Alfred Gusenbauer – vom Ex-Kanzler zum Problemfall

Seitdem Kanzler Christian Kerns Wahlkampfberater Tal Silberstein in Israel verhaftet wurde, gehen in der Öffentlichkeit und in der SPÖ die Wogen hoch. Silberstein war eine Empfehlung von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, dem nachgesagt wird, bei Kerns Wechsel von der Spitze der ÖBB ins Kanzleramt mitgewirkt zu haben. Medien zeigen akribisch auf,  wie Gusenbauer u.a. mit Silberstein Geschäfte macht, doch die SPÖ schweigt dazu, obwohl er Präsident des Renner-Instituts ist und als Kern-Berater gilt. Gusenbauer selbst sieht sich als Opfer medialen Kesseltreibens und bezeichnet sich als „gesetzestreuer Steuerzahler und Unternehmer“, der seiner Partei auch nicht schadet. Dabei ist in Aktivitäten involviert, die man durchaus als Raubtierkapitalismus bezeichnen kann und hat Geschäftspartner, denen Geldwäsche, Bestechung, Steuerbetrug vorgeworfen wird.

Gusenbauer nimmt nicht nur als Vizepräsident der Sozialistischen Internationale politisch Einfluß, es war auch seine Version vom sog. „Darabos-Vergleich“, der der Eurofighter-U-Ausschuss folgte und zu der eine Anzeige von Peter Pilz gegen Norbert Darabos passt. Dabei war es Gusenbauers früherer Klubsekretär Kammerhofer (eine „Leihgabe“ der ÖBB), der Darabos abschottete und verfassungs- und rechtswidrig fremde Befehle ausführte. Es entsteht nicht nur deshalb der Eindruck, dass u.a. Gusenbauer Darabos übelst mitspielt, sondern auch, weil dieser den Silberstein-Wahlkampf 2006 („Sozialfighter statt Eurofighter“, „Hier fliegt ihre Pensionserhöhung“) ausbaden musste. Wenn sich die SPÖ in den nächsten Tagen von Gusenbauer verabschiedet, um ihre letzten Wahlchancen zu retten, muss sie auch sofort von einer Gusenbauer-Linie zur Verteidigung des unter Druck stehenden Darabos umschwenken.

Das „profil“ machte eine Titelgeschichte

Es ist beinahe egal, von welcher Seite wir uns Gusenbauer ansehen, da seine problematischen Netzwerke über Tal Silberstein und Beny Steinmetz hinausgehen, die jetzt in Israel unter Hausarrest stehen. Denn inzwischen wird wieder auf Gusenbauers Tätigkeit für den kasachischen Diktator Nasarbajew wie vor zwei Jahren beschrieben verwiesen: „‚Strictly confidential‘ steht ganz oben auf dem Brief eines Wiener Star-Anwalts an den kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew. In diesem Papier lobt der Jurist Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zum Kopf und Chef-Anwerber seines Lobbyisten-Clubs hoch. Das Schreiben bringt Gusenbauer noch mehr in Schwierigkeiten. Jetzt meint Anwalt Gabriel Lansky: ‚Eine Fälschung.‘ Ins gleiche Horn stieß am Abend auch Gusenbauer in der ‚ZiB 2‘.“

Das hat wohl damit zu tun, dass Lansky ihn darin als Teil eines Plans empfiehlt, der dem Engagement von Ex-Kanzler Gerhard Schröder für Russland nachempfunden ist. Wie man dem „Spiegel“ 2015 entnehmen kann, arbeiteten auch Schröder und Ex-Innenminister Otto Schily zeitweise für Kasachstan. Gusenbauers Geschäfte mit Diktaturen führen parteiintern zu immer mehr Kritik, freilich vorerst hinter vorgehaltener Hand. Dass immer wieder der Name Lansky fällt, konterkariert Kerns Bemühungen, sich von Gusenbauer abzugrenzen. Gusenbauers „persönlicher Freund“ leitete 2006 eein Personenkomitee zur Wahl und mischt heute bei der Plattform „Weil’s um was geht“ mit. „Wie Lansky gegenüber ‚profil‘ bestätigt, habe er als Anwalt auf Bitte der Initiatoren die vereinsrechtliche Gründung der Plattform abgewickelt. Daher sei seine Kanzlei auch Inhaberin des Spendenkontos der Initiative, das er treuhändig für diese verwalte. Gründer von ‚Weil’s um was geht‘ sind der Bauindustrielle Hans Peter Haselsteiner, die frühere SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer, der Autor David Schalko und die Start-up-Unternehmerin Maria Baumgartner. Die Ehefrau des Bundeskanzlers, Eveline Steinberger-Kern, gibt in einer Stellungnahme gegenüber ‚profil‘ an, ‚Teil der Runde der Erstunterstützerinnen und Erstunterstützer‘ zu sein“, heißt es in einer Aussendung.

