BVT-Affäre: Geheimdienst-Geheimnisse

Seitdem vor ein paar Monaten eine Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz stattgefunden hat und die Staatsanwaltschaft u.a. gegen den suspendierten BVT-Chef Peter Gridling ermittelt, kreiern Medien einen Narrativ. Obwohl das BVT sich als Sicherheitsbehörde versteht, ist dabei von Geheimdienstskandal die Rede. Dies wäre nicht ganz so falsch, würde sich die Berichterstattung z.B. darauf konzentrieren, wie das BVT bei der Spionageabwehr versagt oder wie parteiisch es ermittelt, wenn es z.B. um die (auch verdeckte) Beobachtung von Extremismus geht. Während ein anonym zugeschicktes Dossier Ermittlungen auslöste, behandelt die Staatsanwaltschaft namentlich eingebrachte Anzeigen und Sachverhaltsdarstellungen zu mit Spionage in Zusammenhang stehenden Mißständen im Verteidigungsressort und in der SPÖ nicht. Man kann üblicherweise nur schriftlich per Post oder mit digitaler Signatur Anzeigen einbringen, nicht aber per Mail unter Fantasienamen; und dennoch kümmert sich die Justiz darum.  Der Verdacht der Nötigung eines Ministers (des nunmehrigen SPÖ-Landesrats Norbert Darabos) in Verbindung mit Spionage gegen Österreich interessiert eine Staatsanwaltschaft nicht, die bei Ermittlungen das BVT heranzieht, wo nachrichtendienstliche Analyse oder auch Spionageabwehr Fremdworte zu sein scheinen. 

Dank der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Graz gegen die Identitären als vermeintlich „kriminelle Vereinigung“ wird deutlich, wie sehr z.B. das Extremismusreferat instrumentalisiert wird, das nicht ermittelt, sondern in der Antifa- und Refugees Welcome-Szene plagiiert. Sowohl Regierungsmitglieder und Ministerien als auch Behörden wie der Verfassungsschutz und natürlich Medien müssten eigentlich einen 360 Grad-Blick haben, d.h. Sachverhalte unvoreingenommen aufgrund ihrer Bedeutung und basierend aufTatsachen wahrnehmen und behandeln. Dem ist jedoch nicht so, was dazu führt, dass Mißstände immer größer werden und zugleich umso forscher manch eine Agenda verfolgt wird. Was Ermittlungen in der BVT-Affäre betrifft, ist daher Ambivalenz durchaus angebracht, da die Justiz mit zweierlei Maß mißt und Medien einen bestimmten Eindruck vermitteln sollen. Zugleich aber sind Erhebungen, egal wie es dazu kam, schon allein wegen unfassbarer Zustände dringend notwendig, wie z.B. eine Meldung aus dem Jahr 2011 zeigt, die schon damals vom Verdacht des Amtsmissbrauchs gegen BMI-Kabinettschef Michael Kloibmüller sprachen (gegen den auch jetzt ermittelt wird). Denn dessen Vater Josef ist, so der damalige Bericht, „einer der wichtigsten Disziplinarbeamten im Innenministerium. Das ist zwar nicht verboten, offenbart aber eine fatale Optik. Denn: Josef Kloibmüller wurde in jener Zeit befördert, als sein Sohn Michael Personalchef war.“

Das „profil“ am 9. März 2018 zum BVT

 

Da Vater Kloibmüller über Strafen gegen Polizisten entscheidet bzw. mit Versetzungen und Suspendierungen  zu tun hat, bleibt ein bitterer Beigeschmack. 2011 sagten Polizisten in Wien und Oberösterreich klar: „Vater und Sohn sprechen sich in Personalfragen ab.“ Natürlich wurde dies seitens des Ministeriums dementiert, doch außerdem fällt auf, dass der Vater nicht nach Wien pendeln muss, sondern von einem Büro in Weyregg am Attersee aus arbeitet. Die Kloibmüllers erinnern an die Disziplinarkommission im Verteidigungsministerium, die jetzt an der Untersuchung der Golan-Affäre mit zwei nicht namentlich genannten Mitgliedern beteiligt ist. 2015 gab das BMLV eine Publikation zum Beschwerdemanagement heraus, deren Vorwort „Brigadier Mag. jur.“  Alexander Klecatzky verfasst hat (ehemaliger Disziplinaranwalt im BMLV, ehemaliger Vorsitzenderer der  Disziplinaroberkommission im BMLV und seit 2014 Vorsitzender der Disziplinarkommission für Soldaten). In der Praxis wird Klecatzky den Bezeichnungen Brigadier und Jurist keineswegs gerecht; auch er verdankt alles der Familientradition: „Matthäus Klecatsky tritt in große Fußstapfen. Der Rohrbacher musterte schon wie seine Vorfahren an der theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt als Leutnant aus und führt so die Familientradition weiter. Sein Vater, Oberstleutnant Georg Klecatsky ist als stellvertretender Kommandant der Luftunterstützungsbrigade des Österreichischen Bundesheeres tätig.

