Burg Schlaining: Religion und Konflikte

Am 3. Juli wurde die diesjährige Sommerakademie auf der Friedensburg Schlaining im Burgenland eröffnet. Das Motto „Um Gottes Willen – die ambivalente Rolle von Religion in Konflikten“ schien einigen höchst passend und aktuell, während sich andere fragten, ob eine Friedenseinrichtung den Aufmarsch der NATO Richtung Russland so einfach übergehen kann. Nicht von ungefähr sprach der langjährige Direktor Gerald Mader, der eben 90 Jahre alt geworden ist, vom Bedarf der Welt nach Visionären, die bislang im Verborgenen wirkten.

Im Programm der Akademie heisst es einleitend: „Im Namen der Religion wird jeden Tag Gewalt gegen Menschen ausgeübt: In Zentralafrika und Nigeria terrorisieren ‚christliche‘ und ‚islamische‘ Milizen die Zivilbevölkerung. Auch von buddhistischer Seite kommt es in Sri Lanka, Thailand und Burma immer wieder zu Gewalt gegen Angehörige anderer Religionen. Von Saudi-Arabien über Katar, Israel-Palästina, Syrien, Irak, Libanon bis zum Iran und nach Afghanistan wird Gewalt ausgeübt im Namen von Islam, aber auch Judentum und Christentum. Dabei richtet sich diese Form von Gewalt oftmals gegen Mitglieder der eigenen Religionsgemeinschaft. Viele Religionen scheinen gerade in den vergangenen zwei Jahrzehnten vermehrt in den Sog politischer Entwicklungen geraten zu sein. So ist Religion gegenwärtig in zwei Dritteln aller Konflikte weltweit ein mehr oder weniger bedeutendes Element.“

Die Eröffnung derartiger Veranstaltungen ist immer auch ein Auftrieb „politischer Prominenz“, wobei Landeshauptmann Hans Niessl und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil angekündigt waren, sie aber von Landtagspräsident Christian Illedits und einem Bundesheer-Offizier vertreten wurden (dieser meinte, auch Doskozil hätte nicht reden sollen, und wusste nichts von einem Aufmarsch der NATO). Angekündigt und angereist war Justizminister Wolfgang Brandstetter, der dann auch kurz zu den BesucherInnen sprach. Sieht man sich übrigens die vielen PartnerInnen des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktforschung an, fallen transatlantische Einrichtungen auch ins Auge wie das IIP mit Präsident Hannes Swoboda oder das Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit. Die Eröffnung der Sommerakademie war übrigens eine der letzten Aufgaben von Bundespräsident Heinz Fischer, dessen Amtszeit am 8. Juli endet.

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Sein Vortrag bestand vor allem aus Erinnerungen, die zugleich Einblicke in das Thema Seilschaften und Netzwerke boten. Apropos Netzwerke: Swobodas Gattin Brigitte Ederer (ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzende) war eine der ersten, die nach dem 1. Wahlgang bei der Bundespäsidentenwahl den Rücktritt von Werner Faymann forderten. ÖSFK-Präsident Peter Kostelka (bis 2013 Volksanwalt) hatte als SPÖ-Staatssekretär und Klubobmann einen Pressesprecher namens Christian Kern, der seit wenigen Wochen Bundeskanzler ist. Vizepräsident des Instituts ist übrigens SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der Partner der Wiener Stadträtin Sonja Wehsely, die gemeinsam mit anderen die Position Werner Faymanns unterminierte, als dieser Masseneinwanderung nach Österreich einen Riegel vorschob.