2006 leitete Lansky Gusenbauers Personenkomitee: „Für Alfred Gusenbauer leitete er die Promi-Plattform ‚Change 06‘. Bei den jüngsten drei Nationalratswahlen kandidierte er selbst auf der SPÖ-Liste auf einem der hinteren Plätze. Und er wurde auch schon als SPÖ-Justizminister gehandelt. ‚Gespräche dieser Art gab es immer wieder‘, bestätigt er.“ Im Hypo-U-Ausschuss gaben sich Gusenbauer, sein Freund Lansky und sein Geschäftspartner Alon Sklarek praktisch die Klinke in die Hand. Dabei ging es um den Verkauf der Hypo Consultants und um Beraterhonorare in Millionenhöhe. Beim Verkauf, der der Hypo angeblich einen Verlust von 146 Millionen Euro bescherte, agierte Alon Shklarek  federführend, der später mit Gusenbauer u.a. in der Cudos Group zusammenarbeitet.

Wir finden Lansky und Shklarek auch beim Engagement für Aserbaidschan: „Gabriel Lansky hat den Vorsitz der unter seiner Mitwirkung gegründeten ATAZ selbst übernommen, Dorothea Kipperman die Funktion der Generalsekretärin. Unternehmensberater Alon Shklarek ist aus dem Präsidentenamt der Österreichisch – Aserbaidschanischen Handelskammer (ATAZ) ausgeschieden“, hieß es 2012. Rund um den Hypo-Skandal, der die Steuerzahler den Gegenwert einer neu gebauten Stadt kostet, wie Studenten mit dem Projekt Hypotopia zeigten, gab es auch parlamentarische Anfragen, Berichte über großzügige Honorare und eine „rote Spur„. 2013 geriet Gusenbauer in der Causa des zeitweise in Österreich, dann in Malta lebenden Ex-Schwiegersohn Nasarbajews Rachat Alijew (der schließlich in U-Haft in Wien starb – ermordet wurde, sagen andere) in Spionageverdacht: „Gegen den ehemaligen Bundeskanzler und nunmehrigen Berater und Investor Alfred Gusenbauer ebenso wie gegen den Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky laufen Ermittlungen wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeiten.“

„Österreich“ am 20. August 2017

Was dabei rauskam, können wir uns vorstellen – und ebenso, was die Justiz zur Frage sagen wird, ob die CIA in die Anzeige gegen Darabos im Juni 2017 wegen des Eurofighter-Vergleichs involviert ist. Immerhin lesen wir bei Alijews Wikipedia-Eintrag: „Rachat Alijew wurde am 6. Juni 2014 bei der Einreise nach Österreich auf dem Flughafen Wien-Schwechat verhaftet. Gegen die Anwaltskanzlei, die den kasachischen VereinTagdyr vertritt, werden schwere Vorwürfe erhoben. Die Justiz stuft den Verein als Tarnorganisation des kasachischen Geheimdienstes ein.“ Gemeint ist die Kanzlei von Gusenbauers Freund Lansky, die bekanntlich auch jetzt im Wahlkampf mitmischt. Andreas Unterberger schrieb zur Kasachstan-Connection: „Das Sittenbild ist für Österreich wie für Deutschland ein grauenhaftes: Expolitiker, die nicht gerade am Hungertuch nagen, die in ihrem Leben unzählige moralistisch-gutmenschliche Reden gehalten haben, prostituieren sich als Agenten für eine mittelasiatische Brutal-Diktatur. Ab 300.000 Euro sind sie dabei.