Auch der Großvater des frischgebackenen Leutnants war Militär-Oberst und sein Onkel Alexander Klecatsky ist immer noch als Brigadier im Dienst des Militärs. ‚Eigentlich müsste man schon von der vierten Generation sprechen, da bereits der Onkel seines Großvaters als Leutnant in der k.u.k. Monarchie diente, jedoch 1914 als einer der ersten Soldaten im 1. Weltkrieg an der Italienfront fiel‘, sagt der stolze Vater Georg Klecatsky.“ Dazu kommt noch als Großonkel des neuen Leutnants der ehemalige Justizminister Hans Klecatzky, wie im Bericht von 2010 erwähnt wird. Im März 2013 feierte der ehemalige Generalstabschef Edmund Entacher seinen Abschied, und bei der Gelegenheit wanzte sich Alexander Klecatzky an mich heran. Er stellte fest, dass ja gar nicht stimme, was über mich behauptet werde und in Bergen von Akten im gemeinsamen Büro von Disziplinarkommission und Rechtsschutzbeauftragtem festgehalten sei. Letzterer besteht nur auf dem Papier und soll die Bundesheer-Geheimdienste kontrollieren, ist aber nie zu sprechen, sondern unterschreibt brav, was ihm das Ministerkabinett vorlegt (Ironie des Schicksals: für einen unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten setzte sich einst der Abgeordnete Darabos ein). Weil mir klar war, dass die Abschottung von Ex-Minister Norbert Darabos mit Überwachung und Druck einhergehen muss, und dies nur von einem fremden Geheimdienst ausgehen kann, stand ich über dessen Handlanger im Kabinett im Visier und beschwerte mich immer wieder vergeblich beim „Rechtsschutzbeauftragten“.

Klecatzky hat als Bundesheeroffizier einmal gelobt, sein Leben für die Republik Österreich einzusetzen, was bedeutet, sich auch für den Schutz verfassungsmäßiger Einrichtungen, zu denen die Regierung gehört, ins Zeug zu werfen. Davon kann jedoch bei ihm nicht im Mindesten die Rede sein, da er sicher nicht nur mir weismachen wollte, dass Kabinettschef Stefan Kammerhofer deswegen anstelle des Ministers Anweisungen gäbe, weil Darabos wegen „Migräne“ tagelang unerreichbar sei. Jurist ist auch eine Scherzbezeichnung für Klecatzky, der wissen muss, dass ein Kabinettschef nur echte Ministerweisungen eins zu eins weitergeben darf und sonst nichts, wie ja auch die Entacher-Berufungskommission 2011 feststellte. Der Minister hat das Weisungsrecht im Ressort (Artikel 20 Absatz 1 der Bundesverfassung) und die Befehls- und Verfügungsgewalt über das Bundesheer (Artikel 80 Absatz 2 und 3). Ein Günstling, Versager und Opportunist, der über Disziplinarmaßnahmen gegen Soldaten entscheidet (die vielleicht nur dem Minister und keinem Usurpator dienen wollten), verbreitet also bereitwillig Desinformationen über seinen formalen obersten Chef, der einem fremden Geheimdienst im Weg ist, den Klecatzky damit unterstützt. Man erkennt aber am familiären Bezug auch, dass der Letzte, der etwas für die Landesverteidigung tat, noch in die k.u.k.-Zeit gehört. Auf der ganzen Linie versagt auch Milizbrigadier und Volksanwalt Bill (FPÖ und ebenfalls Jurist), der als Abgeordneter ebenfalls alles gedeckt hat.

