Die SPÖ geht in Opposition

Mit einer Schrecksekunde von einer Woche hat die SPÖ begriffen, dass sie der nächsten Regierung nicht mehr angehören wird. Und es ist typisch Noch-Kanzler Christian Kern, der ÖVP Schuld am eigenen Scheitern zu geben, da sie Schwarz(türkis)blau seit 18 Monaten vorbereitet habe. Somit haben zwar SPÖ-Vertreter mit der FPÖ geredet; Rot-Blau als Alternative muss aber eine Nebelgranate sein. Man kann verstehen, dass die SPÖ-Gremien sich vorerst einmal hinter Kern stellen, um die eigene Niederlage nicht  auch noch selbst aufzubauschen. Doch zugleich zeigt sich darin Panik und Schock, da ausschliesslich Personen als Alternative zu Kern genannt werden, mit denen weiterer Abstieg vorprogrammiert wäre.  Es heisst, er soll den Klubobmann im Parlament machen, wenn die neue Regierung angelobt ist und der bisherige  Klubobmann Andreas Schieder wäre dann geschäftsführender Klubobmann. Dieses Konstrukt erinnert an die Arbeitsaufteilung zwischen Alfred Gusenbauer und Josef Cap in der Opposition, wobei sie heute im Renner Institut fortgesetzt wird (Präsident bzw. geschäftsführender Präsident).

Dieses Detail sollte die SPÖ darauf hinweisen, dass immer noch Gusenbauer-Netzwerke mitmischen, zumal Kern auf Vermittlung von „Gusi“-Freund und Geschäftspartner Martin Schlaff mit FPÖ-Chef Heinz Christian Strache sprach. Und Verteidigungsminister Doskozil frequentiert das Park Hyatt Hotel wie Ex-Berater Silberstein, das Hotel gehört zur Signa-Gruppe mit Gusenbauer im Aufsichtsrat und Signa-Sprecher Robert L. in Silbersteins „Spezialeinheit“ für den Wahlkampf. Am Montag ging es auch darum, wer der künftigen Oppositionsfraktion (neben Spitzenkandidat Kern) angehören soll: „Die Mandate aus der Bundesliste werden er selbst, Pamela Rendi-Wagner, Wolfgang Katzian, Gabriele Heinisch-Hosek, Thomas Drozda, Elisabeth Feichtinger und Mario Lindner ausfüllen. Lindner wird statt Georg Niedermühlbichler einziehen, der kurz vor der Wahl zurückgetretene Bundesgeschäftsführer wird sein Mandat nicht annehmen. Dessen Interims-Nachfolger Christoph Matznetter geht aber überraschenderweise leer aus. Somit gibt es doch keine Belohnung für Matznetter, der sich für die Aufarbeitung der Silberstein-Affäre geopfert und die Bundesgeschäftsführung übernommen hat.“

SPÖ auf Twitter

 Von “ Aufarbeitung“ kann aber keine Rede sein, da Matznetter wesentliche Fragen offen lässt; darunter auch, was im Wahlkampf 2006 (mit Silberstein) passierte und welche Folgen es für die 2007 gebildete Regierung hatte (Stichworte z.B. Eurofighter und Verteidigungsressort). Dass auf Empfehlung Gusenbauers ein israelischer Agentenführer noch lange nachhängenauch noch teuer dafür bezahlt wurde, die SPÖ-Kampagne zu unterwandern und an die Wand zu fahren, wird aber Kern und der SPÖ noch lange nachhängen. Manche lassen sich von Kern-Sprüchen a la „starke Opposition“ beeindrucken, aber andere posten z.B.: „Den Schatten von Silberstein wird er nicht los. Das ist ein schwerer Makel für einen, der im Begriff ist sich neu aufzustellen.  Was mit der ÖVP (hoffentlich) gelungen ist, wirds mit den Sesselklebern nicht spielen. Und das ist enorm wichtig! Wer mit einer wählbaren Partei nicht koalieren will, zeigt uns wie undemokratisch diese Partei war/ist. Sehr viele Wähler fühlen sich verarscht und werden zu Protestwählern und das ist nicht gut.“ (User „incredible, fabricated story of the EU, fairytails„)