Wer kann da noch bei jungen Menschen irgendeine ethische Überzeugung oder den Glauben an irgendein Politikerwort erwarten? Wer zweifelt daran, dass künftig das Vertrauen in Politiker noch tief unter die jetzigen – schon katastrophalen – 26 Prozent sinken wird? Ist den Abkassierern und ihren völlig untätigen Parteien der verheerende Imageschaden nicht nur für die jeweilige Partei, sondern auch für die gesamte Demokratie noch immer nicht klar? Oder ist halt ohnedies jeder ab einer bestimmten Summe käuflich? Ist alles nur Lug und Schmäh? Mit all diesen Fragen fühlt man sich jedenfalls nach einem Blick auf die unzähligen Mails und Briefe aus den Beständen der Lansky-Kanzlei konfrontiert, die jetzt an die Öffentlichkeit kommen. Schritt für Schritt. Da kommt sogar noch mehr. Lansky hat es beim Verwischen seiner Spuren nicht einmal geholfen, dass er seine Daten in Luxemburg versteckt hat. Irgendwo gibt es halt immer ein schwaches Glied in einer Geheimorganisation. Und im IT-Zeitalter sind das fast immer EDV-Mitarbeiter, Sicherheitsleute und Systembetreuer, welche die Öffentlichkeit informieren. Früher waren es oft liebeshungrige Sekretärinnen oder homosexuelle Diplomaten.

Die Enthüllungen im ‚Spiegel‚ haben jedenfalls für Österreich und Deutschland das gleiche Gewicht wie die von Wikileaks und Edward Snowden für die USA. Wobei man den aufgedeckten Geheimaktivitäten von NSA & Co ja noch zugute halten muss, dass sie vom Patriotismus für ihr eigenes Land, damit also für eine Demokratie motiviert sind. Während Gusenbauer, Lansky, Köhler & Co für eine eindeutige Diktatur gearbeitet haben (und zum Teil noch immer arbeiten!!). Aus bloßer Geldgier.“ Übrigens war der Umweg über Deutschland notwendig, um das Wegducken und Mauern in Österreich zu durchbrechen: „Warum sind Alfred Gusenbauer und Gabriel Lansky noch nicht aus der SPÖ ausgeschlossen worden? Warum sind die schon lange laufenden Erhebungen der Staatsanwaltschaft gegen Gabriel Lansky an geheimnisvollen Hindernissen steckengeblieben? Wie hängt das mit der guten Beziehung von Lansky und Teilen der Staatsanwaltschaft im Fall Kampusch zusammen? Warum braucht es den deutschen ‚Spiegel‘, dass die schweren und demaskierenden Vorwürfe gegen die beiden Sozialdemokraten (sowie etliche deutsche Ex-Spitzenpolitiker wie Gerhard Schröder, Otto Schily und Horst Köhler) endlich an die Öffentlichkeit gekommen sind? Kann es wahr sein, dass der – mutmaßliche – Auftrag Lanskys, andere Rechtsanwälte und Strafverteidiger, darunter den späteren Justizminister Brandstetter, durch Detektive zu observieren, zur erlaubten Tätigkeit eines Rechtsanwalts gehört?

Gewiss, die Unterlagen, die der ‚Spiegel‘ nun veröffentlichte, sind offensichtlich zuvor durch einen EDV-Mitarbeiter Lanskys entwendet worden. Dieser hat den EDV-Mann offensichtlich zu schlecht honoriert. Dabei hat Lansky selbst von Kasachstan – vermutlich über dessen Geheimdienst – für seine Dienste 14 Millionen Euro bekommen. Diese Farce hinter dem Drama ändert aber nichts an dem Gewicht der ‚Spiegel‘-Enthüllungen, die dieser sogar zu seiner Covergeschichte gemacht hat, also zum wichtigsten Thema. In Österreich aber tut sich bei SPÖ und Justiz weiterhin nichts.“ Unterbergers Text mit der Frage nach einem Parteiausschluss von Gusenbauer und Lansky datiert vom 18. Juni 2015 – und heute, am 22. August 2017, denkt „die SPÖ“ über Lansky noch nicht einmal nach und hofft, dass Gusenbauer das Renner-Institut irgendwie doch von selbst verlässt.