Ex-BVT-Chef Polli im Interview

Wenn die SPÖ nun aussendet, dass sich die Notwendigkeit eines BVT-U-Ausschusses von Tag zu Tag mehr bestätigt, wirft sie in Wahrheit gerade einen Bumerang, denn auch das Decken von Spionage gegen Österreich, die sich der SPÖ bediente, gehört zum Sündenregister des Verfassungsschutzes. Solange Darabos Verteidigungsminister war, wäre das Abwehramt für seinen Schutz zuständig gewesen; Konjunktiv deshalb, weil man nicht einmal bereit war, Kammerhofer zu überprüfen und auch nichts Verdächtiges daran sah, dass er Darabos z.B. von den „hauseigenen“ Eurofighter-Experten abschottete oder ihm bei Befragungen im U-Ausschuss 2007 jede Antwort vorsagte. Doch es fiel vorher und nachher in die Kompetenz des Verfassungsschutzes; und auch, als Darabos Minister war, ergab sich die Notwendigkeit zu handeln, da es 2012 mehrere (vergebliche) Anzeigen von mir bei der Staatsanwaltschaft Wien gab. Diese wurden nicht siehe BVT mit einem Fake-Account per Mail ungültig eingebracht, sondern korrekt schriftlich per Einschreiben und thematisierten u.a. den Verdacht der Nötigung eines Mitglieds eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, Amtsanmaßung, Amtsmißbrauch und auch die Möglichkeit, dass Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil der Republik das zugrunde liegende Delikt ist. Ehe Darabos am 11. Jänner 2007 Minister wurde, war er als Abgeordneter Mitglied eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers und durch den SPÖ-Wahlkampf fürs BVT interessant, den er ja nach außen hin leitete. Dabei musste er mit Tal Silberstein zusammenarbeiten, den bereits 2002 einige in der SPÖ dem Mossad zuordneten, was man auch in internationalen Berichten fand, den Verfassungsschutz aber keineswegs auf den Plan rief. Auch als Silbersteins Vorgangsweise durch den verunglückten SPÖ-Wahlkamopf 2017 breit thematisiert wurde, schien dies das BVT nicht zu interessieren. Es gab den Verfassungsschutz schon, als SPÖ, Grüne (= Peter Pilz) und Rudi Fußi gegen die Entscheidung der schwarzblauen Regierung für Eurofighter statt z.B. Lockheeds F-16 opponierten. Anscheinend durfte man da niemals Verdacht schöpfen, obwohl in der US-Botschaft mit einem Zuschlag für den amerikanischen Rüstungskonzern gerechnet wurde und man dementsprechend erbost war. Lockheed ist seit vielen Jahren eng mit der CIA verbunden:

„Using the code name ‘Project Cherry’, later ‘Project Wild Cherry’, in conditions of total secrecy, the 7 Neptune’s were hand built in Lockheed’s ‘Skunk Works’ facility. The aircraft were given standard production numbers and Navy Bureau Numbers but were officially accepted by the USAF. The 7 aircraft were given the Lockheed designation P2V-7U and were allocated USAF serial numbers 54-4037 to 4043. After much persuasion, the USAF Air Material Command eventually came up with a specific type designator for these 7 aircraft – RB-68A and they were delivered in overall Sea Blue, the standard US Navy livery for the type. Because of a funding shortfall, various CIA departments had contributed funds towards the costs of the RB-68A project and each felt it had a right to have its specialised equipment on board the aircraft. Consequently, the aircraft soon outgrew it’s design load limits and the specialist equipment manufactures were required to redesign the systems to be detachable. This meant that no two aircraft were alike, but that they could be easily configured for a specific mission. The RB-69A was eventually fitted with a variety of unusual systems, one was a huge device which completely filled the bomb bay and could dispense tens of thousands of leaflets in rapid succession, another was a large wooden supply container which could sustain agents dropped from the same aircraft.  As it was planned from the outset to parachute agents from the RB-69A, it was decided to investigate fitting the ‘Skyhook’ aerial retrieval system. The first ‘live’ pickup was accomplished in 1958 and at least one RB-69A was modified with the ‘Skyhook’ system.“

Spionageflugzeuge (aus „The Wizards of Langley“)