Dass  Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil gar nicht reden hätte sollen, ist interessant, zumal es eine Meldung von seinem Vorvorgänger Norbert Darabos (heute Landesrat im Burgenland) gibt, datiert mit 2007 und Stadtschlaining. Darin ist davon die Rede, dass Darabos die NATO-Option in der (damals noch schwarzblauen) Sicherheitsdoktrin streichen will und den US-Raketenschild ablehnt. Wegen Positionen, die nicht auf der Linie von USA-CIA liegen, fallen Mainstream-Medien „naturgemäss“ über Politiker her, wobei mir imponierte, dass Darabos Rückgrat zeigte. Allerdings wurde mir deswegen übel mitgespielt und schliesslich recherchierte ich, wer noch wie ich von Darabos ferngehalten wurde, dessen Weisungsrecht im Ressort und dessen Befehls- und Verfügungsgewalt über das Bundesheer unterlaufen wurde. Auch heute als Landesrat ist Darabos nicht nur NATO-Medienbashing ausgesetzt, sondern kann sich nach wie vor nicht frei bewegen, wie Recherche vor Ort ergab.

Googelt man Darabos und Schlaining, findet man auch einen Reader unter dem Titel „Wieviel Sicherheit braucht der Friede?“, basierend auf einem ExpertInnenworkshop im November 2012. Dabei ging es darum, über den Rahmen der österreichischen Sicherheitsstrategie (welche die erwähnte Doktrin ablösen sollte) hinaus auf die EU und die ganze Welt zu schauen. Man erkennt bereits an den verwendeten Quellen, dass hier die wahren Hintergründe der damals gerade laufenden Wehrpflichtdebatte tunlichst ausgespart wurden, nämlich die von mir thematisierte verdeckte US-NATO-Einflussnahme, die auch erkennbar war am Charakter verdeckter Aktionen der Kampagnen von SPÖ und Androsch-Personenkomitee „Unser Heer“. Man wollte damals weismachen, dass ein „Profiheer“ die gleiche Mobilmachungsstärke hat wie das bisherige, auf Wehrpflicht, Miliz und Berufs- und Zeitsoldaten aufbauende Heer. Wahrscheinlich sagt es viel über den Spielraum von Minister Doskozil, dass sein heutiger Kabinettschef Karl Schmidseder zu jener Zeit als vermeintlicher Stabschef des abgeschotteten, überwachten, unter Druck gesetzten Norbert Darabos eifrig von Veranstaltung zu Veranstaltung herumgereicht wurde.

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Peter Kostelka beim Eröffnen

Schmidseder teilte sich ein Büro mit Stefan Kammerhofer, ÖBB-Leihgabe und Kabinettschef, der maßgeblich am Umgang mit Darabos beteiligt war und suggerierte, seine eigenen rechtsungültigen „Weisungen“ kämen vom Minister. Ich habe mir eine der SPÖ-Veranstaltungen mit Schmidseder angehört, in Wien-Landstrasse, wo Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny Vorsitzender ist (Transatlantiker wie der erwähnte Andreas Schieder). Dabei schwärmte Schmidseder von „gefährlichen Einsätzen“, die nach der Vorstellung der US-Handlanger in Ministerium und Partei das popelige Peacekeeping ersetzen sollen. Und Hinweise auf die unselige Rolle Kammerhofers, der Darabos an die Wand drängt und gegen „Verfassungstreue“ vorgeht, waren für ihn bloss persönliche Wickel mit dem Kabinettschef aus den Reihen der ÖBB. Doskozil hat neben Schmidseder u.a. Pressesprecher Stefan Hirsch geerbt, der Kammerhofer auch gegen Darabos und KritikerInnen dieser Zustände zur Hand ging. Hat Darabos übrigens noch versucht, die verdeckt verfolgte NATO-Linie zu unterlaufen, hatten US-Lakaien besonders leichtes Spiel mit Gerald Klug.

