Tal Silberstein ist wieder da!

Im Wahlkampf 2017 und auch schon davor beging die SPÖ mit Christian Kern den Fehler, den israelischen Berater Tal Silberstein zu engagieren. Was normalerweise zu mehr oder minder erfolgreichem Dirty Campaigning führt, richtete sich in diesem Fall aber gegen den Auftraggeber, was zur Niederlage der SPÖ zumindest beigetragen hat. Nun heißt es, dass man Silberstein am 3. Juli 2018 in einem Innenhof plaudernd mit einem seiner damaligen Mitarbeiter gesehen hat und dass er wie üblich im Park Hyatt Hotel im sogenannten Goldenen Quartier abgestiegen ist. Sofort dementierten SPÖ und NEOS, dass sie mit Silberstein in Kontakt wären, was aber die Spekulationen vieler umso mehr anheizt. Binnen weniger Stunden wird alles, was seitens der Opposition etwas drastischer und aktionistisch ins Treffen geführt wurde, Silberstein zugerechnet. Man sieht daran auch, dass sich zwar nicht über Nacht, aber doch innerhalb von Monaten Bilder über Personen und Situationen etablieren lassen, die immer abrufbar sind. So kam der bis dahin als Mensch eher schattenhafte Silberstein zu einem wenig schmeichelhaften Ruf, der durch zahlreiche Beispiele begründet wurde. 

Von daher ist auch verständlich, wenn ihm jetzt wieder alles zugetraut wird, auch wenn die „Kleine Zeitung“ die „Silberstein-Sichtungen“ mit der Suche nach „Nessie“ vergleicht. Es genügt ohnehin, all die offenen Fragen erneut zu stellen, welche die SPÖ bis dato nicht beantworten wollte. Und das beginnt damit, dass es sehr wohl eine Art SPÖ-Connection darstellt, wenn Silberstein das Park Hyatt bevorzugt, das der Signa Holding gehört, deren Sprecher Anfang 2017 ein später als „Prinzessinnen-Dossier“ bekannt gewordenes Papier zur Kampagnenfähigkeit der SPÖ mit dem damaligen Kanzler Christian Kern verfasst hat. Die Einschätzung Kerns als „Prinzessin mit Glaskinn“ war weit weniger schmeichelhaft als jene von VerteidigungsmInister Hans Peter Doskozil und dessen Sprecher Stefan Hirsch. Der Signa-Sprecher schickte das Dossier (und andere Mails) an Silberstein, der darum gebeten hatte; er war früher bei SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer tätig und heuerte bei Signa an, als dieser im Dezember 2008 das Kanzleramt verließ. Gusenbauer zog 2002 und 2006 Silberstein als Wahlkampf-Berater heran, machte später mit ihm Geschäfte und sitzt in Signa-Aufsichtsräten. Als Ende September 2017 aufflog, dass Silberstein mit einem ehemaligen ÖVP-Berater, den er am 3. Juli 2018 wieder getroffen hat, Fake-Facebook-Seiten gegen ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz lancierte, war Kern begreiflicherweise in Panik. Er versicherte, davon nichts gewusst zu haben, klärte jedoch auch nach der Wahl die Silberstein-Affäre nie wirklich auf.

https://twitter.com/DJaegerbauer/status/1017341494141837317

Hinweis auf Bericht auf Twitter

Zahlreiche Berichte über Wahlkampf-Interna warfen die Frage auf, ob Silberstein Kern nicht durch den Kakao ziehen wollte, etwa mit dem Vorschlag, für ein Video im Slim Fit-Anzug in die Donau zu springen. So oder so wagte der SPÖ-Chef es jedoch nicht, mit Silberstein auch wirklich abzurechnen, z.B. indem er dessen üppiges Honorar zurückverlangt, wobei bis heute nicht bekannt ist, was wirklich bezahlt wurde. Kern schlug auch alle Warnungen wegen Ermittlungen z.B. in Rumänien gegen Silberstein in den Wind, wohl weil dieser ihm von Gusenbauer empfohlen und von Kern dann offiziell ab Oktober 2016 engagiert wurde. Kern wirkte auch nicht besonders glaubwürdig, als er zunächst von Focusgruppen, Umfragen und einer absoluten Nebenrolle sprach, aber deutlich wurde, dass Silberstein großen Einfluss hatte und im Kanzleramt nach Belieben aus- und eingehen konnte. Mit der vorübergehenden Festnahme von Tal Silberstein und Beny Steinmetz (auch er mit Gusenbauer verbandelt und einmal Geschäftspartner von Signa-Gründer Rene Benko) am 14. August 2017 in Israel mußte sich Kern vom Berater distanzieren. Es ging dabei um Guinea, während in Rumänien die Leiterin der Antikorruptionsbehörde Laura Codruta Kövesi auf Betreiben der Sozialdemokraten, für deren Chef Liviu Dragnea Silberstein Wahlkampf führte, ihren Sessel räumen muss.