Auf der Spur der Lockheed-CIA-Spionageflugzeuge, die auch mit Wiesbaden zu tun hatten, wurde der flugbegeisterte Filmemacher Dirk Pohlmann schließlich zu einem Experten für Geheimdienste, denen er mehrere Dokus widmete. Nicht nur Lockheed ist mit der CIA verbunden, auch der frühere Stabschef von Bill Clinton, Berater von Barack Obama und Wahlkampfleiter von Hillary Clinton John Podesta, dessen Bruder Tony bis Oktober 2017 für Lockheed lobbyierte (Ermittlungen u.a. gegen ihn wegen Ukraine-Lobbying betreffen auch Alfred Gusenbauer). Bekanntlich war es Gusenbauer, der Darabos das BMLV als „großes Los“ zuschanzte und der dann so tat, als habe er keine Ahnung, wie es zu einem Vergleich mit Eurofighter kommen konnte. Zu den Freunden und Förderern Gusenbauers gehört auch der Milliardär Martin Schlaff, dem im Zuge der Ermittlungen gegen Michael Kloibmüller Bestechung vorgeworfen wird: „Ermittelt wird gegen Kloibmüller u. a. wegen Verdachts auf Bestechlichkeit. Er soll, so der Standard, laut Ermittlungsakt 500.000 Euro von Schlaff für Beeinflussung in einem von der Staatsanwaltschaft Wien geführten Ermittlungsverfahren genommen haben. Dieser Verdacht gehe zurück auf jenes anonyme Dossier, das die BVT-Affäre im Vorjahr anstieß – das aber teils äußerst abstruse Anschuldigungen enthält. Jedenfalls würden auf Seite 23 die angeblichen Zahlungen von Schlaff an Kloibmüller beschrieben.“ Medien schwächen da gerne ab, weil Schlaff in zwei U-Ausschüssen nichts zur Last gelegt werden konnte, die er jedoch auch nicht ernstnahm. Auch die Justiz war bisher erfolglos, doch das hat nichts zu bedeuten, da sie vielleicht keinen Erfolg haben durfte.

Schlaff ist auch deshalb eine schillernde Gestalt, weil er den Grundstock seines Reichtums mit DDR-Geschäften schuf (in der DDR studierte übrigens der designierte Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und Neo-Stadträtin Veronica Kaup-Hasler wurde dort geboren). „According to the German parliament’s investigations, Schlaff was an unofficial employee of the Stasi. His Stasi codename was ‚Landgraf‘ and registration number ‚3886-86′“, verrät uns Schlaffs englischsprachiger Wikipedia-Eintrag. Laut deutschem Parlament versorgte er die DDR mit Embargogütern; bei Wikipedia befasst sich ein Abschnitt mit „Disappeared public funds after the Fall of the Berlin Wall“: „When the parliament of Germany investigated public funds that disappeared after the Fall of the Berlin Wall, it found out that East Germany (GDR) had transferred large amounts of money to Schlaff through accounts in Vaduz, the capital of Liechtenstein, in return for goods  ‚under Western embargo‘. Moreover, high-ranking Stasi officers continued their post-GDR careers in management positions in Schlaff’s group of companies. For example, in 1990 Herbert Kohler, Stasi commander in Dresden, transferred 170 million marks to Schlaff for ‚harddisks‘  and months later went to work for him. The investigations concluded that ‚Schlaff’s empire of companies played a crucial role‘ in the Stasi attempts to secure the financial future of Stasi agents and keep the intelligence network alive.“

Schlaff hat auch Verbindungen zur Gazprom und zu Russland, und eine Fussnote bei Wikipedia zu einem Haaretz-Link wird mit dieser Anmerkung versehen: „In Austria it’s believed that he is actually an Israeli Mossad agent, which explain his connections with the stasi police in east Germany during the cold war and his connections with top Israelis officials. Also it’s believed that during the operation in Dubai, the network connection was established in Austria from his company building.“ Dank eines umfassenden Überwachungssystems in Dubai ist die Mossad-Operation 2010 zur Ermordung des Hamas-Führers Mahmoud Al-Mabhouh  recht gut dokumentiert; erwiesen ist, dass sie via SMS über Wien koordiniert wurde (was macht das BVT?). Bekannt ist außerdem, dass Schlaff im Jänner 2007, als sein Freund Gusenbauer ins Kanzleramt einzog, eine Feier in sehr kleinem Rahmen veranstaltete. 2012 berichtete die „Presse“ über das Einstellen von Ermittlungen gegen Schlaff und Co. wegen der Übernahme und dem teuren Verkauf von Mobilnetzanbietern: „…. der Geschäftsmann unterhält nicht nur sehr gute Kontakte in die SPÖ – er war wirtschaftspolitischer Berater von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer. Schlaff ist auch in der ÖVP gut vernetzt.“ Als 2009 Schlaffs Sohn Benny heiratete, war Gusenbauer unter den Gästen, ebenso 2013 bei Tochter Naomi.

