Wer wird Bundespräsident?

Ohne Wahlkarten liegt Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer mit 1.937.863 Stimmen deutlich vor Alexander Van der Bellen mit 1.793.857 Stimmen laut Innenministerium. Der ORF macht daraus aber einen knappen Sieg Van der Bellens mit 2.208.533 versus 2.205.456 Stimmen für Hofer. In den Sendungen des ORF wird kein einziges Mal auf die bereits ausgezählten Stimmen hingewiesen; dass das eigene Ergebnis auf einer eigenen Hochrechnung basiert ist nur das Kleingedruckte.

In der ORF-Berichterstattung ist davon die Rede, dass Hofer zunächst selbst in der eigenen, vom Institut Sora durchgeführten Hochrechnung vornelag; dann stand es 50 zu 50 % und schliesslich geht Bellen mit einem hauchdünnen Vorsprung ins Ziel. Wie übiich wird zu den Wahlwerbenden geschalten, wo auch das ORF-Publikum erleben konnte, wie FPÖ-Wahlkampfleiter Herbert Kickl auf die ganz anderen Zahlen des Innenministeriums verwiesen hat, die der ORF nicht berücksichtigt. Hingegen sprach der Wahlkampfmanager des „unabhängigen“ Grünen Van der Bellen Lothar Lockl mehrfach von einem „Fotofinish“ und wurde von der wegen des zunächst gemeldeten Hofer-Vorsprungs sichtlich nervösen Helma Poschnar interviewt.

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ORF-Grafik zur Wahl, die immer wieder eingeblendet wird

Dann sollten Rainer Nowak (Chefredakteur der „Presse“), Alexandra Föderl-Schmid (Chefredakteurin des „Standard“) und Julia Ortner (stellvertretende Chefredakteurin von „News“) dazu Stellung nehmen, was ein Sieg Hofers international etwa für Österreichs „Ansehen“ bedeutet; wenn Bellen die Nase vorn hat, sieht man keinerlei negative Auswirkungen. Andere Medien hielten sich an die Linie des ORF, schrieben etwa, dass Bellen 3000 Stimmen Vorsprung hat oder (auch dies bezugnehmend auf den ORF), dass es fifty-fifty stehe. Allerdings gab es auch andere, etwa der Privatsender ATV, der sich auf Zahlen des Innenministeriums bezog.

Es ist dem ORF natürlich unbenommen, Hochrechnungen auch inklusive Briefwahlprognose durchführen zu lassen. Aber wenn diese bis auf eine Stimme exakt sein sollen und mit keinem Wort die bereits ausgezählten Stimmen erwähnt werden, wirkt das seltsam. Wie kann man wissen, ob Hofer via Briefwahl (also jene Wahlkarten, die eingeschickt und nicht in ein Wahllokal mitgenommen wurden) genau 267.593 weitere WählerInnen hat, Bellen aber 414.876? Typisch FPÖ, mag man denken, wenn es vor der Wahl eine Aussendung gab, wonach die hohe Anzahl an ausgegebenen Wahlkarten Fragen aufwerfe.

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ORF-Grafik, auf die sich auch andere bezogen

Und dann war da auch noch die letzte ORF-Diskussion mit beiden Kandidaten, bei der es keine kritische Recherche zu Bellen gab, wohl aber zu Hofer, dem unterstellt wurde, dass ein dramatischer Vorfall am Tempelberg während eines Besuchs in Jerusalem am 30. Juli 2014 nicht stattgefunden habe, der blaue Kandidat also etwas erfunden habe. Zwar wurde keine Terroristin erschossen, aber eine Frau angeschossen, die eine Absperrung durchbrach, wobei Hofer sich auf die erste Erklärung bezog, die Sicherheitskräfte seiner Delegation gegenüber abgaben. Zwar sprang Hofer ein Vertreter der Likud-Partei und FPÖ-Stadtrat David Lasar bei, doch seither diskutieren Medien darüber, was stimmt und was nicht.