Was aus dem Wahlkampf zu erfahren war auch über seinen Umgang mit Menschen unterstrich nur internationale Berichte, die ihn dem israelischen Geheimdienst zuordnen. Auf der Webseite seiner Firma (die er von Stanley Greenberg und Co. übernommen hatte) bezeichnete er sich eine Zeitlang als Special Forces-Soldat mit Kampferfahrung. Ihn verband (verbindet?) viel mit der SPÖ-Wahlkampf in Wien 2001, auf Bundesebene 2002 und 2006, während im Wahlkampf 2013 von Silberstein und Greenberg früher gebriefte Mitarbeiter wie Paul  Pöchhacker zum Einsatz kamen (und Stefan Hirsch und Laura Rudas, die später zur CIA-Gründung Palantir ging, auf Wahlkampfmanager Darabos aufpassten). Pöchhacker wird in Silbersteins Wikipedia-Eintrag so erwähnt hinsichtlich der Fake-Facebook-Gruppen: „Bundeskanzler Kern bestritt, von den Vorgängen gewusst zu haben. Kanzleramtsminister Thomas Drozda bemühte sich darum, dass der in Israel unter Hausarrest stehende Silberstein Interviews in österreichischen Zeitungen geben solle. Silberstein bestätigte, dass Kern nichts von seinen gemeinsamen Aktivitäten mit dem österreichischen Politikberater Peter Puller gewusst und der in Verdacht der Beteiligung geratene SPÖ-Wahlkampfmanager Paul Pöchhacker nur informelle Inhalte geliefert hatte. Tatsächlich hatte Pöchhacker nach der Verhaftung Silbersteins Puller angewiesen, dass die Seiten vorerst online bleiben sollen, da man sonst die Verbindung zu Silberstein sofort sehen würde. Pöchhacher wurde daraufhin suspendiert.“

Rendi-Wagner, Kern, Doskozil auf Plakat

Hinzuzufügen ist, dass Pöchhacker sich zu diesem Zeitpunkt beim Radfahren beide Arme gebrochen hatte und auf Tauchstation war; als Gras über die Sache gewachsen war, trennte sich die Partei von ihm als Mitglied. Drozdas Kabinettschef war der frühere österreichische Botschafter in Israel, Michael Rendi, dessen Gattin Pamela Gesundheitsministerin war und seltsamerweise an einer Universität arbeiten durfte, als sie ihren Mann nach Tel Aviv begleitete. Peter Puller ist der steirische Ex-ÖVP-Berater, der vor seiner Bekanntschaft mit SIlberstein (die er jetzt auffrischte) schon nicht ganz sauber wahlkämpfte, dies jetzt aber für die SPÖ tat. Mit Silberstein traf er zusammen, als dieser 2015 die NEOS in Wien beriet, was manche als Deal mit der SPÖ betrachteten, da es die Newcomer nichts kostete. Es wäre angebracht, Silberstein in den neuen Eurofighter-U-Ausschuss zu laden, wenngleich das Parlament bei einem Ausländer keine Handhabe hat, um sein Erscheinen sicherzustellen. Immerhin beriet er die SPÖ in zwei Anti-Abfangjäger-Wahlkämpfen; zuerst 2002 und allgemein, dann 2006 speziell gegen die Eurofighter, was danach der offizielle Wahlkampfmanager Norbert Darabos als Verteidigungsminister ausbaden musste, der seit damals unter massivem Druck steht, was auf Geheimdienste hinweist, vor denen ihn das Abwehramt nicht schützte.