Unterberger verweist auch auf Gusenbauers Reaktion: „Besonders absurd ist Gusenbauers nunmehrige Rechtfertigung für seine Tätigkeit: Er habe zwar für Kasachstan lobbyiert, aber überhaupt nichts unternommen, um die Auslieferung oder Strafverfolgung gegen den Ex-Schwiegersohn des dortigen Diktators voranzutreiben. Dabei hat Gusenbauer den Lobby-Kreis sogar geleitet. Dabei ist völlig klar, dass der Kampf gegen Rakhat Aliyev das einzige Motiv Kasachstans gewesen ist, eine so teure Geheimaktion überhaupt zu starten und zu finanzieren. Denn (der inzwischen durch angeblichen Selbstmord in einem Wiener Gefängnis verstorbene) Aliyev galt als der gefährlichste Rivale für die Macht das Diktators. Dass Außenminister Sebastian Kurz wenige Wochen nach Amtsantritt Gusenbauer in sein neu geschaffenes Beratergremium eingeladen hat, erweist sich jetzt als besonders peinlicher Anfängerfehler. Allerdings ist dieses Beratergremium allem Anschein nach – zum Glück für Kurz – bald wieder schubladisiert worden.“

Als Gusenbauer 2007 Kanzler wurde, richtete ihm Martin Schlaff eine Feier aus: „This follows on the heels of earlier brilliant Scheuba performances, such as in the TV series ‚Living Richer with Martin Schlick,‘ in which the character of Schlick — who is obviously based on billionaire Austrian businessman Martin Schlaff — gives tips on how to buy a republic. Virtually every sentence from this television satire could come from Viennese public prosecutors and investigators. The real Schlaff threw a party with champagne and oysters for SPÖ Chancellor Alfred Gusenbauer on the evening of his inauguration in 2007. Schlaff also took ÖVP Chancellor Wolfgang Schüssel on trips in his private jet and arranged for former Vice Chancellor Hubert Gorbach to receive a position on a supervisory board. There are no current investigations into Schlaff, the grand master of cultivating politicians. After all, he only helped out a little, at most — for example as a middleman in transactions in Bulgaria and Belarus, when Telekom simply couldn’t make any progress.“

Schlaff war aber 2012 Zeuge im Korruptions-U-Ausschuss: „Mit einer tumultartigen Befragung des schillernden Investors Martin Schlaff als letzten Zeugen hat der Ausschuss getreu seiner eher unrühmlichen zweiten Halbzeit noch ein ebenso unschönes Ende gefunden. Unter anderem mit einem ‚Gag‘ Schlaffs über die Gestapo.“ Die Grünen warfen SPÖ-Klubobmann Josef Cap (heute Gusenbauers geschäftsführender Präsident im Renner-Institut)  das Abdrehen des Ausschusses vor: „‚Im Bankenausschuss lagen die Gründe dafür in der beginnenden Aufklärung der Hypo-Alpe-Adria, der Raiffeisen-Geldwäsche und vor allem des polit-mafiosen Netzwerks des Martin Schlaff‘, so Kogler weiter: ‚Und genau an dieser Stelle befinden wir uns auch heute wieder.‘ Denn: ‚Auch im Anti-Korruptions-Untersuchungsausschuss droht jetzt: Das Schlaff-Netzwerk soll wieder von Rot und Schwarz geschützt werden!'“ Gegen Schlaff wurde in der Affäre um Ost-Geschäfte der Telekom ermittelt, und in einer parlamentarischen Anfrage wurde 2006 der Konnex zwischen der Schlaff-Gruppe und PR für die Eurofighter hergestellt. 2008, als vorzeitige Neuwahlen stattfanden und nicht mehr Gusenbauer, sondern Werner Faymann SPÖ-Spitzenkandidat war, war von Wahlkampffinanzierung durch Schlaff und Al Jaber die Rede.