Tatsache ist, dass der ORF einen israelischen Polizisten interviewte, der jeweden Vorfall zu diesem Zeitpunkt in Jerusalem bestritt, was Hofer als Lügner dastehen liess und Wasser auf den Mühlen der  Bellen-Fans war. Immerhin „bedauerte“ auch ORF-Generalindendant Alexander Wrabetz, dass der Darstellung von Moderatorin Ingrid Thurnher „kein vollständiges Rechercheergebnis“ zugrunde lag. Damit war die FPÖ mal wieder in der Opferrolle, wie viele kritisieren, doch zugleich wurde im Wahlkampf mit allen Mitteln gearbeitet, besonders von Fans, die keine Grenzen mehr kannten und andere beflegelten. Ob es notwendig ist, Großeltern mit Liebesentzug zu drohen, wenn sie nicht Bellen wählen (so ein ernst gemeinter Vorschlag), sei dahingestellt wie auch Behauptungen, mit einem Bundespräsidenten Hofer käme eine Art Apartheidstaat mit getrennten Bussen für ÖsterreicherInnen und AusländerInnen.

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Bellen-Plakat beim Hofer-Kreisverkehr in Oberpullendorf

Da der Hofer-Wahlkampf „klassischer“ FPÖ-Wahlkampf war, kam er ohne Unterstützungskomitees aus, die wiederum die Bellen-AnhängerInnen zelebrierten. Es entstand zunehmend der Eindruck, dass das gesamte „Establishment“ alles unternimmt, um einen Präsidenten Hofer zu verhindern. Damit ging man ironischer Weise in eine Falle, für die man seit Schwarzblau sensibel sein müsste, denn dies verlieh der „er ist einer von euch, er ist ein Präsident aus dem Volk“-Inszenierung Glaubwürdigkeit. Denn wer vielleicht weniger über Politik reflektiert, sieht hier einen Kausalzusammenhang: angefeindet, weil er uns vertreten will.

Tatsächlich müssen sich jene Menschen, die „gegen rechts“ agitieren, mehr einfallen lassen als Floskeln zu wiederholen, die uns in die Zeit um 2000 zurückversetzen. Mit der einfachen Gleichung „wer nicht für endlose Aufnahme ‚Schutzsuchender‘ ist, ist ein Rechter und abzulehnen“ hat man vielleicht dieses eine Mal noch gewonnen, doch das Potenzial ist ausgereizt. Zwei Bellen-Bundesländer, Wien und Vorarlberg, stehen dem Rest Österreichs gegenüber, wo abgesehen von wenigen meist städtischen Bezirken eine Mehrheit Hofer wählte. Weder sind am Land alle hinterwälderisch noch besteht Wien ausschliesslich aus Bobos, da Bellen selbst in „Flächenbezirken“ wie Favoriten oder Donaustadt nach einem besseren ersten Wahlgang für Hofer letztlich vornelag.

24 Kommentare zu „Wer wird Bundespräsident?

  1. Autsch, sowas tut wirklich weh:

    „Es ist dem ORF natürlich unbenommen, Hochrechnungen auch inklusive Briefwahlprognose durchführen zu lassen. Aber wenn diese bis auf eine Stimme exakt sein sollen und mit keinem Wort die bereits ausgezählten Stimmen erwähnt werden, wirkt das seltsam.“

    Sie wissen was das Wort „Hochrechnung“ bedeutet? Sie haben grundlegende Kenntnisse in der Statistik? Wenn ja, dann würden Sie doch nicht so viel Blödsinn verzapfen. Einfach den Chart ansehen und lesen. Da steht alles was es zu wissen gilt. Hochrechnung + Schwankungsbreite und schon ist man voll im Bilde.

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    1. Ich denke ich habe mich verständlich ausgedrückt: eine HOCHRECHNUNG schätzt das wahrscheinliche Ergebnis in Prozenten ab, hier aber wurden exakte Zahlen angegeben (siehe Screenshot), als ob es sich um ein Endergebnis handeln würde, und das habe ich kritisiert… übrigens habe ich mal Statistikvorlesungen besucht, nur so nebenbei…

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  2. Eine in Sozialen Netzwerken kursierende Web-URL des Innenministeriums, auf der ein vermeintliches Endergebnis der Bundespräsidentschaftswahl inklusive Briefwahlstimmen zu sehen war, stellte sich als Irrtum heraus.

