Ein Jahr Kanzler Kern und die Neuwahlprovokation

Vor einem Jahr trat Werner Faymann als Bundeskanzler zurück und sein Nachfolger hätte sich zum Jahrestag wohl gewünscht, dass ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ebenfalls das Handtuch wirft. Am 9. Mai 2017 fehlte Kanzler Christian Kern beim Ministerrat, während SPÖ-Regierungsmitglieder aufmarschierten, um der ÖVP und da ganz besonders Außenminister Sebastian Kurz den Schwarzen Peter zuzuschieben. Für jede/n ist dies als konzertierte Aktion erkennbar, die wie Intrigieren für Anfänger wirkt, aber natürlich auf Kerns Berater Tal Silberstein hinweist. Was wäre einem SPÖ-Regierungsmitglied passiert, das bei dieser Show nicht mitmachen will?

Doch bei den Roten sind ohnehin die Duldsamsten und Gefügigsten zu finden, während die ÖVP mehr Spielraum für Individualität für sich reklamiert. Kern ist genau genommen erst am 17. Mai seit einem Jahr im Amt, doch dass nur er Faymann nachfolgen kann, war schon vor dessen Abgang klar. Man baute Kern auf, als er als ÖBB-Chef Bestandteil der „Willkommenskultur“ war, was ihm Unterstützung instrumentalisierter „Linker“ in der SPÖ einbrachte, die aber inzwischen von ihm enttäuscht sind. Der bleibende Eindruck bei Kern ist die Inszenierung, wobei der Koalitionspartner auch klagt, dass er seit einem Jahr versucht, Neuwahlen vom Zaun zu brechen. Manche Medien wollen dies unbedingt herbeiagitieren, allen voran Wolfgang Fellners „Österreich“, das inzwischen in Partnerschaft mit CNN auch Webfernsehen macht.

Kern als Pizzakanzler

„Sie haben das aufgesagt wie ein auswendig gelerntes Kindergartengedicht“ meinte der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel bei „Österreich“ zum Aufmarschieren der roten Regierungsmitglieder vor den Mikrofonen der Medien beim Ḿinisterrat.  Der Döblinger Politiker Daniel Resch postete auf Twitter: „Also peinlicher geht es nicht mehr. Jeder SP-Minister kommt einzeln aus Kern-Büro und sagt den gleichen Satz! Kurz-Bashing…SPÖ am Tiefpunkt.“ Ein weiblicher Kurz-Fan in der ÖVP meint auf Facebook: „So macht Kern Politik. Er gibt seinen Ministern eine Anweisung darüber, was sie der Presse zu sagen haben, die folgen ihm und sagen alle brav den eingeübten Satz, nachdem sie sich diese Anweisung einzeln vom Bundeskanzler abgeholt haben. Koordinierter Angriff auf das grösste politische Talent in Europa. Der Angstgegner von Kern, weil Kurz ehrliche Politik macht mit pragmatischen Lösungen, weil er jünger ist, begabter ist und viel beliebter. Bashing mit Ansage und das in der Regierung, unwürdig, Stillos, aber eben passend zur SPÖ und Kern.“

Auch wenn man derlei als durchsichtige Provokation erkennt, trägt es zur Beeinträchtigung der Regierungsarbeit bei, zumal die Presse derlei begierig aufgreift. Es wundert nicht, dass manche in der ÖVP vermuten, die SPÖ selbst stecke hinter scheinbar aus den Reihen der Schwarzen stammende Rücktrittsgerüchte um Mitterlehner. Zwar wird in einem fort abgefragt, ob nicht Kurz als Parteichef erfolgreicher wäre, doch dies dient auch dazu, die ÖVP zu spalten und davon abzulenken, sich die SPÖ mal näher anzusehen. Blümel bestritt übrigens nicht, dass die eigene Partei in einer schwierigen Lage ist, weist aber auf den Zustand der SPÖ vom Burgenland bis nach Vorarlberg hin. Beim Burgenland stimmen zwar die Wahlergebnisse, während es in Westösterreich immer weniger Zustimmung für die SPÖ gibt, doch die SPÖ Burgenland wird im Verein mit der Bundespartei Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos via Eurofighter-Ausschuss opfern.