Es hängt wirklich alles mit allem zusammen, wenn wir an den BAWAG-Skandal denken, der die SPÖ im Wahljahr 2006 eiskalt erwischte: „Laut einem Nachrichtenmagazin ließ sich Schüssel im März 2003 von der BAWAG zu einer Reise in die bulgarische Hauptstadt Sofia einladen. Gastgeber seien der damalige BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner, dessen langjähriger Geschäftspartner Martin Schlaff und der ehemalige ÖVP-Parteiobmann Josef Taus gewesen. SPÖ, Grüne und FPÖ forderten sofortige Aufklärung, Schüssels Sprecherin betonte, dass es sich um eine offizielle Reise gehandelt habe.“ Rein privat reist Gusenbauer mit Schlaff: „SPÖ-Spitzenkandidat soll im Mai von Paris nach Wien gejettet sein Wien – Auch Alfred Gusenbauer ist schon einmal in den Genuss eines Fluges mit dem Unternehmer Martin Schlaff gekommen. Wie der ‚Kurier‘ (Donnerstag-Ausgabe) berichtet, reiste der SPÖ-Chef im Mai dieses Jahres vom Champions League-Finale in Paris nach einem entsprechenden Offert des Geschäftsmanns mit dessen Privatjet zurück in die Heimat, um rechtzeitig bei einer Sitzung des Nationalrats zu sein.“ Wieviele Mindestpensionisten, die man in Silbersteins „Hier fliegt Ihre Pensionserhöhung“-Wahlkampf köderte, werden wohl zur Reise mit dem Provatjet eingeladen?

Vom 2. Eurofighter-U-Ausschuss ignorierte Aussage (Twitter)

2016 sagte Schlaff in einem Interview über Freund Gusenbauer: „Er hat sich darauf konzentriert, sein Amt als Kanzler auszuüben, und sein Amt als Parteiobmann links liegen lassen. Das haben ihm viele Funktionäre übel genommen. Das hat zu seinem Sturz geführt. Er wollte unbedingt Bundeskanzler werden. Und ich glaube, er wäre ein großartiger Kanzler bis heute gewesen.“ Schlaff wird auch gefragt, ob er Gusenbauer damals geholfen habe, „die SPÖ mit erheblichen Spenden zu sanieren. Stimmt das?“ Schlaff: „Mich hat das noch nie jemand gefragt. Ich wusste auch nicht, dass es das Gerücht gibt. Aber die Antwort ist: Nein. Ist denn die SPÖ saniert?“ Als das Feuerfest-Unternehmen RHI mit Sitz in Wien-Favoriten Magnesita übernahm, hieß es: „Generell spielt London in der Anbahnung des gigantischen Deals eine große Rolle, die wichtigsten Gespräche fanden allesamt in der britischen Hauptstadt statt. Als Drahtzieher und Architekt der Fusion gilt der begnadete Netzwerker Martin Schlaff. Über die familieneigene Holding hält er schon jetzt 25 Prozent der RHI-Anteile, sein Sohn David sitzt im Aufsichtsrat des Unternehmens. Überhaupt gilt der Aufsichtsrat in RHI-Kreisen gewissermaßen als Schlaff-Freundeskreis. Mit dem Vorsitzenden Herbert Cordt verbindet Schlaff eine langjährige Geschäftsbeziehung, mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, ebenfalls im Gremium, reiste der Investor per Privatjet schon zu Champions-League-Finalspielen.“

