Zum Rücktritt von Kanzler Faymann

Zunächst ging es noch darum, Bundeskanzler Werner Faymann den Rücken zu stärken, der von „Parteirebellen“ attackiert wurde, die für Masseneinwanderung nach Österreich plädieren. Vor den entscheidenden Sitzungen der SPÖ-Gremien am 9. Mai s016 wurde noch beteuert, dass Faymann im Vorstand eine Mehrheit haben wird.

Faymann stehe vor einem Etappensieg, hiess es da etwa, wohl unter der Annahme, dass sich der Kanzler gemäss dem von ihm medial gzeichneten Bild an sein Amt klammert. Zugleich wurden orchestrierte Protestaktionen zu seinem Auftritt am 1. Mai am Wiener Rathausplatz zu einer breiten Front gegen Faymann hochstilisiert. Dass in den anderen acht Bundesländern sowohl die zentralen als auch die vielen kleineren Maifeiern ruhig erliefen, spielte da wenig Rolle.

Man blendete auch aus, dass in der Presse gehätschelte „Parteijugend“ die von ihr permanent eingeforderte Diskussionsbereitschaft und Offenheit nicht zu zeigen bereit ist, sobald man ihr widerspricht und gegen die Willkommenswinkerei auftritt und dies auch gut  begründen kann. Ausserdem werden seit Tagen bereits vorher lancierte Namen möglicher Nachfolger nun erst Recht in den Mittelpunkt medialer und politischer Spekulationen gerückt – rein zufällig „natürlich“ Transatlantiker ohne jede Regierungserfahrung.

Faymanns Rücktrittserklärung zu Mittag

Die meisten schienen tatsächlich von Faymanns Abgang überrascht, wie man auch auf den Internetseiten der Medien erkennen konnte. Eben wurde noch versucht, Stimmen jener GewerkschafterInnen einzusammeln, die sich um 8:30 Uhr in der Arbeiterkammer in Wien trafen, dann hiess es, Faymann gebe eine Erklärung im Bundeskanzleramt ab. Diese Tatsache deutete auf einen Rücktritt hin, auch wenn die Rede inhaltlich begonnen hat. Für die Sitzung des Parteivorstands am Nachmittag im Parlament blieb nicht mehr viel zu tun übrig, als sich in nicht einmal zwei Stunden auf die weitere Vorgangsweise zu einigen.

Statt Faymann die Unterstützung im Vorstand zu verweigern, was wohl zwischen 20 und 30 der 70 Mitglieder (möglicherweise) getan hätten, stand dies nun nicht mehr zur Debatte. Es gab keinen Showdown, wie ihn sich die WillkommenswinkerInnen gewünscht haben, sondern binnen weniger Stunden wurden die durch den Abgang des Kanzlers notwendigen Schritte gesetzt. Interimistisch wurde Vizekanzler Reinold Mittlerlehner (ÖVP) vom Bundespräsidenten mit den Agenden des Kanzlers ernannt, und in der SPÖ übernahm der dienstälteste Faymann-Stellvertreter Bürgermeister Michael Häupl die Geschäfte.

Bis zum 17. Mai will die Partei einen Nachfolger für Faymann gefunden haben, der sich bei einem auf 25. Juni vorverlegten Parteitag zur Wahl stellt. In Medienberichten werden ihm, der selbst aus der Sozialistischen Jugend stammt, Vorwürfe wie dieser gemacht: „Die Kritik der roten Jugendorganisationen fand in ihm keinen Ansprechpartner, sie wurde ignoriert und als irrelevant abgetan.“ Dabei sind es gerade diese einstigen „Spielwiesen“ des Parteinachwuchses, die heute dank Internet den Eindruck erwecken, wichtige gesellschaftliche Anliegen zu vertreten. Im Regierungs-Bashing haben sie im Verein mit anderen längst jedes Gespür für Grenzen verloren, was gut dazu passt, dass sie gegen das für jeden souveränen Staat erforderliche Grenzmanagement vorgehen.

Häupl nach dem Parteivorstand

Auf diese Grenzüberschreitungen weist auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl hin, der in den letzten Tagen mit Häupl als Krisenmanager fungierte. Gräben zuschütten und Inhalte erarbeiten müssten jetzt auf der Tagesordnung stehen, wobei die SPÖ Burgenland davon klare Vorstellungen hat, z.B: eine starke Einschränkung des Zuzugs nach Österreich und mehr Mittel für das Bundesheer. Niessl sieht sich selbst ebenso wenig wie Häupl als nächster Kanzler und Parteichef und wirbt auch nicht für Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der bis zuletzt zu Faymann loyal war und sich in den Nachfolgedebatten seit der Bundespräsidentenwahl aus dem Spiel nahm.

Egal, welches Mainstream-Medium man liest, stets werden die gleichen Namen forciert: „Wenn, wie es derzeit ausschaut, ÖBB-Chef Christian Kern auf den Schild gehoben werden soll, muss das binnen weniger Tage passieren. Und dann ist ein Teil der Strategie aber auch schon beantwortet, denn Managertypen wie Kern oder Gerhard Zeiler stehen für eine Art Vranitzky-Kurs. Und das wird auch nicht allen gefallen in der SPÖ.“ Mit der gleichen Überheblichkeit wird kolportiert, dass Kern mit einem eigenen Team kommen würde (das wer wo aussucht?) und  vollkommen freie Hand will. Wenn transatlantische Presse jahrzehntelang Politik mies macht, ist es kein Wunder, dass viele letztlich glauben,  keine Regierungserfahrung sei viel besser, als sich für jemanden zu entscheiden, der oder die bereits in der Bundesregierung oder / und in Landesregierungen tätig war.

Zum von Faymann gezeichneten Bild passt, dass er das erste Interview nach dem Rücktritt Wolfgang Fellner von Österreich gab. Dabei fällt auch auf, dass Fellner mit Faymann doch nicht so vertraut wirkt, ist er doch ebenfalls vollkommen überrascht. W#hrend viele irritiert sind, nicht wissen, wie sie reagieren sollen oder es als (Pyrrhus?) Sieg empfinden, rücken andere schon mit Namen heraus. Dabei sind alle gut beraten, sich mit den wahren Ursachen der SPÖ-Krise zu befassen und sich zu fragen, warum der Ex-Kanzler ausgerechnet dann aus den eigenen Reihen so heftig attackiert wird, wenn er seine Verantwortung für Österreich wahrnimmt. Kann es sein, dass Faymann mit seiner Vorgangsweise transatlantisches Störfeuer und die dafür instrumentalisierten „Parteirebellen“ unterlaufen hat?

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3 Kommentare zu „Zum Rücktritt von Kanzler Faymann

  1. Taktischer Rückzug im Allerletzten Moment. Nur so konnte Faymann zumindest sein Gesicht wahren und einer möglichen Abstimmungsniederlage, unaufgeführt, elegant von der Schaufel hüpfen; leichter wird es für Faymanns Nachfolger dadurch nicht. Denn das Problem, welches die SPÖ so schwächeln lässt, hat ja mMn überhaupt nicht Werner Faymann geheißen, oder irre ich mich ?

    mfg, Otto Just

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  2. Mir ist schon ganz mulmig zumute. Besser wird es nicht werden. Wenn der Oberschlepper Kern Kanzler wird, wird die Spaltung Österreichs schlimmer denn je. Außer er besinnt sich eines Besseren. Es ist nur zu hoffen, daß jetzt nicht auf österreichischem Boden eine Art ideologischer Stellvertreter-Krieg ausgetragen wird.

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