ÖVP-Eigentor gegen Kern

Dass es in der SPÖ möglich ist, die wahren Verantwortlichen zu decken und einen der eigenen Leute über die Klinge springen zu lassen, offenbart die tatsächliche Schwäche der Partei. Wenn man so beschaffen ist und nichts mehr mit Werten, Grundhaltung und Inhalten zu tun hat, muss einem ein gefällig präsentierter Kern ja direkt als Retter erscheinen. Wie sehr das Kern-Drehbuch dem von Macron, Obama, Trudeau oder Schulz ähnlich ist, wird dabei den wenigsten bewusst sein. Deshalb spielt auch keine Rolle mehr, dass Faymann systematisch demontiert wurde und dass man diese Strategie eben auf die ÖVP ausdehnt und da nicht so sehr den Konkurrenten Kurz erwischt als Parteichef Mitterlehner, der seine Leute angeblich nicht unter Kontrolle hat. Mittlerweile werden WhatsApp-Meldungen von Kerns Sohn Niko veröffentlicht, die belege sollen, dass er Rücktrittsgerüchte über Mitterlehner streute,

Kurz stellt sich übrigens gerade auf die Seite der ungarischen Regierung, die von George Soros attackiert wird, während Kern wenige Wochen nach der Amtsübernahme vom Globalisten und regime changer besucht wurde. Meinungsumfragen lassen den Eindruck entstehen, dass Kern, Kurz und FPÖ-Chef Heinz Christian Strache unter sich ausmachen können, wer der nächste Bundeskanzler wird. Dies trägt dazu bei, Kern als unantastbar zu empfinden, sodass sich Kritik vor allem auf die sogenannte Parteijugend beschränkt. Deshalb ist man in der SPÖ auch zu allem bereit ohne jede moralische Schranke und ohne selbst Grenzen zu setzen und die Gefolgschaft in dieser oder jener Hinsicht zu verweigern. So wird der 1. Mai als wichtigster „Feiertag“ für die Roten auch zum bloßen Ritual, nun eben mit  Christian Kern, während Faymann am 1. Mai 2016 ausgepfiffen wurde. Dabei haben die Nachdenklichen, die wirklich Kritischen den Eindruck, dass man ohnehin nichts mehr ändern und das Ruder nicht mehr herumreißén kann.

4 Kommentare zu „Ein Jahr Kanzler Kern und die Neuwahlprovokation

  1. Werte Frau Bader,

    ihr letzter Satz beschreibt meine derzeitige Stimmung perfekt.

    Wenn es Ihre Zeit zuläßt wäre ich sehr gespannt auf eine Kurzcharakteristik aus Ihrer Sicht bezüglich Kurz und Strache bzw. Hofer, gerne auch über andere interessante Damen und Herren, die in nächster Zeit Ihrer Meinung nach eine gewichtige Rolle spielen könnten (falls Sie dafür bereits einen Beitrag verfaßt haben, bitte um einen Link), vielen Dank im voraus.

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    1. Das wird sich ohnehin ergeben, weil es ja auch neue Dynamiken geben kann, denen ich sicher andere Aspekte abgewinne als der Mainstream…

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  2. Was soll man rumreißen?
    Alle verschuldet, das Monopoly-Spiel wieder am Ende, die Muster ident wie in den 30ern, nur ausgeschmückter und eben globaler. Geldsystem muss neu gestartet werden.
    2015 war der Anpfiff für den Systemwechsel.
    Regierungen sind Marionetten, selbst die EU ist nur noch Teil des Theaters scheinbar.
    Längst haben jene 3, die Macron finanziert haben, das Ruder übernommen: Soros, Rothschild, Goldman & Sachs.
    Rumreißen könnte man schon, Orban ist derjenige, der das als einziger versucht. IWF ausbezahlt, klarer Kopf, grade Linie.
    Das Geeiere in Europa ist wie der letzte Tanz auf der Titanic.

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    1. 2015 ist nur von außen betrachtet die Zäsur, da es dann für die sichtbar wurde, die sich weniger mit politischen Hintergründen befasst haben. Im Übrigen gibt es diesen Blog nicht, weil eh alles sinnlos sein soll, sondern weil die Bevölkerung mehr drauf hat als nur zu Jammern.

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