurofightern stattfindet, haben wir Vergleichsmöglichkeiten, was Politik und Presse angeht. Wenn das „profil“ siehe unten Kickl als schießwütig und überfordert darstellt, hat dies System, da die Medien gemeinsam ein BVT-Narrativ etablieren. Dies setzte ein, als es am 28. Februar 2018 eine Razzia in Büros des Verfassungsschutzes gab, wohlgemerkt angeordnet von der Justiz und unterstützt von der Polizei. Deswegen soll nun der Innenminister zurücktreten, der auf die Gewaltentrennung verweist und auch bestreitet,  dass es „Ermittlungsdruck“ aus seinem Büro gegeben haben soll. Im „profil“ beginnt es damit, dass ein Auto so beim BVT parkt, dass der Fluchtweg abgeschnitten ist, aber beileibe keine Panne hat. Im „Kurier“ geht es um ein weiteres Täuschungsmanöver, nämlich dass im Zuge der Hausdurchsuchung die Telefonanlage des BVT manipuliert worden sein soll.

Paradoxer Weise jammert der Mainstream – unterstützt von der Opposition -, dass dank Kickl „unser Geheimdienst“ handlungsunfähig und zudem international isoliert sein soll. Davon abgesehen, dass das BVT kein Geheimdienst ist, stellt aber die Durchführung der Hausdurchsuchung unter Beweis, dass österreichische Sicherheitskräfte – hier in Absprache mit der Justiz, sehr wohl verdeckt operieren können. Doch die meisten Reaktionen beziehen sich gar nicht auf ein paar Details oder gar ein Prüfen bekannter Fakten, sondern finden auf der emotionalen Ebene statt und gelten Feindbild Kickl. Besonders heftig zog „Aufdecker“ Peter Pilz vom Leder, den Kickl nun klagen wird, was Pilz freut, der sich vor Gerichtsverhandlungen bekanntlich zu drücken pflegt. Medien lehnen Pilz zwar als Grabscher ab, nehmen ihm aber immer noch den „Aufdecker“ ab und orientieren sich an seiner Diktion, wie etwa „Heute“ zur Rückkehr von Ex-BVT-Chef Gert Polli ins Innenministerium zeigt: „Diese Nachricht alarmierte Peter Pilz, der an Pollis Rolle im deutschen Rechtsextremismus erinnerte.“ Illustriert mit Pilz-Tweets, die auch „Investigativjournalist“ Florian Klenk teilt, wird auf einen Auftritt Pollis bei der AfD im Juni mit  „anderen rechtsextremen Kapazundern“ verwiesen. Freilich war dort auch der „rechtsextreme Kapazunder“ Willy Wimmer zu hören, der 2016 und 2017 beim linken Aktionsradius Augarten in Wien sprach. Er saß lange für die CDU im Bundestag, wo er mit dem heutigen Airbus-Anwalt Peter Gauweiler (CSU) das friedenspolitische Gewissen der Fraktion war, da beide gegen Us-Militärinterventionen auftraten und gegen den Einsatz der Panavia Tornado der Bundeswehr (sowas wie die Vorläufer der Eurofighter) in Afghanistan klagten.

Tweet des „profil“

Wenn Redner wie Polli oder auch Wimmer bei einer Bandbreite an Konferenzen eingeladen werden, dann geht es nicht darum, dass alle mit ihnen zu 100% übereinstimmen oder umgekehrt, denn man kann auch einem teils vorurteilsbelasteten Publikum bei der Horizonterweiterung helfen. Doch es ist Pollis Rückkehr ins Innenministerium, die Pilz alarmiert, der ihm (durch die Brille seiner amerikanischen ‚handler‘ betrachtet) Beziehungen zum Iran und zum Irak vorwirft. Als BVT-Chef wollte er nicht, dass Beamte nebenbei für die CIA arbeiten, da man nur einem Land dienen kann; er wurde auch dank Pilzschem Mobbing abberufen und machte dann bei Siemens Erfahrungen mit dem Wirtschaftskrieg gegen Europa, den Pilz ja siehe Eurofighter unterstützt. Anders als Wimmer und Gauweiler war Pilz für jede US-Militärintervention und wehe den Grünen, die dagegen aufstanden; als die beiden konservativen Abgeordneten gegen den Kosovokrieg 1999 auftraten, waren Pilz und Parteichef Alexander Van der Bellen dafür, was einige Grüne in Oberösterreich zum Parteiaustritt veranlaßte (sie gründeten dann die Friedenswerkstatt).