In Israel werden Silbersteins Methoden in Zeitungskommentaren beschrieben; in Österreich bestätigen sie jene Personen, die schon einmal für ihn gearbeitet haben, mit dem Zusatz, dass diese selbst Stan Greenberg zuviel waren. Greenberg ist kein Waisenknabe, nimmt er doch überall auf der Welt auf Wahlkämpfe Einfluss und war 2008 am „Soros-Podesta-Plan“ zur Machtübernahme in den USA (durch die Wahl Obamas) beteiligt. Für den U-Ausschuss ist Silberstein auch deshalb interessant, weil im Prinzessinnen-Dossier Doskozil gelobt wurde, dem „Aufdecker“ Peter Pilz gerade wieder Rosen streute. Wie wir wissen, ist Doskozil jetzt Landesrat im Burgenland und soll im Herbst Landeshauptmann werden, wenn nichts Besonderes dazwischenkommt wie bspw. eine Debatte über SPÖ-Chef Kern oder Enthüllungen u.a. über Pilz. Nachdem Doskozil positiv bewertet wurde, ließ er sich von Pilz für den Kampf gegen Eurofighter und Airbus einspannen, was sehr nach einem Vertreten fremder Interessen aussieht. Auch der 2. U-Ausschuss zum Verfassungsschutz sollte sich mit Silberstein auseinandersetzen, da sich ja die Frage stellt, wo die österreichische Spionageabwehr geblieben ist. Dies auch deshalb, weil Wikipedia quasi als Fußnote festhält: „Die beiden Journalisten die die Silberstein-Affäre aufgedeckt hatten, wurden Mitte Oktober 2017 darauf aufmerksam gemacht, dass sie beschattet würden. Das Wiener Landesamts für Verfassungsschutz verfolgt Hinweise auf eine israelische Security-Firma.“ Gemeint sind „Presse“ und „profil“, die am 30. September 2017 die Fake-Facebook-Seiten der SPÖ-Kampagne zuordnen, auf die wie auf die rumänische Korruptionsstaatsanwältin Kövesi die Firma Black Cube angesetzt wurde, die Mossad-Leute gründeten.

Brodnig befasst sich mit Fake News

Es ist verständlich, dass die Regierungsparteien eine neue Dirty Campaigning-Welle befürchten, doch sie sollten Aktionen aus dem Bereich von SPÖ und ÖGB lieber damit vergleichen, wie 2016 parteiintern gegen den damaligen Kanzler Werner Faymann aufgetreten wurde. Es braucht nicht immer einen Silberstein, um Menschen zu instrumentalisieren und dazu zu bringen, dass sie reagieren, statt nachzudenken, welchen Eindruck etwas hinterlässt. Davor ist kein politisches Lager gefeit, und auch jene, die nun  wieder an jeder Ecke Silberstein sehen, sind dafür anfällig. Vor Faymanns Rücktritt im Mai 2016 war nicht Silberstein, sondern Alexander Soros immer wieder in Wien – beides muss nichts bedeuten, da Silberstein vielleicht nicht erwähnt wurde und Soros‘ Anwesenheiten nichts mit dem dann vollzogenen Wechsel von Faymann zu Kern zu tun hatte. Bekannt ist aber, dass Kern als neuer Kanzler bald Besuch von George und Alexander Soros bekam und sich diesbezüglich bedeckt hielt. Umso mehr staunten manche, dass er sich am 1. Oktober 2017 in höchster Silberstein-Panik als enger Vertrauter von George Soros bezeichnete. Dies klang wie ein Hilferuf, der darauf baut, dass Soros und Silberstein offiziell im Clinch sind -wie wir wissen, kooperiert Soros mit Greenberg, für den Silberstein lange arbeitete, und John Podesta war Lobbyist des Eurofighter-Konkurrenten Lockheed, wenn er nicht gerade Bill Clintons Stabschef oder Barack Obamas Wahlkampfleiter war. Übrigens gerät er wegen Ukraine-Lobbying ins Visier der US-Justiz wie Paul Manafort, der dafür Alfred Gusenbauer engagierte.

Aktuell kann man es der Regierung nicht verdenken, dass ihr Dementi der SPÖ auf Medienanfrage nicht genügen: „Die kolportierte Rückkehr von Tal Silberstein nach Österreich wirft einige Fragen auf. Christian Kern und Max Lercher müssen klarstellen, ob Silberstein für die SPÖ oder nahestehende Organisationen weiter oder wieder tätig ist. Offenbar haben die Sozialdemokraten nicht von den Ereignissen aus dem Vorjahr gelernt“, sagt ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Denn „die endgültige und restlose Klärung der Affäre Silberstein durch die SPÖ bisher ausgeblieben“, sodass sich die Frage stellt, ob Silberstein im letzten Jahr nicht erbrachte Leistungen abarbeite. Man vermutet bei den Türkisen Silbersteins Handschrift in der Art und Weise, wie SPÖ und ÖGB gegen den 12 Stunden-Tag agitieren. Seitens der FPÖ schließt sich Generalsekretär Christian Hafenecker an: „Die Dirty Campaigning-Methoden der SPÖ und ihrer Vorfeldorganisationen gegen die österreichische Bundesregierung lassen darauf schließen, dass Tal Silberstein wieder in Österreich sein Unwesen treibt und zumindest indirekt für die SPÖ beziehungsweise deren Umfeld tätig ist.“ Auf Wikipedia, wo vor wenigen Monaten noch fast nichts über Silberstein stand, der Eintrag inzwischen aber erweitert wurde, lesen wir: „Nach der Silberstein-Affäre bekundete er, dass ihn das politische Beratungsgeschäft nicht mehr interessiere.“ Dies unter Bezugnahme auf einen Artikel, der 2018 im „Falter“ erschienen ist.