Die Liste der RHI-Aufsichtsräte kann man sich hier ansehen; wir finden neben David Schlaff auch Alfred Gusenbauer, Herbert Cordt, Wolfgang Ruttensdorfer und Hubert Gorbach, einst Vizekanzler bei Schwarzblauorange. Anlegervertreter reagierten übrigens so: „Nach der Überraschung über den geplanten RHI-Deal und dem Studium der eher dünnen Informationen folgte die Empörung. Die Überlegung, dass RHI und die brasilianische Magnesita näher rücken bzw. fusionieren, ist eine naheliegende, strategische Variante. Die am 5.10.2016 präsentierten Eckpunkte dieses Deals sind aber problematisch und nicht im Interesse des Streubesitzes. Deutliches Signal: der Kurs brach ein und die Frau eines Aufsichtsrates verkaufte am 6.10 immerhin 10.000 RHI-Aktien noch um Euro 22,20. Es ist kaum zu glauben, dass Aufsichtsräte wie die beiden profilierten Sozialdemokraten Alfred Gusenbauer und Wolfgang Ruttenstorfer sich für diese Transaktion einsetzen, die sehr nachteilig für den Wirtschaftsstandort Österreich ist. Besonders ärgerlich ist, dass Magnesita 20 Millionen Euro erhalten soll, falls diese Transaktion nicht zustande kommt.“

Das Thema Wahlkampffinanzierung kam auch 2008 auf zusammen mit Gerüchten, Gusenbauer solle Außenminister werden: „SPÖ- Bundesgeschäftsführerin Doris Bures wies die Angriffe Missethons auf Faymann entschieden zurück. Die Vergabe von Regierungspositionen sei für die SPÖ derzeit kein Thema. ‚Wie der Schelm denkt, so ist er‘, gab sie den Vorwurf zurück. Das gleiche gelte auch für die Vermutung Missethons, dass Schlaff den Wahlkampf der SPÖ mitfinanziert habe. ‚In bisher jedem Wahlkampf hat uns die ÖVP irgendwelche Geldflüsse unterstellt. Noch immer haben sich diese Unterstellungen als falsch erwiesen‘, sagte Bures, die betonte, dass die SPÖ ihren Wahlkampf aus eigenen Mitteln, mit Unterstützung aller Mitglieder und aller Neben- und Landesorganisationen finanziere. In der ÖVP sei das offensichtlich anders.“ Hannes Missethon war Bures‘ Gegenüber in der Lichtenfelsgasse, wobei sie selbst auch 2006 Bundesgeschäftsführerin, da aber für Finanzen und nicht für den Wahlkampf zuständig war.

Interessant ist eine Passage aus dem 1. Eurofighter U-Ausschuss, als Siegfried Wolf am 18.Jänner 2007 befragt wurde: „Herr Vorsitzender! ( = Peter Pilz) Wenn Sie in einem Buch … Darf ich zitieren? Ich möchte das Buch jetzt nicht wichtiger machen, als es eigentlich ist, aber es ärgert, wenn man denkt, was Leute, die Verantwortung in einem Staat haben, wie Sie schreiben. Wenn da steht: ‚Das ist eine Geschichte über Karl-Heinz Grasser, dem niemand einen Gebrauchtwagen abkaufen würde und der trotzdem Finanzminister ist. Sie handelt auch von Wolfgang Schüssel und Jörg Haider, von Eurofightern und Entstaatlichern, von (…) Staatsanwälten und dienernden Chefredakteuren, von Ehrenmännern und ihren ehrenwerten Gesellschaften. Vor allem handelt sie von einer Wende der Kavaliere, ihren kurzen Beinen und langen Fingern.‘ Weiters heißt es hier: ‚Das ist aber auch eine Geschichte von weniger bekannten Personen. Sie heißen Martin Schlaff, Josef Taus, Herbert Cordt und Siegfried Wolf. Sie sind erfahrene und erfolgreiche Geschäftsleute. In Russland würde man sie Oligarchen nennen.