Detail am Rande: immer brav auf der amerikanischen Pilz-Linie war der nunmehrige Landesrat Rudi Anschober, der zynisch „mitmenschlich“ für die Lehre für Asylwerber kämpft. Er nimmt wie viele andere nämlich in Kauf, dass viele Menschen getötet und vertrieben werden, weil er nur für „Schutzsuchende“, nicht aber gegen Kriege und Regime Changes ist. Selbst der „Standard“ erwähnt beim Thema Polli die USA und Israel: „Polli war von Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) 2002 mit der Reorganisation der Staatspolizei beauftragt worden und dann bis 2008 Direktor des BVT. Damals wurden ihm undurchsichtige Kontakte zum Iran – die den USA und Israel missfielen – nachgesagt. Sie sollen auch der Grund dafür gewesen sein, dass er seinen Job als Leiter der Konzernsicherheit bei Siemens in München 2009 verlor.“ Es ist kein Gerücht, dass Polli Kickl bei den Regierungsverhandlungen beraten hat, doch Pilz stilisiert ihn zum „Schlüsselmann“ der BVT-Affäre, den er im U-Ausschuss zerlegen will. Manche vermuten, Polli habe das Amt seines vorübergehend suspendierten Nachfolgers Peter Gridling (der aus US-Sicht viel pflegeleichter ist) übernehmen wollen; Pilz sieht ihn als Verfasser jenes anonym verbreiteten Dossiers, das die Justiz zu Ermittlungen anregte.

Klenk retweetet Pilz

Wie seltsam die Medienwelt mit Pilz verflochten ist, sieht man an Florian Klenk, der diesen in den frühen Morgenstunden des 4. November 2017 vor Recherchen wegen sexueller Übergriffe warnte, sodass der Abgeordnete dann sofort die Flucht nach vorne antrat. Zwar befasste sich auch der „Falter“ damit, doch es kann sein, dass es nur um das Zugeben des Offensichtlichen und darum ging, Pilz für eine Weile aus der Schußlinie zu nehmen. Im Herbst, als erst über eine neue Regierung verhandelt wurde, war klar, dass es wieder einen Eurofighter-Ausschuss geben wird, doch vom BVT war noch nicht die Rede. Doch es gab einen Vorgeschmack, weil die „Zivilgesellschaft“ nicht nur weiter „refugees“ willkommen heißen wollte, sondern die Gefahr einer autoritären Wende sah, wenn die FPÖ die beiden Sicherheitsressorts übernimmt. Was vorher im Verteidigungsministerium möglich war, als es als SPÖ-geführt galt, hatte angeblich so energische Kämpfer für die Demokratie nie interessiert. Selbst wenn sich jeder Vorwurf gegenüber Kickl von Opposition und Medien als absolut berechtigt herausstellen sollte, verblaßt er gegen bis heute gedeckte BMLV-Mißstände. Dies stellt den Eurofighter-U-Ausschuss auf die Probe, ob er verfassungsmäßige Vorgaben auch so genau auf ihre Einhaltung bzw. Verletzung untersuchen wird.

Während das „profil“ in knalligem Rot an Anti-Trump-Titel u.a. des „Spiegel“ erinnert, geht es beim Verteidigungsressort und den Eurofightern ja „nur“ um die Rolle von SPÖ, Grünen und anderen im Kampf gegen den Konkurrenten von Lockheed und Boeing auf dem Weltmarkt. Und „bloß“ darum, dass die Gusenbauer-SPÖ mit dem israelischen Geheimdienstler Tal Silberstein für „Sozialfighter statt Eurofighter“ wahlkämpfte und dann versuchte, das Versprechen umzusetzen. Dies um den Preis, dass man ein an Hochverrat grenzendes Täuschungsmanöver mit einem unter Druck gesetzten, abgeschotteten, überwachten formalen Minister und einem „regierenden“ i.e. fremde Befehle ausführenden Kabinettschef (wie beim Vorgehen gegen Polli muß man an die USA und Israel denken). Dies wurde bisher von den Mainstreammedien, der Justiz, der SPÖ und vielen anderen zugedeckt bzw. ist nicht in seiner Brisanz erkannt worden. Und man muss die Opposition an ihren Taten messen, wenn sie medial so zitiert wird: „Sowohl SPÖ-Chef Christian Kern als auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger forderten Kickls Rücktritt. ‚Einer der Nachrichtendienste Österreichs ist kaputt. Das Vertrauen in einen Innenminister, der so dermaßen Unsicherheit schafft, ist nicht gegeben‘, sagte Meinl-Reisinger. Kern nahm auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht und befand dessen ‚dröhnendes Schweigen für nicht angemessen‘