„Österreich“ interviewte Silberstein (30.9.17)

Immerhin untersuchte die SPÖ den Fall Silberstein selbst und lud dann jene Medien nicht ein, die enthüllten, wer hinter Fake-Seiten steckt, etwa die „Presse„, die dann schrieb: „Wäre all dies nicht publik geworden, wäre das Team Silberstein – und damit profitierend auch die SPÖ – bis zum Wahltag damit durchgekommen. Lang ist ja auch SPÖ-Chef Christian Kern mit seiner Verteidigungslinie durchgekommen, Tal Silberstein würde nur Umfragen für die SPÖ interpretieren. Bis dann ganze von Silberstein erdachte Wahlkampfkonzepte den Weg nach außen gefunden haben. Christian Kern sah sich nichtsdestoweniger als das eigentliche Opfer der Affäre Silberstein an. Wiewohl er ihn selbst ausgesucht hatte. Und Ratschläge, von Silberstein die Finger zu lassen, in den Wind geschlagen hatte. Die Verlockung, den in allen Umfragen führenden Sebastian Kurz mithilfe des Spindoktors, dem, wenn man diversen Genossen so zuhörte, beinahe Zauberkräfte zugeschrieben wurden, doch noch zu überholen, war zu groß.“ Nach der Wahl kommentierte der Publizistikprofessor Fritz Hausjell (auch Funktionär das BSA) in der „Zeit“, dass Medien an der SPÖ-Niederlage schuld seien. Übrigens verteidigt Hausjell die Beschäftigung eines weiteren Darabos-Aufpassers, von Ex-Pressesprecher Answer Lang am Publizistikinstitut. Es war ein No-Go zu fragen, ob es denn überhaupt notwendig war, Silberstein zu engagieren und auch jene Personen unter die Lupe zu nehmen, die mit ihm kooperierten. Man kann die Koalition verstehen, dass sie beim symbolischen Einsatz von Pflastersteinen gegen den 12-Stunden-Tag an Silbersteins Beratung denken.

Doch es kann auch um etwas ganz anderes gehen, nämlich darum, dass bislang zugedeckte Altlasten, die auch mit Silberstein zu tun haben, unter den geänderten Verhältnissen ans Licht zu kommen drohen. Und wenn wir die sogenannte Silberstein-Affäre Revue passieren lassen, spielte bei Enthüllungen eine Rolle, dass Mails durchsickerten oder Nachrichten auf WhatsApp. Will man solche Fehlerquellen – oder auch Abhören – vermeiden, muss man das persönliche Gespräch suchen. Bei Silbersteins Background ist durchaus möglich, dass das weniger von Kern und Co. ausgeht als vom „Berater“ selbst. Freilich ist dies alles höchst spekulativ, doch wenn wir uns ansehen, was sich verändert, sind wir bei der Rolle von Peter Pilz, der im Grunde nur mehr stammelnd seine U-Ausschuss-Missionen erklärt (siehe dieses Video). Deutlich wird aber, dass er Doskozil in den höchsten Tönen lobt und unterschwellig droht, dass bei dessen Linie gegen Eurofighter festgehalten werden muss. Der angebliche Aufdecker Pilz verschlief die Silberstein-Affäre, um dann mit der Forderung, man müsse Österreich „Silberstein-frei“ machen, Empörung wegen Antisemitismus-Assoziationen auszulösen. Es gibt einige interessante Details, wie dass Doskozil auch gerne das Park Hyatt frequentierte oder dass der Gusenbauer-Freund und Geschäftspartner Leo Specht, der den Zivilrechtler Helmut Koziol für Verhandlungen mit Eurofighter empfahl, auch Silbersteins Anwalt ist. Kann es sein, dass Dinge aufzufliegen drohen, von denen das brave durchschnittliche SPÖ-Parteimitglied nichts ahnt?

4 Kommentare zu „Tal Silberstein ist wieder da!

    1. danke für den hinweis, das ist die übliche oberflächliche recherche, man nimmt prominente namen, die sich auch gerne interviewen lassen. dafür sollten eigentlich die alternativmedienprogramme von mateschitz nicht da sein.. auch wenn einiges bei servus sehr gut ist…

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