Lässt man diese Zeit Revue passieren, wird klar, dass so gar nicht an Realität andockende Friedensforschung schon ihren Zweck hat und von daher auch kein Wunder ist, wenn man sich jetzt ins weite Feld der Religionen begibt. Schliesslich gehört zu den Plänen eines Weltstaates auch, religiöse Überzeugungen zu einer Weltreligion zu vereinheitlichen, was man u.a. an Aktivitäten des Papstes ganz gut erkennen kann. Vielleicht hat hier gerade der Monotheismus von seiner Anlage her wenig Widerstandskraft, weil er ja das Vage, Unbestimmte in sich trägt. Zum Vergleich sehe man sich etwa die Morrighan als keltische Kriegsgöttin an oder den slawischen Kriegsgott Svantovit, die syrische Göttin Astarte, Ares (Mars) und Tyr. Sie haben mehrere, aber nicht alle Aspekte des Göttlichen, es gibt Parallelen zwischen ihnen, aber auch Unterschiede, ebenso in ihrer Verehrung. Im Grunde müsste man Polytheismus und Neuheidentum ja unter dem Motto der vielgepriesenen „Vielfalt“ und „Weltoffenheit“ preisen, doch Scherz beiseite, es wäre ein Gegenkonzept zur geplanten Weltmonokultur auf allen Ebenen.

Schlaining selbst sieht sich übrigens, so Kostelka zur Eröffnung, als Heimat sowohl für Friedensforschung als auch Friedensbewegung; man rühmt sich der Verbindung zu den „Spitzen der Friedensforschung in Europa“, zu denen man sich zählt und verweist auch auf einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium. Xenophobie habe oft religiöse Bezüge, sagt Kostelka und weist darauf hin, dass man hier auch im Bereich Friedenspädagogik aktiv ist. Die Rolle von Religionen ist ambivalent, wie man am Terror der letzten Tage in der Türkei, im Irak und in Bangladesh erkennen kann. Dabei müsste man freilich jenen Terror erwähnen, der durch Drohnenmord, Destabilisierung und Militärintervention implementiert wird und mit Religion vielleicht zu tun hat, dass die USA als „god’s own country“ besonderes Sendungsbewusstsein haben. Jener Terror, den man dem Islam zuschreiben kann, lasse „uns ratlos zurück“, meint jedenfalls Kostelka und ergänzt, dass wir offenbar nicht geschafft haben, „die Radikalisierung von IS-Kämpfern zu verhindern“. Dass Kostelka erwähnt, wer den IS kreiert hat, wäre wohl zu viel verlangt gewesen.

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Als Nächstes sprach Landtagspräsident Illedits davon, dass er Ex-Direktor Gerald Mader sehr schätzen gelernt habe. Aus seiner Sicht haben zahlreiche Konflikte oft kulturellen und religiösen Bezug, doch Religion kann auch als Deckmantel dienen.“Glaube wirkt als verbindendes, aber auch als trennendes Element“, was zeige, wie tief die Religion in den Menschen sitze (hier würden NeuheidInnen einwenden, dass zur Zeit des Polytheismus allen klar war, dass die gleichen Göttinnen und Götter unter verschiedenen Namen verehrt werden). Schlaining habe seit seinem Bestehen immer als „Ort des Austausches und des Diskurses gedient“, was auch jetzt wieder ansteht. Anfangs diente die Friedensburg auch der Begegnung zwischen Ost und West, und „viele Errungenschaften im Bereich der Menschenrechte und des Miteinander wurden hier positioniert“. An „Toleranz und Diversität“ denkt Illedits auch beim Thema Zusammenleben der Volksgruppen Im Burgenland, da er selbst (wie Darabos) einer der rund 6 % KroatInnen ist (weiters gibt es ca. 3 % UngarInnen und 300 Roma und Sinti).

Der scheidende Bundespräsident Heinz Fischer verköpert für ihn „Toleranz und Menschlichkeit“; er ist „das soziale Gewissen Österreichs“. Kriege entstehen im Geiste der Menschen, also muss auch der Frieden auf diese Weise entstehen, meint er abschliessend. Justizminister Brandstetter findet, Religion und Recht seinen „von besonderer Aktualität“. Schliesslich werde „Neutralität in jeder Beziehung von Beamten der Hoheitsverwaltung erwartet“. Was den Umgang mit dem Islam etc. betrifft, erwartet er sich „im Justizministerium verwertbare Ergebnisse“ der Workshops und Diskussionen. Fischer bedankte sich dann bei seinem „bewährten alten Mitarbeiter“ Kostelka und erinnerte sich daran, dass er in den 1960er Jahren drei Burgenländer kennenlernte, einer davon war der spätere Bundeskanzler Fred Sinowatz, ein anderer Gerald Mader, damals Rechtsanwalt in Mattersburg und Gründer des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker (noch ohne -innen) im Burgenland. Mader suchte hartnäckig nach Referenten für den BSA, und so trat Fischer dort eben „relativ häufig“ auf.