Sie sind Spezialisten für Umbrüche. Der Umbruch in Sofia, der Umbruch in Belgrad, der Umbruch in Wien … – Zitatende.‘ Wenn ich das von einem Vorsitzenden im Vorfeld lese, dann frage ich mich als österreichischer Staatsbürger: Welche Voreingenommenheit gibt es denn in diesem Verfahren? Und das ist das Thema, warum ich das so sage.“ Man muss wissen, dass Pilz nicht nur in Bundesheerkreisen als Agent der Amerikaner gilt und dass es eine dicke Akte der Stasi über Martin Schlaff gibt (bereits sein Vater machte in der DDR Geschäfte), die mit dem Decknamen „Landgraf“ versehen ist. Das bedeutet nicht zwingend, dass Schlaff für die Stasi arbeitete, da auch Akten über Personen von Interesse angelegt wurden, doch dass wichtige Verbindungen bestanden. Und heute sitzt Schlaffs Freund Gusenbauer mit Schlaffs Sohn im RHI-Aufsichtsrat, ist Geschäftspartner von Ben Steinmetz und Tal Silberstein, hat den unter Druck gesetzten Norbert Darabos im U-Ausschuss eingetunkt und sieht sich nicht als Belastung für die SPÖ…

PS:  Wie hier beschrieben werde ich von der SPÖ seit Jahren wegen kritischer Berichte fertiggemacht; nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich (und hoffentlich auch Athos, der seit einigen Tagen verschwunden ist) ein neues Quartier, wo wir uns von alldem erholen können und wo ich dann wieder neue Kräfte schöpfe und aus den bisherigen Erfahrungen etwas Neues entsteht. Vor allem möchte ich die Ruhe haben, einmal um Verlorenes und Vergangenes trauern zu können, denn das war bisher nicht möglich.  Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung  jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra)

7 Kommentare zu „Alfred Gusenbauer – vom Ex-Kanzler zum Problemfall

      1. ja, es gibt im mainstream ein paar ganz gute artikel,

        Besonders hervorzuheben ist das von Dir verlinkte Presse-Interview mit Hrn.Schlaff. Da hat er mMn sehr viel mehr preisgegeben, als er vielleicht wollte – und das in mehrerlei Hinsicht.
        z.B. seine Aussage zu Israels Gerichten: [Die (lakonischen) Fragen der Interviewer in Fettdruck.]

        Fühlen Sie sich missverstanden in Israel?
        Ich glaube, dass Israels Strafverfolgungssystem nicht unter Kontrolle ist.

        Es ist unabhängig.
        Es ist eben nicht unabhängig. Die israelische Justiz traut sich keine Verfahren einzustellen, die in den Schlagzeilen sind. Es ist der veröffentlichten Meinung komplett hörig.

        Das Problem haben Sie in Österreich nicht.
        Noch nicht.
        drei smileys

        Allein für diesen Artikel habe ich Stunden gebraucht – aber das ist er WERT. Und ich will mir gar nicht vorstellen, wieviel Stunden Arbeit er Dich gekostet hat. Vielen lieben Dank!
        Hier nochmal der Link zum Interview:
        http://diepresse.com/home/innenpolitik/4949951/Martin-Schlaff_Strache-bleibt-nicht-in-der-Schmuddelecke%202016

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      2. Liebe edwige, danke, das zeigt, dass ich nochmal lesen sollte, wozu ich verlinkt habe. Es passt auch dazu:

        http://www.haaretz.com/israel-news/lieberman-to-be-served-draft-indictment-for-graft-in-next-24-hours-1.355312

        „In Austria it’s believed that he is actually an Israeli Mossad agent, which explain his connections with the stasi police in east Germany during the cold war and his connections with top Israelis officials. Also it’s believed that during the operation in Dubai, the network connection was established in Austria from his company building.“

        – gemeint sind Martin Schlaff und das Kidon-Team des Mossad, das im Jänner 2010 einen Hamas-Führer in Dubai ermordet hat (siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Assassination_of_Mahmoud_Al-Mabhouh )

        Ich spreche es hier an: https://alexandrabader.wordpress.com/2017/08/23/die-spoe-und-gusenbauers-gefaehrliche-freunde

        vielleicht weiss ja der „gesetzestreue österreichische Kaufmann“ Gusenbauer, vor wem er sich fürchtet? – gemeint ist Darabos…

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      3. Das Problem haben Sie in Österreich nicht hätte auch noch fett sein sollen. Bin versehentlich an die Befehlstaste gekommen.

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