    Bei den veröffentlichten Zahlen handelt es sich um Dummydaten, die für das Testen der Onlinevisualisierung herangezogen wurden. Diese nicht gelöschten Daten wurden versehentlich veröffentlicht. Das Innenministerium bedauert diesen Fehler, der umgehend behoben wird….

    Genau dasselbe ist bei der letzen Wahl in Baden-Württemberg passiert. Was für ein Zufall aber auch…. !!

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    1. Kann leider nichts mehr dazu finden. Die „Twin Boys“ haben auf ihrem gleichnamigen Youtube-Kanal ein Screenshot gezeigt. Ich bin auf YT aber nicht angemeldet, um bei den Jungs nachzufragen.
      Mir ist nur aufgefallen, daß wortwörtlich dieselbe „Erklärung“ geliefert worden ist.

      Was nun das Wahlergebnis betrifft: Als ich das mit den vielen Wahlkarten gehört habe, wußte ich schon, was passieren würde – und da bin ich sicher nicht die einzige.

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      1. Macht nix wegen Video, gehört haben davon eh auch andere – und was die Wahlkarten betrifft, warum sind es so viele mehr als im 1. Wahlgang? Hat mir noch niemand erklären können…

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      2. Vielleicht deshalb; und die „Prognose“ fällt dann auch nicht mehr so schwer

        „Vor der Stichwahl hat die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, die rund 300 000 wahlberechtigten Moslems – von denen die meisten Einwanderer (oder Kinder von Einwanderern) sind – dazu aufgefordert, wählen zu gehen.

        Dass die Moslems klar den Grünen favorisieren, ist kein Geheimnis. Und erklärt auch (nicht nur, aber auch), dass van der Bellen in den Städten bei den Jugendlichen so stark ist.

        Es ist eine junge Generation von Muslimen, die ihre Stimme klar dem grünen Kandidaten geben. Und nicht seinem Mitbewerber.

        Somit ist klar: ab dieser Wahl sind die jungen Moslems eine wahlentscheidende Gruppe in Österreich geworden.

        Die Einwanderungspolitik von Rot-Grün trägt erste, echte Früchte: dieser Gruppe wird van der Bellen, so er es wird, die Wahl verdanken.

        Diese Gruppe war heute wahlentscheidend.

        Und die Politik wird sich in Zukunft mehr um diese Gruppe kümmern. Mehr auf ihre Wünsche eingehen. Weil sie das Zünglein an der Waage ist.

        Und mit jedem Asylanten wird diese Gruppe größer. Weil die schon nach 6 Jahren (spätestens 10 Jahren) mitbestimmen dürfen.“

        Auszug aus einem Kommentar von @Gasthörer
        See more at: http://www.andreas-unterberger.at/2016/05/der-wahlkampf-der-unbeteiligten/#sthash.tpYBeuY8.dpuf

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    2. Es geht dabei wohl um die versehentlich online gestellten „Testergebnisse“ in Freiburg

      Landtagswahl in Baden-Württemberg
      Freiburg stellt Wahl-Ergebnisse vor der Wahl online

      „Die Stadt Freiburg hat bereits am Freitag Resultate der heutigen Landtagswahl in Baden-Württemberg online gestellt.
      Die Ergebnisse waren Testwerte. Man habe überprüfen wollen, ob die Anzeige auf Smartphones funktioniere.
      „Es war ein technischer Fehler durch menschliches Versagen.“

      Der Stadt Freiburg ist ein peinlicher Fehler passiert: Bei der Vorbereitung auf die heutige Landtagswahl in Baden-Württemberg haben Mitarbeiter ein fiktives Wahlergebnis für die beiden Freiburger Wahlkreise versehentlich online gestellt. Eigentlich waren diese nur für interne technische Tests vorgesehen, sagte ein Sprecher von Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne).