Von 1971 bis 1984 gehörte Mader mehreren Landesregierungen an, während Fischer 1971 erstmals in den Nationalrat gewählt wurde. „Wir waren beide Juristen mit Interesse für Verfassungsfragen und Aussenpolitik“, wobei Mader von Landeshauptmann Theodor Kery, der Lehrer von Beruf war, auch damit beauftragt wurde, eine neue Landesverfassung zu entfernen („kontroll- und minderheitenfreundlich“), und in diesen Prozess wurde auch Kostelka einbezogen, der bei Fischer arbeitete. In den 1980er Jahren startete Öandesrat Mader dann ein Projekt zur Friedensforschung, das in Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg eine Unterstützerin hatte, „vor der sogar der Bruno Kreisky einen Spundus gehabt hat“. Als Fischer Firnberg nachfolgte, förderte er weiter in einer Zeit, als „Reform noch bedeutete, mehr Mittel zur Verfügung zu haben“. Jetzt bedeutet dieser Begriff ja leider, dass man mit weniger Geld mehr machen soll, bedauert Fischer. Der Noch-Präsident überreicht Mader ein Goldenes Ehrenzeichen, „für dich, deine Frau und du wirst auch sagen für deine Mitarbeiter“.

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Christian Illedits

Mader selbst erinnerte daran, dass er das Institut am Höhepunkt des Kalten Krieges gegründet hat; doch heute haben wir „Chaos in Europa“, das nach „Utopisten“ verlangt, die auch öffentlich auftreten, um ein „neues Europa“ aufzubauen. Als Einführungsvortrag setzte sich dann Diözesanbischof Manfred Scheuer mit der Rolle von Religionen auseinander und zitierte die Bibel, in der man sowohl – als auch findet: „der Herr ist Friede“ und „der Herr ist Krieg“. Schliesslich zogen die Soldaten der Donaumonarchie auch „für Gott, Kaiser und Vaterland“ in den 1. Weltkrieg. Es gehe jetzt darum, „Verachtung in Wertschätzung und Dialog umzuwandeln“, wobei religiöses Empfinden ebenso wie persönliche Beziehungen „besonders schutzwürdig“ sei. Scheuer verweist etwas unkritisch auf den „Clash of Civilizations“, der in US-Denkfabriken ja durchaus gewollt ist, wie man an der Destabilisierung Europas durch Masseneinwanderung sieht.

Menschen sind dort besonders verletzbar, wo es um einen hohen Grad an Intimität geht, was aus Scheuers Sicht auch auf (monotheistische, patriarchale?) Religion zutrifft, und natürlich auf Beziehungen. Wenn „sein Innerstes lächerlich gemacht, enttäuscht wird“, reagiert ein Mensch (Mann?) eben entsprechend, will er uns sagen; dies scheint Auseinandersetzungen zwischen „Schutzsuchenden“ zu rechtfertigen, nicht aber Bedürfnisse der bereits hier vorhandenen Kultur(en). Scheuer führt auch Ablehnung der Beziehungen zur Familie und zu Nahestehenden an und weist auf den „besonderen Schutz von Intimität“ hin, den viele eben „mit Gewalt zurückholen wollen“, was sie verloren glauben. „Für uns ist die Inanspruchnahme von Familienehre und Blutrache Perversion“, doch dies steht in der Tradition behaupteter Motive in allen geschichtlichen (patriarchalen?) Epochen. Es geht um ein „gewaltsames Einfordern der Liebe als heiliger Auftrag“, auch um Eifersucht und „religiösen Wahn“ und hier wiederum um die „hohe Verantwortung der Religionsgemeinschaften“, die derlei delegitimieren müssen.