März 2018 bei oe24.at

Alles wird in der Regel zum Stichwort BVT per Presseaussendung des Innenministeriums und der FPÖ dementiert; doch so handhaben es auch andere, wenn sie angegriffen werden. Bei den NEOS fragt sich, ob sie bei ihrer nächsten Pressekonferenz zu den U-Ausschüssen beim BVT aufdecken und bei den Eurofightern zudecken wollen; bei der SPÖ muss sich Kern fragen lassen, warum er Kabinettschef Kammerhofer als Abteilungsleiter bei den ÖBB unterbrachte, um ihn aus der Schußlinie zu nehmen und was das mit seinem Mentor Gusenbauer zu tun hat. Außerdem ist die Silberstein-Affäre nicht nur wegen des Verfahrens gegen Berater Rudi Fußi noch lange nicht ausgestanden, sondern auch, weil der Wahlkampf 2006 mit seinen Folgen für Regierungsverhandlungen und Regierung schonungslos untersucht werden muss. Der Eurofighter-Ausschuss müßte eine Menge Zeugen aus dem Umfeld von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer vorladen einschließlich Tal Silberstein, aber auch die ehemalige Bundesgeschäftsführerin Doris Bures, die heute als 2. Nationalratspräsidentin den BVT Ausschuss leitet: „Noch steht ÖVP–Nationalratspräsident und Ex-Innenminister Sobotka auf keiner Ladungsliste, aber die Opposition wird es nicht nehmen lassen, Sobotka im U-Ausschuss befragen zu wollen. Das wäre ein Novum, dass ein amtierender Nationalratspräsident seinen Abgeordneten Rede und Antwort stehen muss. Als sicher gilt bereits, dass die ÖVP die Ladung zu verhindern suchen wird. Bures sieht hier kein Problem.

‚Es liegt kein Ladungsverlangen vor. Wenn der Ausschuss zur Auffassung kommt, dass es erforderlich ist, gibt es nach der Verfahrensordnung keinen Grund, als Nationalratspräsident nicht zu erscheinen.'“ Tatsächlich ist sie als Vorsitzende ebenso fragwürdig wie Sobotka bei den Eurofightern, da er als Innenminister mit vertuschte bzw. Vorgänge beim BVT deckte, die mit der wahren Eurofighter-Affäre zusammenhingen. Eine der Verbindungen zwischen beiden Bereichen stellt der Anwalt Gabriel Lansky dar, dessen einst beschlagnahmte Mails dem BVT-Ausschuss vorliegen werden; er ist Freund und Vertrauter Gusenbauers, außerdem dessen Geschäftspartner und SPÖ-Mitglied. Übrigens sollte Pilz wegen seiner Verstrickung in den Eurofighter-Skandal und weil er nie österreichischen Interessen diente, allenfalls als Zeuge in U-Ausschüssen sitzen. Das aber blendet eine Presse aus, die eifrig damit befasst ist, Kickl zum Feindbild aufzubauen. Alles wird gegen ihn verwendet, auch wenn er das Oberlandesgericht nicht unbegründet kritisiert: „Dass man etwa belastende Unterlagen, Beweismittel, in Form eines Amtshilfeersuchens hätte bekommen können – auf gut Deutsch, dass man diejenigen die verdächtigt werden, bittet, einem zu geben, was sie belastet – dann scheint mir das, vorsichtig formuliert, etwas weltfremd zu sein.“ Bei einer Sondersitzung im März hieß es, er sehe eine „Verschwörungstheorie„, weil er ihm unterstellte Gedanken und Schachzüge zurückwies. Medien widmen sich ausgiebig dem Kickl-Kabinett, das „Ermittlungsdruck“ aufbaute und Zeugen organisierte, haben bislang aber nicht über rechtswidrige Anzeigen Kammerhofers und ebenso illegale Einflussnahme auf Gerichte oder die Zustände im Kabinett zu seiner Zeit berichtet. Doch Hauptsache, (Noch-?) SPÖ-Chef Christian Kern fordert immer wieder Kickls Rücktritt und versteigt sich dabei in Superlative der Ungeheuerlichkeit.