Anmerkung bei Schlaffs Wikipedia-Eintrag.

2009 gab es ein Charity-Dinner in Wien zugunsten der fragwürdigen Clinton-Foundation, bei dem sich u.a. Alfred Gusenbauer einladen ließ: „Dennoch: Bill Clintons Charity Foundation kam letztlich nicht zu kurz. Denn ebenfalls beim Dinner anwesend – und mehr als einfach zahlender Gast – war Milliardär Martin Schlaff in Begleitung seiner entzückenden Gattin Barbara. Schlaff, der dann auch am Life Ball unmittelbar vor Clinton das Geschehen verfolgte, soll sich mehr als spendabel gezeigt haben und so das volle Interesse des Ex-Präsidenten genossen haben.“ 2007 bemühte sich Bundeskanzler Gusenbauer sehr, Clinton zu einer AIDS-Gala (für die dubiose Clinton-Foundation) vor dem Life Ball nach Wien zu holen, die am 24. Mai in Schönbrunn im Beisein u.a. von Bundespräsident Heinz Fischer stattfand, Dass am selben Tag der unter Druck gesetzte Darabos im Gartenhotel Altmannsdorf, das damals der SPÖ gehörte, einen Entwurf für einen Vergleich mit EADS unterzeichnete, will Gusenbauer erst im Eurofighter-Ausschuss 2017 erfahren haben. Der neue Vorsitzende des ORF-Stiftungsrates, Norbert Steger (FPÖ) war übrigens für Schlaff tätig (und lobte ihn 2009 im BAWAG-Prozess), der wiederum Verbindung zu Ex-Kanzler Christian Kern hat, der 2016 beinahe Vorstandsvorsitzender bei RHI wurde, wo Schlaff 30 % hielt und Gusenbauer im Aufsichtsrat war.

Der „Standard“ bedauert, dass Schlaff jetzt in „eine Geheimdienstaffäre“ „schlittert“ und muss dennoch anmerken: „So vage der Ermittlungsstand ist, so sicher ist es, dass Schlaff im Zusammenspiel mit der Telekom Austria im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts dicke Geschäfte machte. Das System war relativ einfach gestrickt: Schlaff kaufte mit Partnern Mobilfunker in Osteuropa, um sie relativ kurze Zeit später mit hohen Profiten wieder zu veräußern. In zwei Fällen, in Bulgarien und Weißrussland, war die teilstaatliche Telekom Austria die Käuferin. Allein bei der bulgarischen Mobiltel verdoppelte Schlaff den Einsatz von 800 Millionen Euro binnen zwei Jahren auf 1,6 Milliarden Euro. In allen Fällen erstand der frühere Osthändler die Beteiligungen von Geschäftsleuten mit – gelinde gesagt – zweifelhaftem Ruf. Auch Walter Meischberger und Peter Hochegger naschten an den Engagements mit.“ Die Telekom konnte nicht direkt erwerben wegen ihrer Compliance-Regeln, und so sprangen andere eben helfend ein. Zufällig arbeitete Stefan Hirsch, später Sprecher von Gusenbauer, Darabos, Steßl und Doskozil, damals für Lobbyist Hochegger, was z.B. im BUWOG-Prozess nicht zur Sprache kam. Hirsch wurde im Prinzessinnen-Dossier, das ein Ex-Gusenbauer-Sprecher für Silberstein Anfang 2017 verfasste, besonders auffällig gelobt und fungierte gegenüber Darabos als Aufpasser. Der Dossier-Verfasser ist Sprecher von Rene Benkos Signa Holding, in der Gusenbauer Aufsichtsratsfunktionen hat und in die nun auch Hans-Peter Haselsteiner investiert, bei dem Gusenbauer ebenfalls in Aufsichtsräten sitzt.