Wenn Menschen „aus großem Idealismus und mit Opferbereitschaft für barbarische Ziele kämpfen“, ist dies „keine echte, sondern nur eine pervertierte moralische Leistung“ (könnte man denen ins Stammbuch schreiben, die sich für imperialistische und militaristische Zwecke kapern lassen). Scheuer geht auf die „Heilserwartungen von Islamisten“ ein, die durch Selbstmordattentate direkt ins Paradies kommen wollen. „Die größte Gewalt geht von islamisten gegen andere Moslems aus“, erklärt er dem Publikum, das sicher auch schon von moderner Christenverfolgung gehört hat. Die frühen ChristInnen weigerten sich ja gewaltfrei, „Götzen anzubeten“, also die erwähnten Göttinnen und Götter der alten Welt unter vielerlei Namen zu verehren. Man muss „auch den anderen Glauben achten“ und „darf auch Atheist sein“, denn man könne „Atheisten die Fähigkeit zum guten Zusammeleben nicht absprechen“. Abver, „keine Region ist eine Insel“, eine Störung in einem Land beuruhigt die Menschen in anderen Ländern“.

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Holzskulpturen im Burggraben

Es gibt keinen Frieden unter den Nationen ohne den Frieden unter den Religionen, verweist Scheuer auf das Weltethos. Und es geht um eine Kultur der Solidarität, der Toleranz und der Gleichberechtigung. Leider geben wir immer noch zu wenig Geld für Entwicklungszusammenarbeit aus, verglichen mit Militärausgaben und Mitteln für den Wiederaufbau (von zuvor von wem zerstörten Staaten?). Dies zeigt „Gleichgültigkeit gegenüber dem Nächsten“. Im 19. Jahrhundert wurde schliesslich „die Nation an die Stelle der Kirche gesetzt“, was für Scheuer nur mit schädlichem Nationalismus zu tun hat und keine notwendige (säkuläre) Emanzipation darstellt. Gegenüber Menschen, die aus Syrien, Afghanistan, Afrika kommen, verhalten wir uns „negativ und abgrenzend“ und sehen uns selbst als Besonderheit. Das eigene Ich, die eigene Gruppe stehen im Mittelpunkt und wir definieren „Nächstenliebe“ so, dass sie nur den eigenen Staatsangehörigen dient.

Hier verwechselt Scheuer aber staatliche Aufgaben mit allgemeinen kirchlichen Vorstellungen, die auf die realpolitische Ebene heruntergebrochen ja nur bedeuten können, das eigene Staatsgefüge stabil zu halten. Scheuer aber geißelt „das goldene Kalb der eigenen Identität“, was zur Meldung passt, wonach der Papst sich gegen „Mauern aus Angst und Aggressivität“ wendet. Bewusst wird unterstellt, es handle sich um irrationale Angst, wenn Menschen Masseneinwanderung ablehnen, die ihre Lebensgrundlagen zerstören soll, und Abwehrhaltung als „Aggressivität“ gegeißelt, die in der Zeit der Göttinnen und Götter ein Aspekt der KriegsgöttInnen gewesen wäre. Den Zug Richtung Weltstaat und 1984 kann man auch daran erkennen, dass Unterschiede etwa zwischen Kommunismus und katholischer Kirche verschwinden (siehe auch Yanis Varoufakis‘ Diem25). Scheuer unterscheidet zwar zwischen Selbstbewusstsein, das er nicht ablehnt, und Selbstinszenierung, doch wie (wenigt?) selbstbewusst sind jene Menschen, die sich in eine Inszenierung einspannen lassen, ohne dies zu bemerken (siehe etwa Demo am 19. März in Wien: „Open the borders“)?