Kickl bei Wolfgang Fellner 

Wenn der Minister (siehe Fellner-Interview) sich keiner Schuld bewusst ist, die Opposition aber dennoch einen Mißtrauensantrag stellen will, erinnert dies auch an frühere Minister, die im Visier standen. Doch besonders absurd sind Vorwürfe, dass Kickl „unseren Geheimdienst“ zerstört habe, mit dem andere nicht mehr kooperieren würden. Dahinter steckt offenbar die Vorstellung, dass der Nicht-Geheimdienst BVT passiv auf Infos wartet, die andere großzügig und ohne Hintergedanken zur Verfügung stellen und selbst nichts herausfinden kann. Und ohne dass es Abgeordnete und Journalisten in den meisten Fällen ahnen, laufen sie Gefahr, selbst Teil von Geheimdienst-Inszenierungen zu werden, die nicht die Sicherheit Österreichs im Auge haben, die Kickl angeblich aufs Spiel setzt. Das beginnt schon bei flotten Twitter-Kommentaren, die Narrativen etwa bezüglich Putin folgen und endet dabei, die Operation um die SPÖ im Verteidigungsressort und die Eurofighter zu unterstützen, ohne dies zu realisieren. Auch Beifall für Peter Pilz gehört in diese Kategorie ebenso wie eine ablehnende Haltung gegenüber Polli, der übrigens als Agent ausgebildet wurde. Bei stark klingenden, aber übertriebenen Bezeichnungen für Kickl und die BVT-Affäre hilft ein Blick in andere Länder, etwa nach Schweden zur IB-Affäre, bei der ein unbekannter (also geheimer) Geheimdienst der Armee für Furore sorgte. In Stieg Larssons „Millenium“-Trilogie nimmt besonders Band 3 „Vergebung“ Anleihen bei der IB-Affäre.

PS: Wie hier beschrieben werde ich seit Jahren wegen kritischer Berichte attackiert; nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich DRINGEND ein neues Quartier, bevorzugt in Wien oder Wien-Umgebung. So kann ich die von euch geschätzte Arbeit auch viel effizienter und mit euch gemeinsam fortsetzen, denn nachdem ich meine Wohnung in Wien verloren habe, bin ich auf dem Land gelandet. Wer etwas für mich hat oder weiss hilft mir damit sehr. Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra).

7 Kommentare zu „Feindbild Herbert Kickl

  1. Willy Wimmer ein „rechtsradikaler Kapazunder“? Das ist das Lächerlichste, das ich seit langem gehört habe. Die Linkenpropaganda ist wirklich sehr,sehr anstregend und emotionalisierend!

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      1. aha kann mich nicht erinnern ,dass er andere Parteien hochjubelt.
        Ebenso finde ich es zb auffällig, dass das Bürgerforum mit Strache nicht auf youtube erscheint sehr wohl aber das von Kern und ganz sicher wird heute das Bürgerforum mit Kurz nach der Sendung online sein.

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  2. „Sowohl SPÖ-Chef Christian Kern als auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger forderten Kickls Rücktritt.

    Und für mich ist Herbert Kikl der beste Mann in der Regierung.
    Ein Segen für Österreich und Garant, einer neuen Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit.

    Zustände wie in Chemnitz wo Menschen mit 25 Messerstichen ermordet werden und dann die aufgebrachten Bürger diffamiert werden wird es mit Herbert Kikl nicht geben.
    Vielleicht sind deshalb SPÖ und NEOS so gegen Kikl.

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    1. Vielleicht sind deshalb SPÖ und NEOS so gegen Kikl.

      Gute Schlußfolgerung.
      Außerdem ist Kickl trotz aller Polemik einer der Sensibelsten in der Riege. Und das wird vom pol. Gegner wahrgenommen. Sowas geht aber gar nicht, daß ein „Rechter“ empfindsam ist, denn die vielbeschworene Emphatie ist doch ganz wo anders versammelt… odrr?

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      1. ganz genau – ich kann an dem, was ich von seiner amtsführung mitkriege, nichts finden, wo ich heftig kritik üben müsste

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