Addendum hat zu den Verbindungen der „Nachrichtenhändlerin“ Christina Wilkening recherchiert, die Stasi-Mitarbeiterin war und zweimal in dem Dossier erwähnt wird, das 2017 an die Justiz ging. Man wundert sich, dass eine „Geheimagentin“ zwischengeschalten wurde, wenn Konzerne wie die OMV Geschäfte machen, was aber doch daran erinnert, einen Anwalt als Mittler zu verwenden oder siehe Telekom mehrere Strohmänner. Zu Wilkenings relevanten Aktivitäten hat auch Anwalt Gabriel Lansky Bezug, ein weiteres mit Gusenbauer und Kern verbundenes SPÖ-Mitglied, das u.a. Gusenbauer als Lobbyist für Kasachstan gewinnen konnte. Wilkening hat auch Connections zum ORF und zur Wiener Städtischen, die als SPÖ-nahe gilt; einer ihrer Hauptauftraggeber war aber die von Ex-Bundesheerbrigadier Gerald Karner vertretene Firma Aventus. Karner meldete sich gerade kritisch in der Golan-Affäre zu Wort und unterstützte 2012 die Kampagne von Hannes Androsch gegen das bestehende Bundesheer, das durch schlanke reaktionsschnelle Truppen für Kampfeinsätze ersetzt werden sollte. Nicht nur wegen Kasachstan, weil man da neben Lansky und Gusenbauer auch z.B. an den Ex-SPÖ-Abgeordneten Anton Gaal denken muss, lohnt es sich für den neuen U-Ausschuss, das Material eines U-Ausschusses 2009 zu sichten.

Satire „Reich werden mit Martin Schlick“

Recherchen in Sachen BVT und Geheimdienste seien schwierig, meint man nicht nur bei Addendum, weil „check  – double-check – re-check“ als Meßlatte schwer einzuhalten sind. Vielleicht ist deshalb so gerne von „geheim“ bzw. „Doppelagentin“ (bei Frau Wilkening) die Rede: „Die Angelegenheit ist so geheim, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht einmal bestätigt, ob sie ein Ermittlungsverfahren führt oder nicht. Nur eines ist offiziell: Es gibt ein Rechtshilfeersuchen aus Deutschland. Über den Inhalt wird eisern geschwiegen. Und das könnte seinen guten Grund haben.“ Dies ist allerdings ein Bericht von 2016, in dem es auch heißt:  „Laut Verdachtslage soll W. Beamte bestochen haben – unter anderem, um an Informationen zu gelangen, und damit sich einer der Beamten zugunsten Firtaschs einsetzen würde. Gegen Firtasch wird nicht ermittelt, er gilt als Zeuge.“ Gemeint ist der ukrainische Oligarch Dmytro Firtasch, der nicht in die USA ausgeliefert werden will. Das Muster kommt bekannt vor, siehe Schlaff und Kloibmüller: „Der ‚Kurier‘ berichtete zuletzt, dass W. möglicherweise auch hierzulande Beamte bestochen haben soll, und zwar Mitarbeiter des Innenministeriums bzw. des dort angesiedelten Verfassungsschutzes. Das deckt sich mit News-Informationen. Die Affäre dürfte insgesamt jedoch noch deutlich darüber hinausgehen. Frau W. soll nämlich seit Jahren vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), dem zum Innenministerium gehörenden zivilen Geheimdienst Österreichs, beschäftigt worden sein. Demnach wurde die Unternehmensberaterin, der beste Kontakte in Osteuropa nachgesagt werden, als Informantin, als sogenannte ‚Quelle‘, des BVT geführt. Dem Vernehmen nach soll das bereits seit 2006 der Fall gewesen sein.“ Eine Quelle könnte sie auch in der Weise gewesen sein, dass sie anderen Informationen aus dem BVT beschafft hat. Und all das und noch viel mehr hat bis März 2018 kaum jemanden gekratzt, wie es aussieht.