Scheuer kritisiert die „narzißtische Identität“ und ein Sicherheitsbedürfnis, das „zum Götzen werden kann“, was letztlich die Berechtigung von Heer, Polizei, aber auch sozialer Sicherheit ad absurdum führt. Und er geht auf den Tod von Elie Wiesel ein, der als Holocaustüberlebender immer für Zitate gut ist, mit denen sich andere ihrer vermeintlichen Zivilcourage versichern können. Er ist in der Nähe von Hartheim aufgewachsen, wo die Nazis nach einer zynischen Kostenrechnung Behinderte als „lebensunwertes Leben“ vernichteten, um dem Staat Kosten zu ersparen. Dabei werden NS-Traditionen auch heutzutage fortgesetzt im System der Sach (raub) walterschaft rund um Bezirksgerichte, wo Menschen zu „lebensunwertem Leben“ erklärt werden, um sie zu demütigen und auszuplündern, sie gerade noch irgendwie vegetieren zu lassen. Dies deckt Minister Brandstetter ebenso wie weder Volksanwalt Kostelka noch seine Nachfolger etwas daran auszusetzen hatten, obwohl die UNO die Abschaffung dieser schweren systematischen Menschenrechtsverletzungen fordert.

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Die Burg

„Man muss immer Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten“ ist eine Aussage von Elie Wiesel, die das Handeln all jener Personen beschreibt, an die bzw. deren Umfeld ich im Lauf der Jahre wegen der unhaltbaren Zustände im Verteidigungsministerium herangetreten bin. Man hat zwar vielfach bemerkt, dass die Verfassung verletzt wird, dass Norbert Darabos unter Druck gesetzt wird (auch danach!) oder weiss, wie brutal ich schikaniert werde, weil ich dies aufzeige, aber man ergreift lieber nicht Partei. Dies gilt natürlich auch für  Bundespräsident Heinz Fischer, seines Zeichens ein Oberbefehlshaber des Bundesheers, dem die Befehlskette gleichgültig ist und der  nicht einmal einen Funken Dankbarkeit (wenn schon sonst nichts) für seinen einstigen Wahlkampfmanager Darabos übrig hatte.

Dabei geht es natürlich auch um die Ebene der internationalen Politik, da mit Stillschweigen und Bestärken der Peiniger bei Regime Changes, MIlitärinterventionen, Destabilisierung und schliesslich dem Aufmarsch der NATO gegen Rusland weggesehen wird, obwohl Europa zum Schlachtfeld zu werden droht. Es erfordert auch Partei ergreifen, damit von Parteien aufgestellte Personen ihre Ämter ohne Druck, Totalüberwachung, orchestriertes Medienbashing, Putsche a la Brasilien ausüben können, damit sie nicht Angst haben müssen, wie Olof Palme oder Aldo Moro zu enden, weil sie sich US-Interessen „widersetzen“. Es müsste eigentlich, auch bei monatelanger Vorbereitungszeit einer Sommerakademie möglich sein, Konkretes anzusprechen, statt sich vollends in religiösen Empfindungen zu verlieren.

 

 

 

2 Kommentare zu „Burg Schlaining: Religion und Konflikte

  1. danke wieder für den ausführlichen und guten artikel, liebe alexandra bader!! anmerkung: toleranz bedeutet erdulden, ertragen können..sie wollen, dass wir alle noch mehr und mehr toleranz üben, für jeden der ständig das wort TOLERANZ in den mund nimmt oder damit „mahnt“ gilt: denn sie wissen nicht was sie sprechen und sie wissen nicht, was sie tun..
    man (frau) sieht immer klarer, wer auf welcher seite steht. interessante zeiten! alles liebe und gute ihnen, frau bader!!!

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    1. Stimmt, der Missbrauch des Wortes Toleranz (eigentlich wird das Wort eh nur mehr missbraucht) ist auch etwas Bezeichnendes; denn Erdulden bedeutet im Grunde immer, die eigenen Grenzen von anderen überschreiten zu lassen, sich nicht frei zu entscheiden, was man zu akzeptieren (das ist was ganz anderes) bereit ist und was nicht, es ist aufgezwungen…

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