Inlandseuropäer“ schreibt: „Tja liebe Rote, schon damals zu Klima/Rudas-Zeiten war klar geworden, dass diese Spindoktorei nur nach hinten losgeht und die Wähler abturnt. Jetzt mit Silberstein war es die totale Katastrophe, ihr hattet nichts gelernt. Lernt ihr das jetzt? Ist das eh nicht auf CKs Mist gewachsen? Ohne Silberstein wäre die SP im Rennen um den Sieg gewesen, wenn man sich jetzt ENDLICH auf Grundwerte besinnt und solchen Unsinn bleiben laesst hat Kern Chancen das Ruder herumzureissen.“  Dass er dazu imstande ist, bezweifle ich, gebe aber „derBauer“ recht: „Würde Kern zurücktreten, dann würde der Nachfolgekampf zum Flügelkampf innerhalb der SPÖ. Es gibt keine Person, welcher zugetraut werden könnte, als Kompromisskandidat die Partei zu einen. Das wissen alle. Deshalb wird Kern die Stange gehalten.“ Oder auch: es wird noch kein Name genannt. „poeme“ sieht Kerns Statement vor der Sitzung heute ähnlich wie ich: „Kern ist der Totengräber der SPÖ. Kern sagte heute, dass die ÖVP die Silberstein Affäre aufgebauscht hat. Kein selbst Eingeständnis, keine Verantwortung übernehmen, offensichtliche Überheblichkeit. Wenn er als Kanzler zukünftig wieder unten als Abgeordneter sitzt, ist dass für manche ein politischer Absturz. So gesehen wurden die SPÖ Mitglieder wieder hintergangen. Ein Rücktritt wäre das Mindeste gewesen!“

Kern hat die SPÖ mehr als eine halbe Million € für das Silberstein-Debakel blechen lassen und es als erster SPÖ-Kanzler geschafft, die Kanzlerschaft durch Verlust von Platz eins bei Wahlen zu verspielen. Zugleich wird er Gusenbauers Rekord als kürzestdienender Kanzler der Zweiten Republik einstellen, da seine Amtszeit von Mai 2016 bis längstens Dezember 2017 dauert. Wenn das noch keine Gründe für einen raschen Abgang sind, solle man daran denken, das die SPÖ mit ihm auch sonst keinerlei Signale personeller Erneuerung aussendet oder sich damit befasst, was seit der Gusenbauer-Zeit schiefgegangen ist. Auch wenn Kern gerne Haltet den Dieb! ruft, hat er und nicht Wahlsieger Sebastian Kurz Gusenbauer-Silberstein-Schlaff-Connections; schliesslich prahlte er damit, dass er schon einen 2 Millionen €-Vertrag mit RHI (Schlaff hält 30% der Anteile, sein Sohn und „Gusi“ sind im Aufsichtsrat) in der Tasche hatte, als er 2016 doch lieber Kanzler wurde. Dass Kurz mit Kern nach der Wahl am kürzesten sprach, zeigt anschaulich, wieviel Porzellan Kern in der Gusenbauer-Silberstein-Falle zerschlagen hat. Pointe am Rande: Mit Norbert Darabos, der als geschickter Stratege gilt, aber seit dem Wahlkampf 2006 unter Druck steht, hätte die SPÖ die Wahl wahrscheinlich gewonnen.

PS: Entlarvend sind die ungesendeten Minuten eines ZiB 2-Interviews mit Kern zu möglichen eigenen Fehlern, die er von sich weist.

PPS: Wie hier beschrieben werde ich seit Jahren wegen kritischer Berichte attackiert; nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich ein neues Quartier, bevorzugt in Wien oder Wien-Umgbung. Wer etwas für mich hat oder weiss hilft mir damit sehr. Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra)

6 Kommentare zu „Die SPÖ geht in Opposition

  1. Danke fr. Alexandra Bader für Deine hervorragenden Artikel
    Mit abgehobenen selbstverliebten Politikern läuft Österreich auf Grundeis. Im nächsten Jahr nach der Eisschmelze besteht vielleicht eine Chance mit ehrlichen Menschen und 4 Jahren in der Opposition, wenn man sich auf die Grundthemen besinnt, die jedem Österreicher unter den Nägeln brennen. Und weiter erkennt, wer eigentlich die Steuern bezahlt.
    Liebe Grüße Karl

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    1. Danke, lieber Karl; es ist sicher schwer für die SPÖ, sich in eine andere Rolle einzufinden und ich glaub‘ auch nicht, dass das etwas für Kern ist. Dass sie ihn jetzt halten, ist nachvollziehbar, aber er wird nicht bleiben.

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  2. Alexandra, Du hast schon im Sommer vorigen Jahres geschrieben oder sogar getitelt, daß Kern die Partei zerstört. Da war Silberstein noch gar nicht auf dem Schirm der Wahrnehmung. Sechster Sinn.

    Das twitter-Foto von Kern ist ja direkt angsteinflößend…. diese verbitterte Entschlossenheit statt gelassener Zuversicht…

    *****
    Im Wiki-Eintrag von RHI stehen zwar die Namen des Vorstandes, doch der Name Martin Schlaff oder anderer Eigentümer scheint dort nicht auf. Typisch – bis zur Unkenntlichkeit verschachteltes Firmenkonstrukt.

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