„Aufdecker“ Peter Pilz griff die Causa 2018 auf, als Hausdurchsuchungen beim BVT Aufsehen erregten, und schrieb auf Facebook unter anderem: „Nicht nur in Wien treffen die russischen Nachrichtendienst SWR und FSB und die CIA der USA aufeinander. In Wien geht es dabei um das Ausspähen internationaler Organisationen. Im Vergleich dazu ist die österreichische Politik in drittrangiges Ziel. Bei österreichischen Unternehmen ist das anders.“ Es mag sein, dass viele weniger an Unternehmen denken, doch die Politik ist durchaus Ziel, wie man anhand des Verteidigungsressorts und der Regierung generell sehen kann. Pilz macht auch klar, auf wessen Seite er steht: „Im Zentrum konzentrierter geheimdienstlicher Aktionen steht seit Jahren die OMV. Von Wien bis Abu Dhabi arbeiten Gazprom und SWR Hand in Hand gegen österreichische und europäische Interessen. Dabei versuchen CIA, SWR, FSB und andere Dienste wie das iranische Ministerium für Nachrichtenwesen Einfluss auf das BVT zu nehmen. Wer das BVT kennt, kennt auch die Hinweise auf einschlägige Kontakte hoher Verfassungsschützer.“ Und er gehört natürlich – wie üblich kann man sagen – zu jenen, die geheimnisumwitterte Dossiers in Kopie besitzen:

„Wer sind die Autoren des mir vorliegenden 40 seitigen Papiers? Welche Rolle spielt die CIA beim Kampf um OMV und BVT? Welcher Zusammenhang besteht zur Affäre ‚Wilkening‘?Sind Informationen des BVT in Wahlkämpfen missbraucht worden? Hat SC Pilnacek schon in anderen vergleichbaren Verfahren interveniert? Gab es vergleichbare Formen der Zusammenarbeit zwischen freiheitlichen Spitzen des BVT und dem iranischen Geheimdienst?“ Was die CIA betrifft, kann er sich von ihr ja briefen lassen, und was den nunmehrigen Generalsekretär im Justizministerium Christian Pilnacek betrifft, hat er selbst ja dazu beigetragen, dass in Sachen BMLV und Eurofighter nicht korrekt ermittelt, sondern ein Sündenbock gesucht wird, auf eine Anzeige von Pilz hin. Sowohl Pilnacek als auch Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter, der von seinem Freund „Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter auch per Buch hofiert wird, sowie der suspendierte BVT-Chef Peter Gridling sind der Verpflichtung nicht nachgekommen, strafrechtsrelevante Tatbestände anzuzeigen. Diese sind allen drei Herren rund um das BMLV und den Umgang mit Darabos zur Kenntnis gebracht worden, was keinerlei Konsequenzen hatte. Dass Pilz an der Ablöse von Gridlings Vorgänger Gert-Rene Polli mitwirkte und ein Resultat ist, dass man beim BVT zu offen ausländischen Diensten gegenüber ist, sei am Rande bemerkt.

Doku auch zu Österreich betreffenden Enthüllungen

Diese werden um eine bislang für sie pflegeleichte Behörde bangen, bei der manche Mitarbeiter ihnen allzu nahe stehen. Bezeichnend ist, dass einige Journalisten sich offenbar als Vertraute Pilnaceks betrachteten, ergo wohl auch das als erwähnenswert behandeln, wo ermittelt werden darf und ignorieren, was brisant(er) sein mag, aber nicht von ihm goutiert wird: „Auch, dass der Generalsekretär des Justizministeriums von der Hausdurchsuchung nicht informiert worden war, sahen manche Journalisten, die mit dem Spitzenjuristen traditionell gut kooperieren, als Skandal.“ Das bezieht sich auf Hausdurchsuchungen, die letztlich auch den U-Ausschuss begründeten, weil die Opposition (und die Medien) sie empörend fanden. Dabei gehörte Pilnacek zu jenen, denen man nicht über den Weg trauen konnte:“ Wie sich später herausstellte, hatte das einen einfachen Grund: Pilnacek hatte sich vor Weihnachten mit einigen der später Verdächtigen in einem Innenstadtlokal getroffen. Überhaupt dürfte die eigenwillige Planung des Einsatzes damit zu tun gehabt haben, dass es im Kern der Causa BVT um ein Netzwerk von Beamten im ÖVP-Einflussbereich geht, das vom langjährigen, inzwischen als Beschuldigter geführten Kabinettschef Michael Kloibmüller geleitet wurde und in einigen Fällen auf mutmaßlich strafrechtlich relevante Weise agiert hat. Es geht um Datenweitergabe und andere Formen von Amtsmissbrauch. Nicht auszuschließen, dass von den weitergegebenen Informationen das eine oder andere Mal auch Medien profitiert haben.“