      Ob die Freiburger wissen, dass sie bereits gewählt haben? Irre, wie das heutzutage so läuft! https://t.co/53ht0Na7LL pic.twitter.com/O087yhNpoy
      — Kolja Bonke (@BonkeKolja) 12. März 2016

      Link: http://www.sueddeutsche.de/politik/landtagswahl-in-baden-wuerttemberg-freiburg-stellt-wahl-ergebnisse-vor-der-wahl-online-1.2904630

      die „Justierschraube“, wie mir scheint, waren wohl die ungültigen Stimmen, die sich zum 1 Wahlgang (wo mehr als 2 Felder anzukreuzen waren) nahezu verdoppelt haben.

      Hinweis eines Nutzers:

      „Bei der Nationalratswahl 2013 lag der Anteil der ungültigen Stimmen bei 1,87% (89.503 Stimmen) und da gab es mehr als ZWEI Felder zum ankreuzen!“

      und jetzt sollen das mehr als 150.000 sein?

      da kriegst schon Bauchweh, unabhängig davon welchen Kandidaten man selbst bevorzugt.

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    1. 🙂 und wie anderswo auch…. In Peru ging eine Präsidentenwahl vor ein paar Jahren ganz ähnlich aus, mit 50,1% und dem US-Kandidaten vorne…

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  3. Hier ein ausführlicher Bericht zu den Manipulationsversuchen des ORF auf der deutschen Propagandaschau:

    Die Manipulationen des ORF zu den Präsidentenwahlen 2016

    ————-
    Dass man bei den verwendeten Zahlen bei der Hochrechnung von einem anderen Verhältnis für die Briefwahl ausgeht, ist durchaus legal.

    Aber selbst, wenn man für die Briefwahl ein Verhältnis von VdB: Hofer von 60 :40 annimmt, liegt Hofer immer noch ganz knapp vorn.
    Da müsste man schon ein Verhältnis 60,3 : 39,7 annehmen. Dieser Wert ist aber rein hypothetisch. Ich weiß nicht, wie er ermittelt wurde. Ist er tatsächlich aufgrund vorheriger Wahlen erhoben worden?

    Sehr viele Wähler haben ungültig gewählt: 145 000 ( ca.4%) von den direkt im Wahllokal abgegebenen Stimmen.
    Wenn hier ein „weißer“ Stimmzettel abgegeben wurde, ist Manipulation durch schnelles Setzen eines Kreuzes sehr leicht möglich.

    Da bei diesem Wahlkampf schon so viele faule Tricks angewendet wurden (siehe ORF-Manipulation), halte ich alles für möglich.

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    1. Danke für diesen Input; es war ja auch seltsam, dass heute immer wieder Ergebnisse bekannt gegeben wurden und praktisch zeitgleich FPÖ und „Unabhängiges Komitee“ Aussendungen machten, noch ehe alles entschieden war; diese Meldungen liessen aber darauf schliessen, dass Bellen Sieger ist;

      Bellen um 14 Uhr; http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160523_OTS0106/eilt-aviso-bundespraesidentschaftswahl-pressestatement-alexander-van-der-bellen-nach-bekanntgabe-des-endgueltigen-ergebnisses

      FPÖ 14:24 Uhr: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160523_OTS0110/fpoe-morgen-stellungnahmen-von-norbert-hofer-und-hc-strache

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      1. finde ich arg, erinnert aber an die Wehrpflicht.Volksbefragung, da warb die SPÖ mit einem Video dafür, dass sich Enkel von Oma und Opa zu Weihnachten ein Nein bei der Volksbefragung wünschen…

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  4. Weiß nicht mehr, auf welchem Thread ich diesen Presse-Kommentar gepostet hatte, in dem explizit auf Stimmenkauf hingewiesen worden war, darum verlinke ich hier, was ich gestern gefunden habe.

    http://www.nationalratswahl.at/wahlbetrug.html

    (Gefunden im Kommentarbereich von „RAU“, welcher sofort – wie von der Tarantel gestochen, gefragt hat, von wem denn diese Seite stamme. 😉 )

    PS:
    Sehr verspäteten Dank an @Wolf fürs Nachreichen des Links bezügl. Freiburg.

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