Das BVT leidet allerdings unter einem grundlegenden Baufehler: „Für Partnerdienste ist die Grundkonstruktion des BVT ein Problem, und das nicht erst seit kurzem: Als Polizeibehörde muss das BVT die erhaltenen Informationen im Rahmen der Strafverfolgung verwerten – und das ist genau das, was Geheimdienste nicht wollen, denn so tauchen nachrichtendienstliche Erkenntnisse irgendwann in den Akten von Staatsanwaltschaft und Gericht auf.“ Polli arbeitet übrigens u.a. für die Diözese Gurk, was kein Einschüchterungsversuch und auch keine Verrätersuche sein soll. Laut „Kurier“ waren mit dem ehemaligen Agenten des Heeresnachrichtenamtes Polli als erstem BVT-Chef die Weichen in die falsche Richtung gestellt, zumal man dann Leute mit dem richtigen Parteibuch, aber nicht unbedingt der passenden Qualifikation hereinholte: „Die Folge waren viele persönliche Verletzungen, weil sich Mitarbeiter schlecht behandelt, ausgeschlossen und übergangen fühlten. Der Verfassungsschutz, der eigentlich Terroristen, Spione und Neonazis bekämpfen sollte, ist heute ein Hort des Misstrauens und der Vernaderung.“ Außerdem meinen viele, dass Militär und Polizei unterschiedlich agierten und nehmen für sich in Anspruch, dass die Polizei-Vorgangsweise die subtilere ist.

Und es gibt jede Menge Ansatzpunkte für den U-Ausschuss: „Ehemalige Kabinettsmitarbeiter im Innenministerium meinen wiederum über das BVT, die Suchmaschine Google hätte oft mehr Informationen gefunden als das eigene Amt. Was von all diesen Vorwürfen tatsächlich stimmt, wird noch im U-Ausschuss und vor Gericht geklärt werden müssen.“ Das bedeutet nichts anderes, als dass es Unfähigkeit, bewusste Behinderung und Sabotage oder aber Einflussnahme gibt, die Erkenntnisse und Ermittlungen verhindert. So betrachtet sollte man auch die Aufregung über die Namen von verdeckten Ermittlern im Akt der Staatsanwaltschaft nicht überbewerten, da auch diese wohl nicht für eine 360 Grad-Sicht, sondern politisch motiviert eingesetzt wurden. Was die „Doppelagenten“-Ebene betrifft, sei auf die Doku im Video oben verwiesen und auf die Geschichte des Hotel Neptun in Warnemünde, in dem sich schon vor der Wende Ost und West begegneten. Auch bei uns gab es immer wieder Angst vor Stasi-Agenten, wie man an der Debatte über die Rüstungskonversionsstudie von Pilz und anderen beim nunmehrigen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen unter der Schirmherrschaft des einstigen Wissenschaftsministers Heinz Fischer sehen konnte. Pilz will sein Comeback auf der Parlamentsbühne übrigens feiern, indem er persönlich in den BVT-Ausschuss geht und natürlich auch auf den neuen Eurofighter-Ausschuss Einfluss nimmt.

PS vom 22. Mai 2018: Am gleichen Tag wurde bekannt, dass Ermittlungen gegen Peter Pilz eingestellt werden und die Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling aufgehoben wird. Was dies politisch bedeutet, analysiere ich hier.

PPS: Wie hier beschrieben werde ich seit Jahren wegen kritischer (wahrheitsgemässer!!!!) Berichte attackiert;  nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich DRINGEND ein neues Quartier, bevorzugt in Wien oder Wien-Umgebung. So kann ich die von euch geschätzte Arbeit auch viel effizienter und mit euch gemeinsam fortsetzen, denn nachdem ich meine Wohnung in Wien verloren habe, bin ich auf dem Land gelandet. Wer etwas für mich hat oder weiss hilft mir damit sehr. Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra)

 

3 Kommentare zu „BVT-Affäre: Geheimdienst-Geheimnisse

  1. Ein PS zum Filz, BUWOG-Prozess:

    Laut Anklage waren die 200.000 Euro hingegen Bestechungsgeld für den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP), damit er der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Büroturm zustimmte. Das Geld floss über die zypriotische Firma Astropolis von Peter Hochegger nach Liechtenstein, wo es laut Anklage auf die Konten von Grasser, des Immobilienmaklers Ernst Plech und Meischberger aufgeteilt wurde.

    http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Grasser-Prozess-Raiffeisen-fand-Verdaechtiges-im-eigenen-Haus/334460310

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